Schulbibliotheken in Berlin, 2013

Anbei die Ergebnisse einer Recherche zu Schulbibliotheken in Berlin, die ich jedes Jahr seit 2008 im April durchführe. Weiter unten finden sich die Verweise zu den Darstellungen der vergangenen Jahre, in denen auch auf die Methodik der Recherche und ihre Grenzen eingegangen wird. Die Recherche im Jahr 2013 war ein Zwischenschritt, Ziel ist es, eine mindestens zehnjährige Datenreihe zu erhalten.

Grundsätzlich ist die Zahl der Schulbibliotheken in Berlin leicht gestiegen, mit dem grössten Zuwachs bei den Grundschule, und moderate Zuwächsen in den anderen Schulformen. Nur in den Gymnasien scheint eine Stagnation eingetreten zu sein. Schulbibliotheken sind weiterhin in einer grossen Minderheit der Schulen in Berlin (34,7%) zu finden.

Bemerkenswert ist, dass die Sonderschulen in Berlin jetzt nahezu alle in inklusive Schulen umgewandelt wurden, was sich auch auf die Verfügbarkeit an Schulbibliotheken niederschlägt, die für Schülerinnen und Schüler dieser Schulen steigt. Zudem ist terminologisch zu beobachten, dass sich weiter unterschiedliche Bezeichnungen für Schulbibliotheken etabliert haben (u.a. Lernwerkstatt oder Lesezelt), allerdings kaum die in der bibliothekarischen Literatur der 1990er und 1980er als modern angepriesene Bezeichnung Mediothek, welche den Begriff Schulbibliothek ersetzen sollte.

Lausanne, 12. April 2013

Tabelle_2013
Auswertung Teil 1.
Auswertung, Teil 2
Auswertung Teil 2.
Darstellung der Entwicklung der Schulbibliotheken in Berlin, 2008-2013 (Die Schultypen Haupt-, Real- und Gesamtschule wurden im Untersuchungszeitraum aufgelöst und in den Schultyp 'Integrierte Gesamtschule' überführt).
Darstellung der Entwicklung der Schulbibliotheken in Berlin, 2008-2013 (Die Schultypen Haupt-, Real- und Gesamtschule wurden im Untersuchungszeitraum aufgelöst und in den Schultyp ‚Integrierte Gesamtschule‘ überführt).

Recherche als PDF. Schulbibliotheken in Berlin, 2013

Siehe auch

schulbibliotheksliteratur.info – Eine Literatursammlung

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Nach einigen Vorarbeiten möchte ich heute kurz auf ein kleines Projekt hinweisen, dass ich quasi gerade gestartet habe. Unter der URL schulbibliotheksliteratur.info werde ich eine Datenbank mit der Literatur zum Themenbereich Schulbibliotheken, die mir in die Hände fällt, betreiben. Die Datenbank ist öffentlich zugänglich. Solange ich diese (also den Server) selber bezahle und nicht zu den Großverdienern gehöre, wird sie wohl nur Verweise enthalten. Bei einer anderen Finanzierung kann sie dann auch direkt elektronische Dokumente enthalten, was bei der zahlreichen schwer zu erreichenden grauen Literatur in diesem Themenfeld sinnvoll wäre.

Da ich die Datenbank betreibe, ist sie selbstverständlich erst einmal mit subjektiv ausgewählter Literatur gefüllt, also vor allen der, die ich bislang für meine Forschungen angesammelt habe. Davon ist der größte Teil, aber noch nicht alles, bereits importiert. Die restliche Literatur wird in kurzer Zeit folgen. Danach soll die Datenbank mit einem breiteren Fokus wachsen. So sind in ihr beispielsweise die Artikel der schulbibliothek aktuell enthalten, die ich irgendwann einmal zitiert oder in Literaturverzeichnissen erwähnt habe, was schon eine gute Auswahl darstellt; aber gleichzeitig ist die Zeitschrift noch nicht vollständig erschlossen, obwohl das sinnvoll wäre. Solche Arbeiten müssen noch geleistet werden. Zudem sollte man den Schlagworten noch nicht zu sehr vertrauen. Auch diese sind größtenteils einfach aus unterschiedlichen Sammlungen mit importiert worden.

Dennoch denke ich, dass es vielleicht Menschen gibt, die von dieser Literatursammlung profitieren können. Es gibt bislang keine solche Datenbank, die das für dieses Thema zentral tun würde.

  • Die dabi verzeichnet die Texte zu Schulbibliotheken, welche in bibliothekarischen Publikationen erscheinen, aber das selbstverständlich als eine Kategorie unter vielen.

  • Beim Fachportal Pädagogik werden die Texte erschlossen, die in pädagogischen Publikationen erscheinen, doch ebenso als eine Kategorie unter vielen.

  • Die Expertenkommission Bibliothek und Schule listet auf schulmediothek.de offenbar ausgewählte Literatur auf und strebt keine Vollständigkeit an, was dem Status der Seite als Einstieg in das Thema entgegenkommt.

  • Die ganze graue Literatur, die Artikel in der Tagespresse, die Blogpostings zum Themenbereich werden nirgendwo erschlossen. Das wird auch auf schulbibliotheksliteratur.info nicht erreicht werden, schließlich ist diese Datenbank ein „Freizeitprojekt“. Aber immerhin eine Auswahl kann verzeichnet und damit vielleicht für andere sichtbar gemacht werden.

Wie gesagt, steht die Datenbank für die allgemeine Recherche offen. Wer Anmerkungen, Hinweise auf weitere Literatur, Tippfehler und so weiter hat, kann sich gerne melden. Falls jemand zu viel Zeit und selber Literatur hat, die er oder sie in die Datenbank eintragen will, kann ich auch gerne dafür Zugänge einrichten. Unterstützung ist immer willkommen.

Möglich ist der Zugriff über Suchbegriffe, die gesamten angelegten Felder, zudem ein Export als Bibtex. Theoretisch kann man unter schulbibliotheksliteratur.info/rss.php auch die jeweils geänderten Medien als rss abonnieren. Das wird vielleicht dann sinnvoll, wenn eigentlich nur noch gerade erschienene Literatur in die Datenbank eingetragen wird. 

Wie gesagt: Die Datenbank wird nie vollständig sein, aber die Recherchen sind halt durchgeführt worden und die Daten vorhanden, deshalb gibt es auch keinen Grund, warum nicht andere davon mit profitieren sollten. Neben den fehlenden Eingaben muss selbstverständlich noch am Aussehen der Seite geschraubt werden. Das kommt noch.

Ansonsten: Vielen Dank an Matti Stöhr für die Beratung und Mark Grimshaw, der das Literaturverwaltungssystem Wikindx – das für die Homepage benutzt wird – geschrieben und als OpenSource zur Verfügung gestellt hat.

Besondere Prüfungskomponenten von Schülerinnen und Schülern beim Abitur in den Bundesländern

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In zahlreichen Veröffentlichungen Wissenschaftlicher Bibliotheken und auch in öffentlichen Auftritten wird in den letzten Jahren auf den Ansturm von Schülerinnen und Schülern aus den Abiturklassen auf diese Bibliotheken berichtet. Immer wieder zu bestimmten Wochen würden die wissenschaftlichen Bibliotheken von diesen regelrecht überrannt. Grund seien besondere Bestimmungen in den Bundesländern, die wissenschaftliche Arbeiten zum Teil der Abiturnoten machen würden. Die Schülerinnen und Schüler werden dazu verpflichtet, wissenschaftliche Arbeiten zu schreiben und würden sie deshalb unter anderem an die Bibliotheken wenden. Zahlreiche wissenschaftliche Bibliotheken haben explizit mit speziellen Angeboten auf diesen Ansturm reagiert. So wird zum Teil Personal für diese – ja zumeist voraussehbare – Zeit abgestellt, um die Schülerinnen und Schüler zu betreuen, es werden gesonderte Kurse angeboten.

Interessant ist allerdings, dass die Wissenschaftlichen Bibliotheken immer wieder betonen, dass dies in ihrem Bundesland Gesetzeslage wäre, als würde das nicht für alle Bundesländer gelten. Ein Effekt der Förderalismusreform ist ja tatsächlich, dass sich die Schulsysteme in den Bundesländern auseinander entwickeln. Aber wie ist die Situation im Bezug auf diese Abschlussarbeiten in den einzelnen Bundesländern tatsächlich? Dazu will ich hier eine kurze Recherche berichten, die einfach nur diese Frage beantworten wollte.

Die Antwort ist ziemlich einfach: Alle Bundesländern bieten ihren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, eine besondere Prüfungsleistung in dies Abiturnote einzubringen. Dies geht auf eine Vereinbarung der Kultusministerkonferenz zurück (http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2008/
2008_10_24-Zeugnis-Gymn-Oberst.pdf
). Wie genau diese Prüfungsleistung aussieht, ist unterschiedlich. Sie keine in einem Wettbewerbsbetrag bestehen, in einem wissenschaftlichen Arbeit, aber auch andere Formen sind denkbar. Insoweit ist es in jedem Bundesland und in jeder Wissenschaftlichen Bibliothek möglich, von Schülerinnen und Schülern „überrannt“ zu werden, zumal die Zahl derer, die ein Abitur anstreben, steigen. Insoweit könnten sich die Wissenschaftlichen Bibliotheken auch bundesweit zusammentun und über die dadurch auftretenden Herausforderungen diskutieren. Wie gesagt, gibt es ja schon erste Ansätze, mit diesen umzugehen. Der Unterschied in den Bundesländern besteht darin, ob diese Leistung freiwillig oder in Form einer Seminarfachs obligatorisch ist, wobei sich die Frage stellt, ob nicht alle Schülerinnen und Schüler zumindest versuchen werden, eine Besondere Prüfungskomponente einzubringen, so dass die Zahlen auch n Bundesländern ohne obligatorische Komponente hoch sein wird.

Im Folgenden kurz die Rechercheergebnisse:

Baden-Württemberg: Seminarkurs

Der Seminarkurs kann an den Schulen angeboten werden. Er umfasst drei Stunden pro Woche und soll unter anderem die Teamarbeit und wissenschaftliche Arbeitstechniken schulen. Abgeschlossen wird er unter anderem durch eine Dokumentation der geleisteten Arbeit und bewerteten Präsentationen.

Bayern: Wissenschaftspropädeutisches Seminar

Dieses Seminar wird als Pflichtteil im Abitur unterrichtet. Es soll wissenschaftliche Arbeitstechniken vermitteln.

Berlin: Fünfte Prüfungskomponente

Die offenbar verpflichtende fünfte Prüfungskomponente kann aus einer Belegarbeit, einer Präsentation oder einem Wettbewerbsanteil bestehen. Sie soll die wissenschaftliche Methodik und Arbeitsweise schulen.

Brandenburg: Fünfte Prüfungskomponente

Wie in Berlin.

Bremen: Besondere Lernleistung

Wie in Hamburg

Hamburg: Besondere Lernleistungen

Besondere Lernleistungen, beispielsweise eine Wettbewerbsteilnahme oder eine wissenschaftliche Arbeit, können in die Abiturnote eingebracht werden.

Hessen: Besondere Lernleistung

Wie in Hamburg

Mecklenburg-Vorpommern: Besondere Lernleistung

Wie in Hamburg

Niedersachsen: Seminarfach

Wie der Seminarkurs in Baden-Württemberg

Nordrhein-Westfalen: Besondere Lernleistungen

Wie in Hamburg

Rheinland-Pfalz: Besondere Lernleistung oder Facharbeit

Eine Facharbeit kann in die Abiturbewertung eingebracht werden. Auch hierbei sollen wissenschaftliche Methodiken geübt werden.

Saarland: Seminarfach

Wie Baden-Württemberg, allerdings nur an zwei Stunden die Woche.

Sachsen: Besondere Lernleistungen

Wie Hamburg

Sachsen-Anhalt: Besondere Lernleistungen

Wie Hamburg

Schleswig-Holstein: Besondere Lernleistung

Wie Hamburg

Thüringen: Seminarfach (Besondere Lernleistung in der 10. Klasse)

Wie Baden-Württemberg.

Schulbibliotheken in Berlin 2011. Mehr Grundschulen als Gesamtschulen und Gymnasien haben Schulbibliotheken.

Jeden April seit 2008 zähle ich einmal auf den Homepages der Schulen in Berlin die Schulbibliotheken (egal, wie sie genannt werden). Diese Sammlung soll zum einen ermöglichen, an einem eingegrenzten Beispiel die Entwicklung von Schulbibliotheken in Deutschland nachzuvollziehen. Zum anderen kann diese Datensammlung auch für andere Zwecke sinnvoll sein. Ich denke da eher an Forschungsfragen, die sich stellen und beantworten lassen, andere denken eher daran, ob man solche Daten politisch oder für die bibliothekarische Arbeit nutzen kann. (Was vollkommen berechtigt ist.) Weitere Überlegungen, auch dazu, was die Grenzen dieser Methode der Datensammlung sind, sind in der Arbeit „Schulbibliotheken in Berlin 2008-2010“ dargestellt, die ich im letzten Jahr in den Berliner Handreichungen zu Bibliotheks- und Informationswissenschaft veröffentlichen konnte. Insoweit ist Folgendes ein Update.

Veränderungen durch die Berliner Schulstrukturreform
Im letzten Jahr haben sich die Schulbibliotheken in Berlin weiter verändert, wenn sie dabei auch vor allem den Trends der letzten Jahre gefolgt sind. Zu erwähnen ist selbstverständlich die Berliner Schulstrukturreform, die im laufenden Schuljahr zum Tragen gekommen ist. Es existiert nun die Schulform „Intergrierte Sekundarschule“ (an der alle drei Schulabschlüsse angeboten werden und die von der siebenten bis zur dreizehnten Klasse geführt werden), Gesamtschulen und Gymnasien (die auf zwölf Jahre verkürzt wurden) sowie einige Schulen mit besonderen Förderschwerpunkten. Angestrebt ist, die Schulen mit besonderem Förderschwerpunkten (die ehemaligen Sonderschulen) abzubauen und stattdessen den integrativen Unterricht zu fördern. Real- und Hauptschulen gibt es (eigentlich) nur noch als Auslaufmodelle. Dass heißt das diese Schulen zu Sekundarschulen umgebaut wurden, die existierenden Klassenstufen aber noch bis zum Ende der Schulzeit der schon eingeschulten Schülerinnen und Schüler geführt werden.
Hinzugekommen sind auch Gemeinschaftsschulen, die als Gesamtheit die Kinder und Jugendlichen von der ersten Klasse bis zum Ende ihrer jeweils besuchten Sekundarstufe führen sollen. Es soll in diesen Einrichtungen keine richtige Trennung zwischen Grund- und anderen Schulen geben. Wie dies intern gehandhabt wird, scheint sehr unterschiedlich zu sein. Im Schulverzeichis des Berliner Senats (auf der meine Datensammlung basiert) werden die Schulen getrennt aufgeführt (also zum Beispiel als Grundschulen und als Sekundarschule). Für Schulbibliotheken stellen sich selbstverständlich bei solchen Schulen Fragen, die sich zumindest in Berlin bislang noch nicht gestellt haben: Wenn Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur letzten Klasse betreut werden, sollen sich die Schulbibliotheken dann auf alle Kinder und Jugendliche einer Schule konzentrieren oder nicht? Sollen sie die älteren Schülerinnen und Schüler in die Arbeit für jüngere Schülerinnen und Schüler einbinden? [1]

Die einzelnen Daten
Zu den einzelnen Daten. Die erste Tabelle ist eine Darstellung der gefundenen Schulbibliotheken in Berlin, auf den Homepages der Schulen gesammelt vom 01. bis zum 05. April 2011. Genauso, wie es Schulbibliotheken geben kann, die nicht auf dem Schulhomepages aufgeführt wurden (wobei sich immer noch die Fage stellt, welche Bedeutung sie dann in den Schulen haben), kann es auch sein, dass Schulbibliotheken auf den Homepages als existent aufgeführt werden, obgleich sie (wieder) geschlossen sind. Insoweit sind die Daten im Vorsicht zu behandeln, wir haben aber auch keine anderen.

Auswertungstabelle Schulbibliotheken in Berlin 2011
(Grafik in größerer Darstellung)

Die Haupt- und Realschulen in der Tabelle sind mit Vorsicht zu sehen. Es handelt sich um auslaufende Haupt- und Realschulgänge in Integrierten Sekundarschulen. Sichtbar ist allerdings an den Daten, dass wir es weiterhin mit der Situation zu tun haben, dass Schulbibliotheken in Berlin in Schulen immer weniger eine Seltenheit darstellen, dass aber weiterhin die Schulen überwiegen, die – trotz zahlreicher Neugründungen in den letzten Jahren – keine Schulbibliothek unterhalten.
Weiterhin ist Nutzung, Bennenung, das Personal, die Einbindung in die Schule und so weiter sehr unterschiedlich, wobei beim Personal immer noch das ehrenamtlich beschäftigte Personal zu überwiegen scheint.
Die interessante Entwicklung läßt sich in den nächsten zwei Tabellen, welche die Daten von 2008 bis 2011 zusammen darstellen, ablesen.

Auswertungstabellen Schulbibliotheken in Berlin 2008-2011
(Grafik in größerer Darstellung)

Hier ist ersichtlich, dass die Grundschulen und die Gesamtschulen prozentuell mehr Schulbibliotheken anbieten als die Gymnasien. Bei den Gesamtschulen ist dies ein sehr knapper, eigentlich irrelevanter Vorsprung. Eventuell wird sich dies mit der Etablierung der Intergrierten Sekundrschulen ändern, aber bislang war die Chance, als Schülerin und Schüler auf eine Schulbibliothek zurückgreifen können, größer, wenn man auf eine Schule mit der Möglichkeit, ein Abitur zu machen, ging. Allerdings bieten jetzt in Berlin alle Schulen der Sekundarstufe I und II die Möglichkeit an, einen solchen Abschluss zu machen.
Relevant ist die Verschiebung bei den Grundschulen. Bislang gab es in Berlin die Ungleichzeitigkeit, dass die Gymnasien und Gesamtschulen prozentual mehr Schulbibliotheken anboten als die Grundschulen, obgleich gerade in der pädagogischen Literatur und im öffentlichen Diskurs die Schulbibliothek mit der Leseförderung, die in der Grundschule stattfinden soll, verbunden wurde. Sicherlich gab es auch immer andere Argumentationen. Das Projekt auf der letzten Leipiziger Buchmesse oder auch Günter Schlamp in seinem Weblog haben die Schulbibliothek immer (auch) als Raum für Unterricht in allen Schulfächern entworfen. Dennoch galt die Schulbibliothek in den meisten Fällen als Ort für Kinder und jüngere Schülerinnen und Schüler. Real allerdings waren diese Einrichtungen vor allem für die älteren Schülerinnen und Schüler und hier zumeist den sozial besser gestellten zugänglich.
Dies hat sich offenbar im letzten Jahr verändert. Vielmehr: während in Grundschulen ein Wachstum der Schulbibliotheken zu beobachten ist, scheint die Anzahl der Schulbibliotheken in Gymnasien in Berlin eher zu stagnieren. Einer Anzahl von neu geöffneten Schulbibliotheken in Gymnasien stehen auch einige gegenüber, die im Gegensatz zu den letzten Jahren nicht mehr nachzuweisen sind.

Man kann diese Daten auch, wie es gerne gemacht wird, in Diagrammen darstellen. Allerdings sind diese mit noch mehr Vorsicht zu interpretieren, als die Daten selber. Die durchgezogenen Linien sind wegen der Darstellung genutzt worden. Sie suggerieren ein Kontinuität, die nicht unbedingt gegeben ist. Interessanter ist dabei das zweite Diagramm. Allerdings zeigt sich bei aller Vorsicht, dass man von einem Wachstum der Schulbibliotheken in Berlin (obgleich es immer wieder auch geschlossene Schulbibliotheken gibt) ausgehen kann.

Schulbibliotheken in Berlin, 2008-2011, Anzahl, Diagramm
(Grafik in größerer Darstellung)


(Grafik in größerer Darstellung)

Die Daten zur Sammlung:

Fußnote
[1] In der Besprechung des DDR-Schulbibliotheksbuches „Aufgaben der Schülerbüchereien an den zehnklassigen Oberschulen“ hatte ich schon einmal darauf hingewiesen, dass dort vorgeschlagen wurde, dass die älteren Jugendlichen an den zehnklassigen Schulen für die jüngeren Kinder Vorlesestungen anbieten sollen. Vgl. http://bildungundgutesleben.blogsome.com/2011/02/26/ein-schulbibliotheksbuch-aus-der-ddr-zur-geschichte-der-schulbibliotheken-ii/

Elemente und Methoden der Bildungsforschung

Bildung ist, nicht nur im bibliothekarischen Rahmen, recht diffus definiert. Ebenso uneinheitlich sind die wissenschaftlichen Zugriffe auf die Wirkung von Bildung. Die einen messen den Wissenszuwachs und nennen das Bildungseffekt, die anderen versuchen einen Zusammenhang zwischen Bildungsabschlüssen und beruflicher Position oder dem erwirtschafteten Einkommen Jahre nach dem Abschluss zu messen, wieder andere versuchen nach einer Bildungsaktivität – sagen wir mal einem Fortbildungsseminar – die Zufriedenheit der Lernenenden zu erfragen. All diese Ansätze sind nachvollziehbar und führen zu sinnvoll verwendbaren Ergebnissen. Hinzu kommt, dass Wissenschaft beständig zur Politikberatung herangezogen wird und dann möglichst einfach nachvollziehbar zuvor gestellte Fragen beantworten und die Ergebnisse so darstellen soll, dass auf ihrer Basis politische Entscheidungen getroffen werden können. Diese Studien sind dann zwar sehr praxisorientiert und lassen teilweise die inhaltliche Tiefe vermissen, welche man ansonsten von wissenschaftlichen Arbeiten erwartet – nichtsdestotrotz sind sie relevant, schließlich haben sie zumindest einen theoretischen Einfluss auf die Bildungspolitik. (Ob sie das tatsächlich haben, ist eine andere Frage, welche unter dem Schlagwort „Vermittlungsproblem“ gerade in der Sozialwissenschaft intensiv bearbeitet wird.) [1] Hinzu kommt, dass eigentlich „schon immer“, aber durch die Forderung nach Qualitätskontrolle und Evaluation verstärkt, in weithin dokumentierter Form wissenschaftlichen Methoden im kleineren Rahmen in den Bildungseinrichtungen selber angewandt werden, um Rückmeldung über die Wirksamkeit der eigenen Anstrengungen zu erhalten und diese zur weiteren Entwicklung der jeweiligen Einrichtung zu benutzen. [2]
Diese Vielfalt ist ein Ausdruck der Bedeutung, der Bildung allgemein zugemessen wird. Das ist zu begrüßen, aber für die Frage, welche Bildungseffekte Öffentliche Bibliotheken haben (könnten) ist diese unübersichtlich Landschaft einigermaßen unhandlich. Es ist nicht einfach möglich, eine Mastermethode zu übernehmen, die in einem ähnlichen Feld (beispielsweise der Museumspädagogik) entwickelt wurde und diese einfach für Bibliotheken anzuwenden. (Schade eigentlich.)
Insoweit ist erst einmal eine Systematisierung notwendig: Welche Methoden werden angewandt, um welche Forschungsfragen im Zusammenhang mit Bildung zu stellen? Welche Forschungsfragen werden überhaupt gestellt? Es ist ja nicht so, dass sich irgendwer hinstellt und fragt: „Ist die Bildung dieser Einrichtung jetzt gut oder schlecht?“, dann eine Methode anwendet, eine Zahl als Ergebnis erhält und damit zufrieden ist. Das mögen sich manche Politikerinnen und Politiker vielleicht wünschen, teilweise scheinen auch die PISA-Studien in der Öffentlichkeit so wahrgenommen worden zu sein. Aber ein Blick in die unterschiedlichen Forschung selber zeigt, dass das offenbar nicht funktioniert. Jede der Studien formuliert erstmal, was sie eigentlich untersucht, also welche Frage sie genau stellt und wählt aufgrund dieser Frage die jeweils angewandte Methode aus.
Eine solch Systematisierung ist das Thema des Abschnitts, an dem ich gerade schreibe. Letztlich muss eine solche Systematisierung auch noch daraufhin angeschaut werden, was sie für die Frage nach bibliothekarischen Bildungseffekten bringt. Aber das ist dann der folgende Schritt. Zumindest scheint es möglich, die Forschungsfragen nach drei Ebenen zu unterteilen und diese Ebenen nach einzelnen Elementen. Ebenen bedeutet hier: Inhaltliche Ebene, geographische Ebene, temporale Ebene. Deutlicher wird das wohl, wenn man die dazugehörigen Elemente ausführt.

Inhaltliche Ebene [also die Frage: was wird als Bildung verstanden oder an Bildung gemessen?]

  • Wissenzuwachs
  • Leistung [Beitrag zur Aufrechterhaltung eines gesellschaftlichen Subsystems wie ein Wirtschaftszweig oder die demokratischen Öffentlichkeit]
  • Verwertbarkeit [Zusammenhang von Bildungsabschluss und dem Geld, dass man über die Lebenszeit erhält]
  • Umsetzung von Zielsetzungen [individuellen, gesellschaftlichen oder anders definierten, beispielsweise der Vorstellung von Wirtschaftsverbänden von „ausbildungsfähigen“ Jugendlichen]
  • Wohlbefinden

geographische Ebene

  • individuell [also direkt „am“ Individuum gemessen, bei den den einzelnen Lernenden]
  • institutionell [eine Schule, ein Seminar etc.]
  • regional
  • gesamtgesellschaftlich / national / international

Temporale Ebene

  • aktuell [Vorbild: Leistungskontrollen in Schulen]
  • nach Beendigung einer Bildungsaktivität [beispielsweise Abschlussprüfungen]
  • biographisch
  • in einem definierten Zeitraum [eher die politische Kategorie, wenn beispielsweise die Opposition in einem Landtag überprüfen lassen will, ob die bildungspolitischen Entscheidungen der Regierung in den letzten drei Jahren überhaupt etwas gebracht haben]

Jeder dieser Ebene lassen sich ungefähre Erkenntnisinteressen zuordnen, welche mit jeweils ähnlichen Methoden angegangen werden. Also beim Element „Verwertbarkeit“ die Frage: Lohnt sich ein Bildungsgang und die direkten und indirekten Ausgaben für ihn? Dazu werden zumeist statistische Methoden genutzt, indem Bildung durch Abschlusszertifikate [Zeugnisse, Berufs- und Hochschulabschlüsse] operationalisiert und mit den beruflichen Karrieren von Menschen in einen Zusammenhang gebracht werden. Das ist etwas einfach ausgedrückt, die Methoden selber sind dann elaborierter, als einfach nur Zusammenhänge zu postulieren, auch die Fragen sind (oft) weitergehend. Beispielsweise wird gefragt, ob dieser Zusammenhang für Frauen anders ist, als für Männer (bzw. das weiß man auch so, die Fragen ist, wie sehr unterschiedlich der Zusammenhang ist). Oder beim Element „Wohlbefinden“ die Frage, wie jemand einen Bildungsaktivität wahrgenommen hat und wie er sie persönlich im Bezug auf den sinngebenden Effekt, den Bildung auch haben soll, bewerten würde. Dies wird meist realisiert, indem einerseits rekonstruiert wird, was eigentlich bei der jeweiligen Bildungsaktivität genau passiert ist und was deren Ziele waren und andererseits relativ offene (teil-standardisierte oder fokussiert-narrative) Interviews mit den Teilnehmenden geführt werden. Selbstverständlich haben all diese Ansätze ihre Vor- und Nachteile, zumeist auch „blinde Flecken“, also Dinge die sie nicht abbilden können. Das scheint aber kein Manko zu sein, solange die jeweiligen Grenzen reflektiert werden und nicht irgendwer behauptet, die einzig richtige Mastermethode gefunden zu haben, die alles im Bezug auf Bildung messen kann. [3]
Diese Systematisierung ist bei mir erstmal in einer größeren Tabelle kumuliert, welche sich aber gewiss im Laufe der Arbeit noch wandeln wird. Jetzt wird die Frage zu bearbeiten sein, was das für Bibliotheken und der Bildungseffekte heißen kann. Wenn beispielsweise zahlreiche Studien auf den Zertifikaten von Bildungseinrichtungen aufbauen, einfach weil diese verfügbar sind und zudem einigermaßen standardisiert vergeben werden, dann muss man einfach feststellen: das tun Bibliotheken nicht. Es gibt vielleicht hier und da „Bibliotheksführerscheine“ für Kinder oder Bescheinigungen über die Teilnahme an Recherchekursen [4], aber diese haben mit den Zertifikaten von Schulen und Ausbildungseinrichtungen nichts zu tun: ihr „Inhalt“, die Formalitäten für deren Erwerb und die Leistungen, die für diesen Erwerb aufzubringen sind, sind einfach zu uneinheitlich. Auf diese Weise wird Bildung in Bibliotheken nicht zu messen sein.

Fußnoten:
[1] Immerhin lässt sich so der Erfolg der Sinus-Studien verstehen, die in der Darstellung ihrer Ergebnisse relativ oberflächlich bleiben, die angewandten Methoden und ihre Datensammlung unter Verschluss halten (was eigentlich bei wissenschaftlichen Arbeiten gerade nicht passieren sollte, die immer so dargestellt werden sollen, dass sie nachprüfbar sind), da sie ihr Firmenkapital darstellen und trotzdem immer wieder neue Aufträge für weitere Teilstudien erhalten – zuletzt zur Lebenswelt von Migrantinnen und Migranten in Deutschland und zum Wiedereinstiegsverhalten von Frauen nach der Schwangerschaft und der Kindererziehung.
[2] Ganz abgesehen davon, dass auch die Theorieproduktion zum Entstehen von Bildungseffekten nicht zum Erliegen gekommen ist, trotz aller Warnungen davor, dass eine zu große Orientierung auf die praktische Verwertbarkeit von Wissenschaft genau dazu führen könnte.
[3] Okay, dass ist schon angesprochen worden: wenn die Öffentlichkeit diese Grenzen nicht wahrnehmen will, hat man das Problem wieder. Das ist ja mit den PISA-Studien passiert, deren Aussagekraft ja letztlich begrenzt war, einfach weil sie nicht das gesamte Bildungssystem untersuchten, sondern „nur“ die notwendig stark standardisiert abgefragten Leistungen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in drei, später vier „Kompentenzbereichen“, wobei auch diese Bereiche einer Definition bedurften, die umstritten war. Über den musischen Unterricht, über die Leistungen am Ende der Schulzeit oder Einfluss von nicht-schulischen Lernorten beim Erreichen der jeweiligen Ergebnisse konnten die Studien keine Ergebnisse liefern. Dafür haben sie unumstritten den Vorzug – weil sie neben den Test auch die soziale Lage der Lernenden abfragten -, die sozial ungerechte Wirkung des deutschen (und belgischen) Bildungssystems empirisch untermauert zu haben. Das war der Öffentlichkeit – auch der bibliothekarischen – allerdings relativ egal, als die ersten beiden Studien diskutiert wurden. Die dortig gelieferten Werte wurden zu unanfechtbaren Aussagen über das gesamte Bildungssystem erklärt und die gelieferten Tabellen zu Wertungslisten wie in der Bundesliga. Daran hat auch die umfangreiche Darstellung der Testergebnisse und -instrumente sowie die Reflexion der Grenzen dieser Studien in diesen Publikationen nichts geändert. (Und das PISA 2006 jetzt in der Öffentlichkeit, an der Aufregung bei den beiden anderen Studien gemessen, quasi ignoriert wird, ist noch ein anderes Thema.)
[4] Ich rede von Öffentlichen Bibliotheken. Bei Hochschulbibliotheken, die sich als „Teaching Libraries“ verstehen, mag dies etwas anderes sein. Immerhin gelten die Angebote einiger dieser Bibliotheken als offizielle universitäre Module, in denen teilweise Credit Points erworben werden können.

Schulbibliotheken in Berlin, 2008. Übersicht

Vor zwei Jahren habe ich im Rahmen meiner Magisterabeit einmal erhoben, wieviele Schulbibliotheken es in Berlin damals gab. Da darüber nirgends Daten vorlagen, habe ich die Homepages aller Schulen in Berlin angeschaut und dort nach Schulbibliotheken gesucht. Bei dieser Methode konnte ich immerhin davon ausgehen, dass die gefundenen Schulbibliotheken auch tatsächlich eine Bedeutung im jeweiligen Schulalltag spielten und nicht irgendwelche Einrichtungen darstellen, die im hintersten Kellerraum liegen und bei denen man nicht weiß, ob die überhaupt genutzt werden. [Das war jetzt eine kleine Reminiszenz an mein altes Gymnasium.] Das Ergebnis war 8,9%. Also insgesamt fanden sich auf diesem Weg in 8,9% aller Berliner Schulen Bibliotheken (auch unter anderem Namen), die es auf die jeweiligen Homepages der Schulen geschafft hatten. Wenn man härtere Standards anlegte (was damals möglich war, weil insgesamt zu den Bibliotheken auf den Schulhomepages mehr Angaben veröffentlicht wurden), waren es 5,1% der Schulen, die Einrichtungen hatten, welche (jetzt die Standards) für Schülerinnen und Schüler Medien zu mehr als eine Fach und an geregelten Öffnungszeiten zur freien Verfügung stellten. Bessere Zahlen gab es nicht.
Demnächst werde ich wieder einmal über meine damalige Arbeit auf einer kleineren Veranstaltung berichten. Ich habe die Chance ergriffen, zwei Jahre später auf die selbe Weise die Zahl der Schulbibliotheken in Berlin zu erheben. Das gibt mir nicht nur neues Material für den Bericht, sondern ermöglicht es auch, Veränderungen zu beschreiben. Das wird noch zu tun sein, aber ich bin mit der Datenaufnahme fertig geworden. Allerdings hat sich in den Schulen auch einiges verändert. Seit 2006/2007 müssen Schulen in Berlin ein Schulprogramm vorlegen, in dem der Ist-Zustand und die angestrebten Entwicklungen aufgezeigt werden. Viele Schulen haben diese Programme auf ihren Homepages zur Verfügung gestellt. Bei diesen Programmen kann man gut begründet davon ausgehen, dass in diesen aus „Werbegründen“ Einrichtungen auftauchen, die zwar irgendwo in halb vergessenen Räumen existieren, aber nicht unbedingt im Schulalltag eine Rolle spielen. Das ist für die Interpretation der Zahlen im Hinterkopf zu behalten. Die Zahlen von 2006 sind mit denen von 2008 also nicht direkt zu vergleichen. Trends lassen sich mit Werten von zwei Zeitpunkten überhaupt nicht zeichnen. Dazu sind (wie bei den PISA-Studien) mindestens drei Zeitpunkte notwendig. (Was ein Arbeitsauftrag für April 2010 ist.)

Wohl eher durch den Zwang zum Schulprogramm schreiben und weniger wegen einem veränderten Engagement lautet die Gesamtzahl nun 17,4%. 139 von 800 Schulen in Berlin geben an, eine Schulbibliothek zu besitzen. Eine genauere Auflistung habe ich als pdf-Dokument hier eingestellt: Schulbibliotheken in Berlin, 2008 [Erste Ergebnisse].

Wie gesagt, eine genauere Auswertung ist notwendig. Aber festhalten lässt sich doch folgendes:

  1. Die „Schulbibliothekslandschaft“ in Berlin ist durch starke Diskontinuitäten geprägt. Viele Einrichtungen wurden 2007/2008 wieder eröffnet und waren in den Jahren zuvor offenbar geschlossen gewesen. Einrichtungen, die 2006 existierten, scheinen zu einem großen Teil 2008 nicht mehr geöffnet zu sein.
  2. Wer größere Bildungserfolge hat, der hat in Berlin immer noch eine größere Chance, eine Schulbibliothek nutzen zu können, als Lernende mit einem geringen Bildungserfolg. 19, 7% der Gymnasien und 26,4% der Gesamtschulen [in Berlin fast alle mit gymnasialer Oberstufe] geben an, Schulbibliotheken zu besitzen. Von den 75 Realschulen sind es nur 4, von den 57 Hauptschulen eine. Da bekanntlich in Deutschland der Bildungserfolg strukturell eng mit dem ökonomischen Status des Elternhauses der Jugendlichen zusammenhängt, kann man auch sagen, dass tendenziell eher die Schülerinnen und Schüler aus reicheren und reichen Familien eine Schulbibliothek nutzen können, als die mit einem nicht so reichen Elternhaus. Dennoch ist auch der größte Bildungserfolg keine Garantie dafür, eine Schulbibliothek nutzen zu können.
  3. Die Schulbibliotheken in Berlin leben vom Ehrenamt. Angestellte in Schulbibliotheken sind die Ausnahme, ein fester Etat, der nicht durch Spenden oder Schulfeste aufgebracht werden muss, ebenso. Allerdings hat die Anzahl der Schulbibliothek-AGs merklich abgenommen. Gab es sie 2006 noch in fast jeder Schule, die eine Schulbibliothek hatte, scheinen 2008 Eltern und andere Erwachsene (beispielsweise Lesepatinnen und Lesepaten) die Leitung von einem Großteil der Schulbibliotheken übernommen zu haben. Zumindest ist dies zu vermuten, da andere Arbeitsgemeinschaften der Schulen in den Schulprogrammen sehr ausführlich aufgezählt werden, nur nicht die für Schulbibliotheken.

Die Spiralcurricula Bibliothek/Schule: vor allem uneinheitlich

Neben den Kooperationsverträgen zwischen Bibliotheken und Schulen, sind es aktuell die sogenannten Spiralcurricula, welche als Mittel zur Gestaltung der Zusammenarbeit von Bibliotheken und Schulen propagiert werden. Ein Spiralcurriculum [1] soll aus aufeinander aufbauenden Modulen bestehen, die für Schülerinnen und Schüler in der Bibliothek angeboten werden. Diese Module ergänzen sich und sollen über die Schulzeit verteilt werden können, beispielsweise ein Modul pro Schuljahr. Die Schulen sollen dann mit ihren Klassen zu einem selbst gewählten Zeitpunkt die Bibliothek besuchen können. Ziel dieser Zusammenarbeit sei einerseits, den Schülerinnen und Schülern die Nutzung einer Bibliothek beizubringen und sie gleichzeitig bei der Entwicklung von Lese-, Medien- und Recherchekompetenzen zu unterstützen. Die Organisationsform als Curriculum soll dabei helfen, die Zusammenarbeit von Bibliotheken und Schulen kontinuierlicher gestalten und beiden Seiten eine größere Planungssicherheit zu geben. Zudem – auch wenn das nicht unbedingt ausgesprochen wird – scheint eine solche Zusammenarbeit die Bibliotheken etwas von dem faktischen Druck befreien zu können, jede Bibliotheksführung auch als direkte Werbung von neuen Nutzerinnen und Nutzern verstehen zu müssen.
Insbesondere auf dem Portal schulmediothek.de (das eigentlich als Portal für Schulbibliotheken gedacht ist) wird mit dem Text Wenn Bibliothek Bildungspartner wird : Leseförderung mit dem Spiralcurriculum in Schule und Vorschule und der Broschüre Wenn Bibliothek Bildungspartner wird … : Leseförderung mit dem Spiralcurriculum in Schule und Vorschule von Ute Hachmann und Helga Hofmann für dieses Konzept geworben. [Aber auch hier, hier, hier, hier oder hier]
Auf schulmediothek.de werden auch die in der Broschüre angeführten Beispiele von Spiralcurricula aufgelistet. In einer Tabelle habe ich versucht, diese Beispiele systematischer zu erfassen.




Tabelle als PDF hier

Das Ergebnis dieser Systematisierung ist einigermaßen verwirrend. Jedes Konzept eines Spiralcurriculum scheint für sich alleine zu stehen. Die angesprochenen Alterstufen erstrecken sich von Kindergartenkinder bis zu Schülerinnen und Schüler der 12. und 13.Klasse. Dies aber nicht einheitlich. Die Lernziele sind vollkommen unterschiedlich. Mal wird der Hauptschwerrpunkt auf die Bibliotheksnutzung gelegt – dann erscheinen die Curricula als längerfristig geplante Bibliothekseinführungen – mal liegt der Schwerpunkt auf der Lesekompetenz, mal auf dem Recherchetraining. Ebenso ist die Periodisierung der einzelnen Module uneinheitlich. Mal gelten sie jeweils für ein Schuljahr, mal für die gesamte Grundstufe, die Sekundarstufe I und die Sekundarstufe II. Ebenso ist die Ausformulierung der Konzepte nicht gleich. Einmal sind es genaue Beschreibungen der Angebote an Schulen, ein anderes Mal werden eher umfassende Termini benutzt. Sogar die Namen der einzelnen Konzepte sind relativ unterschiedlich. So werden noch nicht einmal alle Spiralcurriculum genannt, obwohl sie sich auf diese Konzept beziehen sollen.
Das Spiralcurriculum ist ein relativ neues Konzept und zumindest zur Zeit scheint es oft als Fortführung schon längerer betriebener Bibliotheksangebote verstanden zu werden. Von einer Orientierung an den Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler, welche einst in dem Projekt „Öffentliche Bibliothek und Schule – neue Formen der Partnerschaft“ der Bertelsmann-Stiftung, in deren Rahmen Spiralcurricula für Bibliotheken erstmals als Konzept mit diesem Namen vorgeschlagen wurden, ist bislang wenig zu sehen. Eventuell wird sich dies mit der Zeit entwickeln, wie auch die Curricula sich vereinheitlichen könnten.

Fußnote:
[1] Auch wenn es in den Dokumenten zu den bibliothekarischen Spiralcurricula nicht erwähnt wird, hat auch diese Vorstellung einen längere Geschichte. Vgl. beispielsweise den Beitrag auf www.learn-line.nrw.de

Auswertung: Öffentliche Bibliotheken in Deutschland und ihre dokumentierten Beziehung zum Bereich Bildung

Dieser Beitrag als PDF hier.


Grundfrage und Datenbasis
Grundfrage der Recherche war, welche Projekte in deutschen Bibliotheken im Bildungsbereich durchgeführt werden und wie sich Öffentliche Bibliotheken in Deutschland zur ihrer möglichen Bildungsfunktion verorten.
Die Recherche der Daten fand während des Mai 2007 statt, ein Nachrecherche im Juni 2007. Grundbasis waren die 1968 Öffentliche Bibliotheken mit hauptamtlicher Leitung, welche für 2006 von der Bibliotheksstatistik angeführt wurden (Stand vom 05.05.2007). Auf die hauptamtlich geführten Bibliotheken wurde sich konzentriert, da dies einerseits die Datenmenge sinnvoll einschränkte und gleichzeitig davon ausgegangen wurde, dass gerade solche professionell geführten Bibliotheken die Möglichkeit haben, mit Projekten und Kooperationen über die reine Buchausleihe hinaus bibliothekarische Arbeit zu betreiben. Die Daten wurden den Homepages der Bibliotheken und der jeweiligen Kommunen entnommen. Einerseits war eine so umfangreiche Datensammlung nicht anders zu leisten. Andererseits wurde davon ausgegangen, dass sich die Präsentation der eigenen Arbeit im Internet heutzutage auch für öffentliche Einrichtungen als Standard durchgesetzt hat und das deshalb durch die Einsicht in diese Präsentationen im Internet eine Aussage über das Selbstverständnis der Bibliotheken getroffen werden kann.

Allgemeine Feststellungen
Dabei konnte, auch nach mehrfacher Suche, für die relativ große Anzahl von 136 Bibliotheken gar keine Internetpräsenz gefunden werden. So verringerte sich die Gesamtheit auf 1832 Bibliotheken. Diese sind sowohl für sich als auch in ihrer Internetpräsentation sehr unterschiedlich. Beispielsweise sind in der Bibliotheksstatistik Gesamtbibliothekssysteme für ganze Großstädte mit einer einzigen Kennziffer vertreten, während gleichzeitig für einige kleiner Kommunen aufgrund differenzierter Trägerschaften mehrere Bibliotheken mit jeweils eigenen Kennziffern eingetragen sind. Zudem treten alle möglichen Trägerschaften und alle denkbaren Bibliotheksstrukturen tatsächlich auf. Getragen werden Bibliotheken in Deutschland von Kommunen, religiösen Institutionen, Vereinen, von mehreren Kommunen gleichzeitig, von gemeinnützigen Firmen und in diversen Mischformen. Gleichzeitig existieren zentralisierte und dezentralisierte Bibliothekssysteme in unterschiedlichen Ausprägungen.
Teilweise sind in der Bibliotheksstatistik Ergänzungsbibliotheken enthalten, deren Funktion sich mithilfe ihrer Homepage nicht immer bestimmen lässt. Manche haben offenbar Publikumsverkehr, andere sind explizit für die Öffentlichkeit geschlossen.
Ebenso ist das Bibliothekspersonal vollkommen uneinheitlich. In einigen Bibliotheken werden Ehrenamtliche Kräfte explizit hervorgehoben und beworben, in anderen gerade nicht. Die Anzahl, fachliche Gliederung und Aufgabenteilung ist ebenso vollkommen uneinheitlich. In diesen Bereichen zeigen allein die Internetauftritte der Bibliotheken reichhaltige Forschungsthemen auf.
Obwohl nicht explizit danach geschaut wurde, ist doch auffällig, dass, wenn das Personal dargestellt wird, es nahezu vollständig weiblich ist. Männliche Angestellte von Öffentlichen Bibliothek in Deutschland finden sich hauptsächlich in höheren Leitungsebenen, als Techniker oder sind mit Spezialaufgaben vertraut.
Zudem differenziert die Größe und Ausstattung der Bibliotheken erheblich. Ein Zusammenhang mit der Größe der Kommunen und deren Finanzausstattung deutet sich an, obwohl teilweise auch gegenläufige Beispiele sichtbar sind. Bislang ist der Zusammenhang zwischen Ausstattung der Kommunen und Ausstattung der Bibliotheken sind offenbar noch nicht näher untersucht worden, obwohl hierfür Daten vorzuliegen scheinen.
Die meisten Bibliotheken nutzen ihre Internetpräsenz nicht aktiv. Ein Großteil der Präsenzen wird offensichtlich von der jeweiligen Kommune verwaltet und enthält wenig mehr, als allgemeine Informationen über Adressen, Öffnungszeiten und Kontaktmöglichkeiten der Bibliotheken. Eine große, aber noch nicht überwiegende Anzahl der Bibliotheken bietet OPACs an, hierbei wiederum eine große aber noch nicht überwiegende Anzahl mithilfe standardisierter Anwendungen, beispielsweise dem Angebot bbwork.de. Nur eine kleine Zahl von Bibliotheken, hier zumeist die in Großstädten, nutzt darüber hinaus ihre Homepage aktiv, zumeist zur Informationsvermittlung und für das Anbieten von Datenbanken. Interaktive Lernumgebungen finden sich beispielsweise bisher überhaupt nicht.
Hier deutet sich eine Grenze der Recherche an. Sie ist auf die Darstellung der Bibliotheken im Internet beschränkt. Inwieweit diese Darstellung die tatsächliche Arbeit widerspiegelt ist nicht zu bestimmen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit fallen zahlreiche Projekte und Ansätze der Bibliotheksarbeit aus der Untersuchung heraus. Dies schränkt die Aussagekraft der Ergebnisse erheblich ein. Sie können nicht mehr sein, als Hinweise auf die aktuelle Situation. Gleichzeitig lässt sich allerdings fragen, welche Bedeutung Projekten und Arbeitsansätzen zugewiesen wird, wenn diese nicht mithilfe moderner Kommunikationsmittel von den Bibliotheken der breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Bildung
Direkte Aussagen zur Bildungsfunktion lassen sich in den Selbstdarstellungen und Berichten Öffentlicher Bibliotheken nur selten finden. Allgemein sind nur in Ausnahmefällen Jahres- und Tätigkeitsberichte auf der jeweiligen Homepage eingestellt. Wenn, dann sind die betreffenden Aussagen zumeist sehr oberflächlich gehalten und kaum differenzierter zu betrachten. Am ehesten lässt sich noch davon ausgehen, dass Bibliotheken Bildungsfunktionen zugeschrieben werden, wenn sie auf den kommunalen Internetauftritten der Kategorie Bildung (die allerdings ebenso vollkommen uneinheitlich benannt sind) zugeordnet wurden. Diese Zuordnungen kommen unter sehr unterschiedlichen Umständen zustande. Es ist nie klar, wer diese genau vorgenommen hat und wie groß die Beteiligung der jeweiligen Bibliothek an dieser Zuordnung ist. Sie stellt also nur einen Hinweis dar. Nähme man diesen Hinweis allerdings nicht in die Zählung hinein, gäbe es kaum eine Bibliothek, der eine Bildungsfunktion zugeschrieben werden könnte. Auf diese Weise kann man immerhin bei 617 Bibliotheken (33,7%) davon ausgehen, dass sie entweder sich selber eine Bildungsfunktion zuschreiben oder ihnen einen solche in der Kommune zugeschrieben wird. Was genau dies bedeutet, ob dies in der alltäglichen Arbeit mehr bedeutet, als einen reinen Anspruch, ist so allerdings nicht ersichtlich.
In den Bereich des Lebenslangen Lernens lassen sich nur Projekte von 18 Bibliotheken (1,0%) [1] einordnen. Dabei gibt es kaum einen direkten Bezug auf das Konzept Lebenslanges Lernen. Eher existieren einige Kooperationen und institutionelle Regelungen, die sich in die Konzepte des Lebenslangen Lernens einordnen lassen, insbesondere die Vorstellung, dass Bildungseinrichtungen aktiv zusammenarbeiten, dass Werbung für das Lernen gemacht werden und das eine Lernberatung stattfinden müssen. Dabei ist nicht immer klar, ob diese Regelungen immer auf Konzepte der Lebenslangen Lernens zurückgehen. Ein Großteil der 18 Bibliotheken ist mit den Volkshochschulen der Kommunen in einem Gebäude oder sogar in einer Institution untergebracht. Zumindest aus Emden ist bekannt, dass die dortige Zuordnung (die Öffentliche Bibliothek wird von der Volkshochschule betrieben) das Ergebnis einer kommunalen Finanzkrise war. Bei anderen Kooperationen kann ähnliches vermutet werden. Allerdings spricht dies nicht unbedingt dagegen, dass dieser Regelung letztlich trotzdem positive Bildungseffekte zeitigt.
Andere Bibliotheken haben Lernateliers eingerichtet, beteiligen sich aktiv in Bildungsnetzwerken oder arbeiten kontinuierlich mit anderen Bildungsanbietern zusammen.
Auffällig ist allerdings, dass von keiner dieser 18 Bibliotheken bislang eine Auswertung dieser Zusammenarbeiten vorliegt. Und dies, obwohl einige dieser Regelungen seit Jahren bestehen. Zudem scheinen – dies ist allerdings nicht mit den hier benutzten Daten zu überprüfen – ähnliche Projekte auch schon früher stattgefunden zu haben, ohne dass über deren Erfolge und Misserfolge berichtet wurde.
Eine größere, allerdings auch nicht die überwältigende Anzahl von Bibliotheken, arbeitet explizit eng mit Schulen und Kindertagesstätten zusammen (insgesamt 50 oder 2,7%).[2] Schulen stellen die hauptsächlichen Kooperationspartner für Bibliotheken dar. Dies scheint auch vor den aktuell propagierten Kooperationsverträgen zwischen Schulen und Bibliotheken der Fall gewesen zu sein. Zumindest werden solche Verträge kaum in den Internetauftritten erwähnt, gleichzeitig aber oft auf jahrelange Zusammenarbeit mit einzelnen Schulen verwiesen. Von den einzelnen Bibliotheken besteht wiederum ein Großteil als Kombinierte Schul- und Öffentliche Bibliothek. Dies bedeutet, dass eine Bibliothek in einer Schule angesiedelt ist und somit in engem Kontakt mit dieser Schule arbeiten können soll. Teilweise scheint diese Konstruktion teilweise auch durch die geringe Größe der Kommunen bestimmt worden zu sein, wenn beispielsweise in Wendeburg die Kreisbücherei im großen Schulzentrum mit untergebracht wurde. Allerdings spricht auch dies nicht gegen positive Bildungseffekte. Einige Bibliotheken unterhalten explizite Schulbibliotheken.
Ein großer Teil der 50 Bibliotheken arbeitete im Projekt „Bildungspartner NRW – Bibliothek und Schule“ mit, welches von der Bertelsmann-Stiftung und dem Land Nordrhein-Westfalen initiiert wurde. Dabei scheinen nicht alle Bibliotheken, die an diesem Projekt partizipierten, dies heute auf ihrer Homepage zu erwähnen.
Auch in diesem Bereich ist auffällig, dass eine belastbare Auswertung der jeweiligen Zusammenarbeiten bislang nicht vorliegt.
Zudem wäre zu erwarten gewesen, dass die beständige Betonung der Konzepte des Lebenslangen Lernens, also explizit der Bildungsaktivitäten nach der schulischen, beruflichen und universitären Ausbildung, sich auch in den Aktivitäten der Bibliotheken niedergeschlagen müsste. Die Konzentration auf die Zusammenarbeit mit Schulen und Kindertagesstätten widerspricht dieser Erwartung.
Interessant ist, dass die Zuordnung von Bildungseffekten zu Öffentlichen Bibliotheken überhaupt nicht allgemein verbreitet ist. Gerade in den Internetauftritten der einzelnen Kommunen findet das seinen Ausdruck. Es existieren mehrere dieser Auftritte, auf denen eine Kategorie für Bildungseinrichtungen angelegt und gleichzeitig die jeweilige Bibliothek einer anderen Kategorie zugeordnet wurde. Eine so klare Nichtzuordnung lässt sich für immerhin 198 oder 10,8% der Bibliotheken nachweisen. Bei mehr als der Hälfte der Bibliotheken (978 oder 53,4%) findet überhaupt keine Zuordnung der Bibliothek zu möglichen Bildungseffekten statt, weder von der Kommune, noch von den Bibliotheken selber, noch in ausdrücklichen Bildungsprojekten. Dies bedeutet, dass entgegen des Anspruchs der offiziellen Bibliothekspolitik in Deutschland, dass Bibliotheken Bildung vermitteln würden und der beständigen Betonung des vorgeblich steigenden Ansehens von Bildung im Öffentlichen Diskurs, insbesondere unter Schlagwort Lebenslanges Lernen, immerhin bei 1176 oder 64,2% der untersuchten Bibliotheken bisher zumindest in der Außendarstellung überhaupt keinen Wert auf deren Funktion als Lern- und Bildungseinrichtung gelegt wird.

(Stand: 06.11.2007)

[1] Ahlen (Kooperation LernNet und Kunstmuseum), Berlin-Neukölln (Zusammenarbeit mit em Lernladen, strukturierte Angebote für Schulen), Brilon (Lesefrühförderung), Chemnitz (Abstimmung mit der VHS), Cottbus (Bildungsnetzwerk Lernende Lausitz), Dorsten (Einrichtung „VHS und Kultur“, zusammen mit VHS, Archiv und Gemeinschaftshaus), Eisleben RMZ (Lernende Region), Emden (VHS trägt Bibliothek), Gelsenkirchen (Zusammen mit dem Medienzentrum und der VHS im Bildungszentrum Gelsenkirchen), Lörrach (Bildungsinitiative der Stadt Lörrach, Lesestadt Lörrach, Projekt Cooltour), Meersburg (Teilnahme am Projekt http://www.lernsee.de), Mengen (Mit VHS in einem Haus), Nehren (Mit VHS in einemr Einrichtung), Neuenburg (Mit VHS in einem Haus), Rathenow Kreisbibliothek (Zusammen mit der Volkshochschule in einer Einrichtung), Stuttgart (Lernateliers / Bibliothek21), Unna (zentrum für information und bildung (zib) = Volkshochschule, Stadtbibliothek, Stadtarchiv, Kulturbereich, i-Punkt), Wolnzach (VHS-Kurse direkt auf der Bibliothekshomepage verlinkt und mit Anmeldung versehen)

[2] Altena (Schulportal), Bergheim / Erft (Bildungspartner NRW – Bibliothek und Schule), Bergkamen (Bildungspartner NRW – Bibliothek und Schule), Berlin-Neukölln (Lernladen, strukturierte Angebote für Schulen), Bielefeld (Kooperationschwerpunkt Schule und Bibliothek), Bad Boll (Schulen, Kindergärten, VHS), Daun (im Schulzentrum gelegen), Deggenhausen (Jugendmediothek), Dessau (Kita-Schule), Dülmen (Bildungspartner NRW – Bibliothek und Schule), Frankfurt / Main (Schulbibliothekarische Arbeitsstelle), Fröndenberg (Stadt- und Schulbibliothek), Giengen („Lesenetz“ Schule/Kita/Bibliothek), Grafenau / Niederbayern (In der Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule), Groitzsch (Schul- und Öffentliche Bibliothek), Gunzenhausen (Schul- und Stadtbücherei), Guxhagen (Gemeinde- und Schulbibliothek), Havixbeck (Schul- und Gemeindebibliothek), Herten (Bildungspartner NRW – Bibliothek und Schule), Hesel (Im Schulzentrum), Hoyerswerda (Öffentliche Bibliothek und Schule, Bertelsmann-Stiftung), Karlsbad (Im Schulzentrum untergebracht), Kastellaun (Stadt- und Schulbibliothek), Kürten (Im Schulzentren), Landhut (Dezentrale Einrichtung mit Schul- und kombinierten Schul/Öffentlichen Bibliotheken), Marschacht (In der Grundschule), Memmingen (Zentrale Schulbibliothek), Menden (Bildungspartner NRW – Bibliothek und Schule), Minden (Bildungspartner NRW – Bibliothek und Schule), Neunkirchen / Siegerland (Bildungspartner NRW – Bibliothek und Schule), Oberhaching (Gemeinde- und Schulbibliothek), Oberkrämer (Öffentliche Schulbibliothek), Osterburken (Im Ganztagsgymnasium), Plietzhausen (Schul- und Öffentliche Bibliothek), Pretzschendorf (In der Grundschule), Renningen (Im Gebäude der Realschule), Rheine (Bildungspartner NRW – Bibliothek und Schule), Ruhla (Stadt- und Gymnasialbibliothek), Salzgitter (Eine der drei Bibliotheken ist Schul- und Öffentliche Bibliothek), Salzwedel (Filiale in einer Grundschule), Tarmstedt (Schul- und Samtgemeindebücherei), Taunusstein (Schul- und Stadtbibliothek), Uelzen (Schulbibliotheken), Weissach im Tal (Kombiniert Schul- und Öffentliche Bibliothek), Wendeburg (Kreis- und Schulbücherei im Schulzentrum), Wennigsen (Eine Bibliothek im Gebäude der Gesamtschule), Wörrstadt (Im Schulzentrum), Würselen (Bildungspartner NRW – Bibliothek und Schule), Wuppertal (Medienpartner – Bibliothek und Schule), Zöblitz (In der Grundschule)

Methoden und Ansätze

Eine (sehr vorläufige) tabellarische Übersicht der in der Literatur dokumentierten Forschungsansätze im Bereich „Bibliotheken und Bildung“ habe ich hier hochgeladen. Wird selbstverständlich ergänzt.
Die qualitativen Ansätze überwiegen, was wenig überraschend ist. Aber insgesamt zeigt sich doch eine ziemliche Breite der Ansätze. (Allerdings: nicht in Deutschland, sondern fast nur anderswo.)

Methodenmix, sortiert

Die Beantwortung der Frage, welche Bildungseffekte Öffentliche Bibliotheken haben, ist nur durch einen Methodenmix möglich. Nicht zuletzt, wenn gleichzeitig ein Modell geliefert werden soll, welches diese Ergebnisse für die Bibliothekspraxis nutzbar macht.

Evidence Based Library Practice -Internationaler Ansatz
Dabei gibt es – wenn auch nicht in Deutschland, sondern vorrangig in der englischsprachigen Bibliothekspraxis und hier vor allem der in Großbritannien – Arbeiten und Forschungstendenzen, die ähnliches versuchen. Zum einen hat sich in den 1990ern das Paradigma einer Evidence Based Library Practice etabliert, zuletzt 2006 mit einer eigenständigen Open Access Zeitschrift (Evidence Based Library and Information Practice).
Durch dieses Paradigma wird eine Erdung von Bibliothekspraxis durch wissenschaftliche Methoden angestrebt. Primär soll die Planung und der Betrieb von Öffentlichen Bibliotheken und ihrer Services nicht (mehr) normativen Vorstellungen und Einzelentscheidungen von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren überlassen werden. Die angewandten Methoden sollen einerseits die Realität abbilden und wissenschaftlichen Standards genügen, anderseits relativ einfach und praktikabel sein. Insoweit experimentieren die meisten Studien damit

  1. oft schon vorhandene oder leicht im Bibliotheksalltag zu gewinnende Daten für neue Aussagen zu verwenden.
  2. Arbeiten und Ansätze so zu dokumentieren, dass diese auch von anderen Bibliothekspraktikerinnen und -praktikern einfach reproduziert werden können.
  3. die Grenzen der jeweiligen Studien zu reflektieren und für Teilfragen auf schon veröffentliche Studien zurückzugreifen.

Es hat sich unter dem Paradigma der Evidence Based Practice eine, wenn auch nicht unumstrittene, Richtung der von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren selber durchgeführten Applied Science etabliert, auf deren Überlegungen auch im deutschen Kontext zurückgegriffen werden kann.

inspiring learning for all – Britischer Ansatz
Eine zweite Grundlage bieten die Überlegungen, welche im Rahmen des Umbaus der öffentlichen Dienste in Großbritannien unter der New Labour Regierung für Bibliotheken in dem Framework inspiring learning for all kumulierten [Vollständiger Framework hier]. New Labour verband in seiner Bildungspolitik mehrere Ansprüche an die steuerfinanzierten Einrichtungen. Einerseits tragen diese Einrichtungen seit Mitte der 1990er Jahre mehr und mehr Eigenverantwortung für die Qualität ihrer Angebote, deren Auswahl und Gestaltung, ihrer Effizienz und deren Nachweis; anderseits wurden bisher eher marginale politische und gesellschaftswissenschaftliche Diskurse zum Thema social exclusion durch die Regierung aufgegriffen und ein pro-aktive Politik der social inclusion zur Pflicht gemacht. Dies heißt, dass öffentliche Einrichtungen nicht mehr einfach diskriminierungsfrei zu sein haben, sondern aktiv daran arbeiten müssen, nur diffus erfahrbare, aber doch vorhandene Barrieren zu identifizieren und abzubauen.
[Im Rahmen von Bibliotheken heißt dass zum Beispiel, nicht einfach einen formal gleichen Zugang für alle zu schaffen, sondern zu bestimmen, welche Bevölkerungsgruppe zu den strukturellen Nicht-Nutzenden gehören, warum sie dies sind und letztlich mit ihnen zusammen daran zu arbeiten, die offenbar vorhandenen strukturellen Hindernisse abzubauen – auch wenn dass manchmal gerade nicht durch eine Spezialbestand mehr für diese oder jene Gruppe zu machen ist. Siehe dazu den grundlegenden Bericht „Open to all? The Public Library and Social Exclusion„]
Der Framework inspiring learning for all liefert nun in diesem Zusammenhang eine relativ tief gehende Gliederung, die es Bibliotheken (und Museen und Archiven) ermöglichen soll, diese eher unpräzisen Anforderungen sowohl zu erfüllen als auch den Erfolg dieser Anstrengungen zu evaluieren. Ein Grundprinzip dieses Frameworks ist eine kreislaufförmig angelegte Selbstevaluation durch Teams in den Bibliotheken, die auf einer größeren – und zumindest dem Ansatz nach – immer wieder erneuerten wissenschaftlichen Grundlage, die gesellschaftliche Ansprüche in der Bibliothekspraxis umzusetzen helfen und gleichzeitig Erfolge messbar machen sollen.

Arbeitsmodell
Im Folgenden möchte ich den ersten Arbeitsentwurf eines ähnlichen Frameworks, bezogen auf Bildungseffekte von Öffentlichen Bibliotheken in Deutschland, vorschlagen. Dieser ergab sich als Ergebnis der Durchsicht von relevanten Forschungsansätzen im Bibliotheks- und Bildungsbereich. Wie gesagt: ein Arbeitsentwurf und Vorschlag, welcher erst noch vervollständigt werden und anschließend erprobt werden muss.


[als pdf]

Der Framework ist in vier Phasen unterteilt, welche wiederum in zwei Kreisläufen organisiert sind. Kreislauf eins umfasst alle vier Phasen von der Begriffsbestimmung von Bildung bis zur Projektimplementierung und ist als längerfristige, eher wissenschaftliche Arbeit angelegt, welche im besten Fall in größeren Abständen wiederholt werden sollte. Kreislauf zwei umfasst die Phasen III (Datensammlung) und IV (Interpretation und Umsetzung) und wird hier als praktische Anwendung im Bibliotheksalltag verstanden, die einerseits auf den Phasen I und II aufbaut, andererseits eher auf die einzelne Institution orientiert ist und nicht jedes mal erneut den verwendeten Bildungsbegriff bestimmt.
Folgende eine kurze Charakterisierung der vier Phasen.

Phase I. Bildungsvorstellungen
In der ersten Phase werden die Bildungsvorstellungen, welche im Bereich Öffentlicher Bibliotheken verwendet werden, bestimmt. Hierbei sind unterschiedliche Gruppen und deren
Bildungsvorstellung zu beachten:

  1. die Bibliotheken, bzw. Bibliothekarinnen und Bibliothekare
  2. die Nutzerinnen und Nutzer
  3. die Gesellschaft, das hießt die allgemein akzeptierten Bildungsvorstellungen und hier auch die der Personen, welche keine Öffentlichen Bibliotheken benutzen
  4. die Träger der Bibliotheken, in Deutschland zumeist die lokale und die Landespolitik

Dabei bieten sich insbesondere für die Gesellschaft und Politik Diskursanalysen an, während die Bildungsvorstellungen von Bibliotheken und Nutzenden wohl eher durch qualitative Methoden, vorrangig die der grounded theory gewonnen werden können. Dabei ist – gerade bei den Diskursanalysen – darauf zu achten, dass es im Rahmen dieses Frameworks darauf ankommt, in irgendeiner Form quantifizierbare Vorstellungen und Kategorien zu gewinnen.

Phase II. Operationalisieren
Ausgehend von den Ergebnissen der ersten Phase müssen die Bildungsvorstellungen operationalisiert, also in messbare Kategorien und Codierungen umgesetzt werden. Hierzu liegen zwei Modelle vor: Entweder die Codierung anhand der in den meisten Studien, die einem grounded theory-Ansatz folgen, als Forschungsergebnis entwickelten Kategorien. Oder aber das Fassen der Ergebnisse in einen Checklist-ähnlichen Framework, wie dies bei inspiring learning for all getan wurde.

Phase III. Status Quo und Zielbestimmung
In dieser und der nächsten Phase geht es hauptsächlich um die einzelne Bibliothek. Mithilfe des erarbeiteten Frameworks oder der Kategorienliste – oder, was eher zu erwarten ist, einem Mix beider Ansätze – wird einerseits der Status Quo bestimmt, anderseits das Framework, wenn nötig, modifiziert und Ziele bestimmt, die sich aus dem Status Quo und den Bildungsvorstellungen für einen überschaubaren Zeitraum für die einzelne Bibliothek ergeben.
Etwas weniger abstrakt: Es könnte sich zeigen, dass eine Bildungsvorstellung lautet, dass rund die Hälfte aller Erwachsenen im Einzugsbereich einer Bibliothek mindestens alle fünf Jahre mithilfe von Medien aus der Bibliothek ihre Fremdsprachenkenntnisse auffrische oder eine neue Sprache lernen. Das könnte so im Framework aus der Phase II stehen. Bei den Daten, die dazu in einer Bibliothek zu erfassen sind, muss man zwar einigermaßen herum rechnen – schließlich will man ja nicht über fünf Jahre die Bestandsnutzung der Sprachlernmedien erfassen, um zu einer Aussage zu kommen. Letztlich könnte dann aber die Feststellung der Bibliothek lauten, dass eine solche Nutzung nicht stattfindet. Hier könnte dann das Ziel formuliert werden, dass die Medien tatsächlich in der geforderten Quantität und in der geforderten Weise genutzt werden. Eine Justierung des Frameworks könnte dann nötig sein, wenn die Bibliothek ihr Umfeld betrachtet und – wieder als Beispiel – feststellt, dass in ihrem Umfeld eine akademisch geprägte Elite wohnt, alle potentiellen Nutzerinnen und Nutzer mindestens ein Abitur erhalten haben oder dieses anstreben. In diesem Fall müsste die angestrebt Nutzungshäufigkeit angepasst, also erhöht werden.
Es geht also letztlich um die Anpassung des gegebenen Frameworks an die Gegebenheiten der Bibliothek und um eine sinnvolle Auswahl von erreichbaren Zielen.

Phase IV. Projekte, Dokumentation und Fortschreibung
In der letzten Phase geht es darum, aus den gewonnenen Erkenntnissen über den Status Quo und den Zielen, die sich aus den Bildungsvorstellungen ergeben, umsetzbare Projekte und Organisationsveränderungen zu formulieren, zu implementieren und – wenn sie erfolgreich sind – fortzuführen.
Im Gegensatz zu heute durchgeführten Projekten ergäbe sich der Vorteil, dass eine Dokumentation und Evaluation dieser Projekte durch den gegebenen Framework leichter möglich wäre. Die Ergebnisse wären einfacher anzugeben, von anderen nachzuvollziehen und einmal durchgeführte Projekte auch für andere nutzbar. (Das wäre ein Vorteil gegenüber den eher oberflächlichen Beschreibungen heutiger Beispielsammlungen. Ein allgemeiner Framework würde beispielsweise aus Best-Practice-Sammlungen auch tatsächliche Best-Practice-Sammlungen machen, weil die Bewertungsgrundlage für die jeweilige Auswahl und eine nachvollziehbare Evaluationsgrundlage angegeben werden könnte.)
Hierzu müsste sich allerdings eine Kultur etablieren, die erstens Projekte, Veränderungsbemühungen und Erfahrungen auch als solche nachvollziehbar dokumentiert und gleichzeitig auf solche Dokumentationen wieder zurückgreift. Dies wäre im Rahmen eines Frameworks allerdings eher zu erwarten, als bei der Fortschreibung der heutigen unsystematischen Herangehensweise.