In der Schweiz – zumindest in den kleineren Gemeinden, nicht unbedingt in der Sündenpfulhen Basel, Bern, Genf, Lausanne oder gar Zürich – scheint man teilweise mehr Vertrauen in die Ehrlichkeit der Nutzerinnen und Nutzer zu haben, als, sagen wir mal, in Berlin.
Exkurs: Caféstühle
Nicht ganz zu unrecht. Nur mal meine prägende Erfahrung: Am dem Platz, an dem ich in Chur wohne, ist am Wochenende abends immer Durchgangsverkehr von jungen Menschen auf dem Weg von dem einen Hotspot Churs (Goldgasse / Untere Gasse) zum anderen Hotspot (Welschdörfli). Das sind ungefähr fünf Minuten Laufzeit. Auf diesem Platz nun findet sich ein Café, dass zu dieser Zeit dann schon längst geschlossen hat. Dieses Café hat Stühle und Tische draussen stehen. Unabgeschlossen. Die stehen einfach da. Und jeden Freitag, Samstag und Sonntag Morgen stehen die immer noch da. Sowas würde in Berlin nie passieren. Die Tische und Stühle wären binnen kurzem in den WGs um das Cafe drumherum verteilt, auch ohne bösen Willen. (Einer meiner Mitbewohner in einer Vorstadt Berlins hat es mal fertig gebracht, in unserer Küche fünfzehn Stühle zu stappeln, die er alle nach und nach, wenn er angetrunken an einem bestimmten Café vorbeikam, mitgenommen hatte. Einfach, weil ihm das als das natürlichste Verhalten der Welt erschien, nicht etwa weil das Café schlecht gewesen wäre. Später haben wir Platz für neue Stühle gemacht, indem wir die fünfzehn Stück in der Nacht zurückbrachten.) So anders ist die Schweiz dann doch. (Vielleicht gibt es Teile Deutschlands, wo das auch klappen würde mit den Stühlen unangeschlossen lassen. Maybe. In der Schweiz erscheint das natürlicher.)
Bücher-Boxen
Deshalb gibt es aber neben mehreren Bücherschränken in kleinen schweizerischen Gemeinden Bücher-Boxen oder Lesebänke, die von Öffentlichen Bibliotheken betrieben werden. In diesen Boxen befinden sich je eine kleine Anzahl von Bibliotheksmedien sowie ein kurzer Hinweis, dass man die Bücher bitte nach dem Lesen wieder zurücklegen sollte. Ausserdem ein Heft, in welchem die Leserinnen und Leser Nachrichten hinterlassen können. Die Boxen selber stehen oft an touristisch bedeutsamen Orten, an denen aber auch Einheimische verweilen, weil es so schön ist.
Interessant ist, dass viele Bibliotheken, die solche Boxen betreiben, dies nirgends erwähnen. Nicht auf ihren Homepages, nicht in der Bibliothek (soweit ich das bisher überprüfen konnte), nicht einmal unbedingt in den Jahresberichten. Auch in der Fachpublikation für Öffentliche Bibliotheken in der Schweiz, SAB-Info/Info-CLP, habe ich sie jemals erwähnt gesehen.
Zugeben muss ich, dass ich auch noch nie gesehen habe, wie jemand die Bücher-Boxen benutzte. (Daneben sitzen und knutschen, ja, dass kann man des Öfteren sehen. Aber Lesen – nein.) In den Heften allerdings stehen oft Hinweise, dass irgendwer doch Bücher aus den Boxen gelesen hat und sich jetzt dafür bedankt. Insoweit mag ich auch immer nur zur falschen Zeit geschaut haben.
Ich würde hier gerne zwei Beispiele (eines aus Arosa, eines aus Chur) zeigen, auch um darauf hinzuweisen, wie einfach dieses Angebot umgesetzt werden kann. Zumindest dann, wenn man den potentiellen Nutzerinnen und Nutzern dabei vertraut / vertrauen kann, dass die Medien nicht verschwinden oder zerstört werden, ist es eine nette Möglichkeit, die Bibliothek in der Gemeinde sichtbar zu machen. Ein wenig Risiko ist dabei, aber dafür ist das Bild, dass man von der Bibliothek vermittelt, ein sehr Gutes.






