Bestandsaufbau Lyrik, eine Klage

Lyrik ist – zu meinem Leidwesen – allgemein unterrepräsentiert, insbesonders aktuelle, überall. Das schlägt sich leider auch in der Lyrikproduktion selber wieder, die ohne einen breiteren Bezugsrahmen in den letzten Jahren zum Teil erstaunlich schlechte und vor allem unfundierte Werke hervorgebracht hat. Das auf Literaturbühnen Autorinnen sitzen, die ernsthaft sagen: „Ein Programm hab ich nicht, das war einfach nur ein Tag, da bin ich mit meinem Mann in so einem Haus gewesen, dass fand ich halt schön.“ hat ja auch damit zu tun, dass es kaum noch eine Resonanzraum gibt, in dem Lyrik anhand lyrischer Kriterien bewertet und bearbeitet wird. Wie soll man lyrische Programme ausarbeiten, wenn niemand korrespondiert? So aber wird das rein subjektive „das fand ich schön“ schon zum Kriterium, etwas nicht nur zu schreiben, sondern es gar zu veröffentlichen und vorzutragen – allerdings ohne programmatische Aussage, beispielsweise über das Subjektive.

 

Auch im bibliothekarischen Feld finden sich kaum Diskussionen dazu, ob und wie Lyrik gesammelt und vermittelt werden kann. In den Beständen, zumindest denen, die ich kenne, überwiegen die Klassiker und Klassikerinnen, die man aber leider schon kennt und Anthologien, die nicht immer sinnvoll sind. Doch das ist nicht nur ein Problem der Bibliotheken, auch der Buchhandel scheint kaum noch gewillt, Lyrikproduktionen in das Barsortiment aufzunehmen. Sicherlich gibt es Ausnahmen, Buchhandlungen, die sich durch ein breites Angebot an Lyrik auszeichnen und vor allem kleinen Verlagen eine Chance einräumen. Aber in vielen Buchhandlungen, und da gerade den großen, gibt es noch nicht einmal ein eigenes Regal für Poesie. (Genauso wie es dort keine literarischen Zeitschriften mehr zu erwerben gibt.)

 

Warum das so ist, habe ich ehrlich gesagt nie so richtig nachvollziehen können. Sicherlich gibt es viele Menschen, die mit Grausen von Gedichtinterpretationen in Deutschunterricht berichten und meinen, danach würde sie keinen Zugang mehr zur Poesie gefunden haben. Mir scheint das ehrlich gesagt ein vorgeschobenes Argument zu sein, zumal viele dieser Menschen ständig Romane lesen, obgleich die Romaninterpretationen im Schulunterricht oft genauso entmotivierend wirken können.

 

An sich sollte man die Posie als Literaturgattung mehr herausstellen. Sie ist nun mal nicht für Liebesbriefe und Sammlungen „lustiger“ (Anführungsstriche!) Reime geeignet, wie das teilweise unterstellt wird. Vielmehr scheint mir die lyrische Form für Reflexionen der post-modernen Identitätskonstrukte und Lebensweisen weit besser geeignet, als beispielsweise der Roman.

 

Aber das ist eine Klage, die ich seit Langem führe. Wieso komme ich darauf, sie jetzt nochmal zu formulieren? Im Current Content-Dienst des Journal of Academic Librarianship findet sich gerade ein Artikel zur Frage des Bestandsaufbaus für den Lyrikbereich in akademischen Bibliotheken in den USA. (Golomb, Liorah (2011) / Collecting Poetry for the Academic Library: An Evaluation of Poetry Prizes as Selection Tools. – In: Journal of Academic Librarianship, in Print) Sicherlich: der Text spricht von einer gänzlich anderen Situation der Literaturproduktion. Und zudem nicht von Öffentlichen Bibliotheken, wo man Lyrikbestände viel eher verorten würde. Insoweit ist das alles nur eingeschränkt wahrzunehmen. Dennoch kann auch aus diesem Text einiges gelernt werden.

 

Die Autorin liefert in der Literaturdiskussion eine Übersicht zu den wenigen Texten, die sich mit dem Bestandsaufbau von Lyrikbeständen befassen. Sie hält fest, dass sich Besprechungen von Lyrik kaum als Auswahlinstrument eignet, einfach weil der überwiegende Teil positiv ist. Dieses über-positive Darstellen von Werken, bei dem jede kleine Kritik schon als Verriss erscheint – dass sich ja nicht nur in englischen Sprachraum oder im Bereich Lyrik zu finden, sondern fast schon zum Merkmal des zeitgenössischen Feuilletons und der Rezensionsrubriken in unterschiedlichsten Zeitschriften geworden –, mache es praktisch unmöglich, diese Besprechungen zur Auswahl von Medien heranzuziehen. Wenn fast alles gut ist und kaum etwas differenziert dargestellt wird, was soll man dann auch für Informationen aus den Besprechungen heraus ziehen? Ins Inhaltsverzeichnis kann man auch so schauen.

 

Außerdem stellt die Autorin einen Text von Hank Lazar vor, der argumentiert, dass sich Bibliotheken praktisch gegen den Trend größerer Verlage stellen müssten, die Klassikerinnen und Klassiker der Poesie immer wieder neu in Anthologien zu verpacken und praktisch kaum noch neue Poesie zu vertreiben. Stattdessen sollten Bibliotheken eher sich darauf konzentrieren, kleine Verlage und experimentelle Literatur zu erwerben. Das ist – obwohl es im Text von Golomb nicht weiter ausgeführt wird – meines Erachtens eine berechtigte Forderung. Sicherlich sollten alle einmal Brecht und Goll (beide) gelesen haben, sollte jede und jeder einmal die Menschheitsdämmerung und Howl in der Hand gehabt haben, sollte jeder und jede wissen, welches das treffenste Gedicht für das eigene Lebensgefühl ist – aber das alleine ist nicht die Lyrik. Schon gar nicht die des 21. Jahrhunderts. Interessante Literatur, die an der Zeit selber sich anlegt und auf die Verwerfungen des Lebens heute hört, findet sich eher bei kleinen, engagierten Verlagen, in kleinen Pressen, nicht bei den großen. Wenn Bibliotheken als öffentliche Einrichtungen zur Literarisierung der Gesellschaft beitragen wollen, wenn sie die Möglichkeit zur Poeisierung des Alltags aufrecht erhalten wollen, dann ist die Forderung, sie sollten sich nicht nach großen Verlagen richten, sondern nach kleinen Ausschau halten, berechtigt. Zumal der Erwerb von 10 Büchern bei Kleinverlag XYZ mehr ins Gewicht fällt, gar zum Teil das Überleben ermöglicht, als bei Suhrkamp oder Fischer (wobei diese beiden immerhin noch regelmäßig Lyrik bringen). Hier scheinen mir Steuergelder auch als Kulturförderung besser angelegt.

 

Golomb verweist dann noch auf einen Text, der bespricht, wie man praktisch in den literarischen Untergrund abtauchen und Bestände mit grauer Literatur im Bereich Poesie aufbauen kann. Späterhin sagt sie direkt, dass alles das Arbeit macht. Berechtigt, dieser Einwand wird wohl auch vorgebracht werden, wenn man in Deutschland von den Öffentlichen Bibliotheken eine solche Arbeit verlangen würde. Dennoch! Es ist ein Argument, auf kleine Verlage, auf entlegene Literatur, auf das Experiment, und die Graubereiche zu achten, weil das auch Kultur und Kulturentwicklung fördert.

 

Golomb geht in ihrem Text weiterhin auf den Wert von Lyrik-Preisen als Auswahlkriterium ein. Das ist dann sehr USA-spezifsch, um es so zu sagen. Ein solches System von Lyrik-Preisen, vergeben von Privatinitiativen und Verlagen, wie von Golomb besprochen, gibt es in Deutschland nicht. Gleichwohl sie darauf verweist, dass diese Preise – bei denen bei Einreichung jeweils eine Gebühr berechnet wird – zu einer Einnahmequelle für einige Verlage geworden ist und auch sonst einiges an ihnen schwierig wäre, zeigt sie auch, dass die Preiskommitees sich darum bemühen, dass die Qualität der Lyrik als Auswahlkriterium herangezogen wird, nicht persönliche Kontakte oder Ähnliches. Gleichwohl kommt sie zu dem Ergebnis, dass schon durch die Vielzahl und Intransparenz der meisten Wettbewerbe die Auszeichnungen sich kaum als Kriterium für den Bestandsaufbau eignen.

 

Weiterhin führte die Autorin eine Fragebogenumfrage unter Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, die in Wissenschaftlichen Bibliotheken für die Entwickung des Lyrik-Bestandes zuständig sind, durch. Thema waren die Kriterien für die Auswahl der Medien: Welche werden als wichtig, welche als unwichtig angesehen? Welche werden herangezogen, welche nicht? Die Lyrik-Preise, welche die Autorin des Artikels interessieren, haben kaum einen Einfluss auf die Bestandsentscheidungen. Dies gilt vor allem für solche Preise, die vor der Publikation vergeben werden. Preise, die schon publizierte Lyrik prämieren hingegen werden als Qualitätskriterium herangezogen. Am wichtigsten allerdings ist den Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, dass sie mit den Werken der Autorin, des Autors bekannt sind, dass sie den jeweiligen Verlag vertrauen. Außerdem sind Hinweise aus den Fakultäten und von Kolleginnen und Kollegen ein wichtiges Mittel der Bestandsentwicklung. Gleichwohl schließt Golomb mit der Bemerkung, dass es keine Ersatz gäbe für das Wissen von Spezialistinnen und Spezialisten. Das ist folgerichtig. Allerdings wirft es die Frage auf, wer dieses Spezialwissen hat. Es bedarf offenbar lyrisch interessierter Bibliothekarinnen und Bibliothekare, um einen Bestand Lyrik aufzubauen, der über Anthologien und Werkausgaben der Klassikerinnen und Klassiker hinausgeht. Immerhin wäre dies einmal aufzuschreiben, so wie es in dem Artikel von Golomb getan wurde.

Bestandsaufbau Lyrik, eine Klage

Lyrik ist – zu meinem Leidwesen – allgemein unterrepräsentiert, insbesonders aktuelle, überall. Das schlägt sich leider auch in der Lyrikproduktion selber wieder, die ohne einen breiteren Bezugsrahmen in den letzten Jahren zum Teil erstaunlich schlechte und vor allem unfundierte Werke hervorgebracht hat. Das auf Literaturbühnen Autorinnen sitzen, die ernsthaft sagen: „Ein Programm hab ich nicht, das war einfach nur ein Tag, da bin ich mit meinem Mann in so einem Haus gewesen, dass fand ich halt schön.“ hat ja auch damit zu tun, dass es kaum noch eine Resonanzraum gibt, in dem Lyrik anhand lyrischer Kriterien bewertet und bearbeitet wird. Wie soll man lyrische Programme ausarbeiten, wenn niemand korrespondiert? So aber wird das rein subjektive „das fand ich schön“ schon zum Kriterium, etwas nicht nur zu schreiben, sondern es gar zu veröffentlichen und vorzutragen – allerdings ohne programmatische Aussage, beispielsweise über das Subjektive.
Auch im bibliothekarischen Feld finden sich kaum Diskussionen dazu, ob und wie Lyrik gesammelt und vermittelt werden kann. In den Beständen, zumindest denen, die ich kenne, überwiegen die Klassiker und Klassikerinnen, die man aber leider schon kennt und Anthologien, die nicht immer sinnvoll sind. Doch das ist nicht nur ein Problem der Bibliotheken, auch der Buchhandel scheint kaum noch gewillt, Lyrikproduktionen in das Barsortiment aufzunehmen. Sicherlich gibt es Ausnahmen, Buchhandlungen, die sich durch ein breites Angebot an Lyrik auszeichnen und vor allem kleinen Verlagen eine Chance einräumen. Aber in vielen Buchhandlungen, und da gerade den großen, gibt es noch nicht einmal ein eigenes Regal für Poesie. (Genauso wie es dort keine literarischen Zeitschriften mehr zu erwerben gibt.)
Warum das so ist, habe ich ehrlich gesagt nie so richtig nachvollziehen können. Sicherlich gibt es viele Menschen, die mit Grausen von Gedichtinterpretationen in Deutschunterricht berichten und meinen, danach würde sie keinen Zugang mehr zur Poesie gefunden haben. Mir scheint das ehrlich gesagt ein vorgeschobenes Argument zu sein, zumal viele dieser Menschen ständig Romane lesen, obgleich die Romaninterpretationen im Schulunterricht oft genauso entmotivierend wirken können.
An sich sollte man die Posie als Literaturgattung mehr herausstellen. Sie ist nun mal nicht für Liebesbriefe und Sammlungen „lustiger“ (Anführungsstriche!) Reime geeignet, wie das teilweise unterstellt wird. Vielmehr scheint mir die lyrische Form für Reflexionen der post-modernen Identitätskonstrukte und Lebensweisen weit besser geeignet, als beispielsweise der Roman.
Aber das ist eine Klage, die ich seit Langem führe. Wieso komme ich darauf, sie jetzt nochmal zu formulieren? Im Current Content-Dienst des Journal of Academic Librarianship findet sich gerade ein Artikel zur Frage des Bestandsaufbaus für den Lyrikbereich in akademischen Bibliotheken in den USA. (Golomb, Liorah (2011) / Collecting Poetry for the Academic Library: An Evaluation of Poetry Prizes as Selection Tools. – In: Journal of Academic Librarianship, in Print) Sicherlich: der Text spricht von einer gänzlich anderen Situation der Literaturproduktion. Und zudem nicht von Öffentlichen Bibliotheken, wo man Lyrikbestände viel eher verorten würde. Insoweit ist das alles nur eingeschränkt wahrzunehmen. Dennoch kann auch aus diesem Text einiges gelernt werden.
Die Autorin liefert in der Literaturdiskussion eine Übersicht zu den wenigen Texten, die sich mit dem Bestandsaufbau von Lyrikbeständen befassen. Sie hält fest, dass sich Besprechungen von Lyrik kaum als Auswahlinstrument eignet, einfach weil der überwiegende Teil positiv ist. Dieses über-positive Darstellen von Werken, bei dem jede kleine Kritik schon als Verriss erscheint – dass sich ja nicht nur in englischen Sprachraum oder im Bereich Lyrik zu finden, sondern fast schon zum Merkmal des zeitgenössischen Feuilletons und der Rezensionsrubriken in unterschiedlichsten Zeitschriften geworden –, mache es praktisch unmöglich, diese Besprechungen zur Auswahl von Medien heranzuziehen. Wenn fast alles gut ist und kaum etwas differenziert dargestellt wird, was soll man dann auch für Informationen aus den Besprechungen heraus ziehen? Ins Inhaltsverzeichnis kann man auch so schauen.
Außerdem stellt die Autorin einen Text von Hank Lazar vor, der argumentiert, dass sich Bibliotheken praktisch gegen den Trend größerer Verlage stellen müssten, die Klassikerinnen und Klassiker der Poesie immer wieder neu in Anthologien zu verpacken und praktisch kaum noch neue Poesie zu vertreiben. Stattdessen sollten Bibliotheken eher sich darauf konzentrieren, kleine Verlage und experimentelle Literatur zu erwerben. Das ist – obwohl es im Text von Golomb nicht weiter ausgeführt wird – meines Erachtens eine berechtigte Forderung. Sicherlich sollten alle einmal Brecht und Goll (beide) gelesen haben, sollte jede und jeder einmal die Menschheitsdämmerung und Howl in der Hand gehabt haben, sollte jeder und jede wissen, welches das treffenste Gedicht für das eigene Lebensgefühl ist – aber das alleine ist nicht die Lyrik. Schon gar nicht die des 21. Jahrhunderts. Interessante Literatur, die an der Zeit selber sich anlegt und auf die Verwerfungen des Lebens heute hört, findet sich eher bei kleinen, engagierten Verlagen, in kleinen Pressen, nicht bei den großen. Wenn Bibliotheken als öffentliche Einrichtungen zur Literarisierung der Gesellschaft beitragen wollen, wenn sie die Möglichkeit zur Poeisierung des Alltags aufrecht erhalten wollen, dann ist die Forderung, sie sollten sich nicht nach großen Verlagen richten, sondern nach kleinen Ausschau halten, berechtigt. Zumal der Erwerb von 10 Büchern bei Kleinverlag XYZ mehr ins Gewicht fällt, gar zum Teil das Überleben ermöglicht, als bei Suhrkamp oder Fischer (wobei diese beiden immerhin noch regelmäßig Lyrik bringen). Hier scheinen mir Steuergelder auch als Kulturförderung besser angelegt.
Golomb verweist dann noch auf einen Text, der bespricht, wie man praktisch in den literarischen Untergrund abtauchen und Bestände mit grauer Literatur im Bereich Poesie aufbauen kann. Späterhin sagt sie direkt, dass alles das Arbeit macht. Berechtigt, dieser Einwand wird wohl auch vorgebracht werden, wenn man in Deutschland von den Öffentlichen Bibliotheken eine solche Arbeit verlangen würde. Dennoch! Es ist ein Argument, auf kleine Verlage, auf entlegene Literatur, auf das Experiment, und die Graubereiche zu achten, weil das auch Kultur und Kulturentwicklung fördert.
Golomb geht in ihrem Text weiterhin auf den Wert von Lyrik-Preisen als Auswahlkriterium ein. Das ist dann sehr USA-spezifsch, um es so zu sagen. Ein solches System von Lyrik-Preisen, vergeben von Privatinitiativen und Verlagen, wie von Golomb besprochen, gibt es in Deutschland nicht. Gleichwohl sie darauf verweist, dass diese Preise – bei denen bei Einreichung jeweils eine Gebühr berechnet wird – zu einer Einnahmequelle für einige Verlage geworden ist und auch sonst einiges an ihnen schwierig wäre, zeigt sie auch, dass die Preiskommitees sich darum bemühen, dass die Qualität der Lyrik als Auswahlkriterium herangezogen wird, nicht persönliche Kontakte oder Ähnliches. Gleichwohl kommt sie zu dem Ergebnis, dass schon durch die Vielzahl und Intransparenz der meisten Wettbewerbe die Auszeichnungen sich kaum als Kriterium für den Bestandsaufbau eignen.
Weiterhin führte die Autorin eine Fragebogenumfrage unter Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, die in Wissenschaftlichen Bibliotheken für die Entwickung des Lyrik-Bestandes zuständig sind, durch. Thema waren die Kriterien für die Auswahl der Medien: Welche werden als wichtig, welche als unwichtig angesehen? Welche werden herangezogen, welche nicht? Die Lyrik-Preise, welche die Autorin des Artikels interessieren, haben kaum einen Einfluss auf die Bestandsentscheidungen. Dies gilt vor allem für solche Preise, die vor der Publikation vergeben werden. Preise, die schon publizierte Lyrik prämieren hingegen werden als Qualitätskriterium herangezogen. Am wichtigsten allerdings ist den Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, dass sie mit den Werken der Autorin, des Autors bekannt sind, dass sie den jeweiligen Verlag vertrauen. Außerdem sind Hinweise aus den Fakultäten und von Kolleginnen und Kollegen ein wichtiges Mittel der Bestandsentwicklung. Gleichwohl schließt Golomb mit der Bemerkung, dass es keine Ersatz gäbe für das Wissen von Spezialistinnen und Spezialisten. Das ist folgerichtig. Allerdings wirft es die Frage auf, wer dieses Spezialwissen hat. Es bedarf offenbar lyrisch interessierter Bibliothekarinnen und Bibliothekare, um einen Bestand Lyrik aufzubauen, der über Anthologien und Werkausgaben der Klassikerinnen und Klassiker hinausgeht. Immerhin wäre dies einmal aufzuschreiben, so wie es in dem Artikel von Golomb getan wurde.

Schülerbüchereien in der DDR. Die Artikel aus Der Bibliothekar (Zur Geschichte der Schulbibliotheken, IV)

In den Diskussionen um Schulbibliotheken wird oft der Eindruck erzeugt, als hätte es bislang nur wenige Aktivitäten in diesem Bereich gegeben und als würde, nach einigen Vorarbeiten in den 1970er und 1980er Jahren, heute damit begonnen, Schulbibliotheken zu fordern und aufzubauen. Eventuell ist eine solche Argumentation für die heutige Arbeit notwendig, historisch korrekt ist sie nicht. Interessant ist dabei, dass nicht nur in der BRD, sondern auch in der DDR Schulbibliotheken aufgebaut und betrieben wurden. Es scheint sogar so zu sein, dass diese Förderung in der DDR intensiver betrieben wurde, als in der BRD.

Ob dieser Eindruck richtig ist, müsste eine tiefergehende Archivrecherche zeigen. Außerdem sollte man aufpassen, aus der heutigen Sicht die Entwicklungen in beiden deutschen Staaten zu sehr miteinander vergleichen zu wollen. Nur, weil sie heute einen Staat darstellen, kann man dies nicht in die Vergangenheit zurück projizieren. Lange Zeit galt der jeweils andere deutsche Staat als Feind oder – nach der Entspannung in den 1970er Jahren – zumindest als ein weiterer Staat im Ausland. Zumindest aber lassen sich in der bibliothekarischen Literatur der DDR nicht weniger Texte und Äußerungen zu Schulbibliotheken finden, als in der bibliothekarischen Literatur der BRD. Bislang ist die Literatur der DDR zu diesem Thema allerdings nicht aufgearbeitet worden. In diesem Text soll damit begonnen werden.

Dies ist nicht nur von historischem Interesse: In der DDR wurden im Laufe der Zeit mehrere Modelle von Schulbibliotheksarbeit ausprobiert. Aus diesen Erfahrungen sollte zu lernen sein. Ebenso sollte diese Geschichte einige Hinweise darauf geben, welche Modelle nicht funktioniert haben und vielleicht auch, wieso. Sicherlich: wir leben in anderen Zeiten, die Gesellschaft, das Schul- und das Bibliothekssystem haben sich verändert. Aber man sollte die Beharungstendenzen der beiden betreffenden Systeme nicht unterschätzen. Strukturen, Ideen und Vorstellungen ändern sich nicht so schnell so grundlegend, als das man nicht aus den Erfahrungen aus der DDR lernen könnte. Gleichzeitig ist es aber auch erstaunlich, was im Bereich der Schulbibliotheken in diesem Staat diskutiert und geplant wurde, ohne das davon heute noch etwas bekannt zu sein scheint. Eventuell ist der historische Abstand gegeben – bei aller notwendigen Beachtung des Faktes, dass es sich bei der DDR letztlich um eine Diktatur handelte (wenn sie auch selbstverständlich von weit ehrenvolleren Zielsetzungen ausging, als die nationalsozialistische oder andere, gerade erst beim Stürzen befindliche Diktaturen und trotz aller Menschenrechtsverletzung weit humaner handelte, als andere Diktaturen) – die damals geleistete Arbeit zur Kenntnis zu nehmen.

Es drängt sich aber auch die Frage auf, was eigentlich mit diesen Schulbibliotheken, die es offensichtlich in nicht zu unterschätzender Zahl gab, geschehen ist. Tendenziell wurde das Bibliothekssystem der DDR zurückgebaut, gerade die zahlreichen Ausleihstellen und Zweigbibliotheken wurden geschlossen. Darin enthalten werden auch zahllose Schulbibliotheken gewesen sein. Zugleich wurde zahlreiche eigenständige Kinderbibliotheken in die Öffentlichen Bibliotheken integriert, was ebenso eine Anzahl der Schulbibliotheken betroffen haben wird.

Der Textkorpus und einige Auffälligkeiten

Zusammenfassend besprochen werden hier alle Texte, die in der zentralen Publikation für Öffentliche Bibliotheken in der DDR – terminologisch richtiger „Allgemeinbibliotheken“ – „Der Volksbibliothekar“ (1946/47-1949) beziehungsweise „Der Bibliothekar“ (1950-1990) veröffentlicht wurden. In den letzten drei Monaten wurden dazu die gesamten Ausgaben dieser beiden Zeitschriften durchgeschaut. Selbstverständlich besteht immer noch die Chance, das einzelne Texte oder Textstellen übersehen wurden. Dennoch bietet der Korpus einen ersten Einstieg in das Thema, obgleich die gesamte pädagogische Literatur noch nicht mit einbezogen wurde. Die groben Linien der Diskussionen um Schulbibliotheken in der DDR lassen sich allerdings mithilfe dieser Texte nachzeichnen.

Einige Auffälligkeiten sind zu Beginn festzuhalten:

  • Im Gegensatz zum heutigen Vorgehen in der BuB gab es in Der Volksbibliothekar und Der Bibliothekar keine Schwerpunktausgaben zu Schulbibliotheken. Die Texte erschienen allesamt alleinstehend. Insoweit gab es kaum Querverweise zwischen Ihnen, was bei Schwerpunktausgaben leichter möglich wäre. Allerdings bezogen sich relativ oft Texte über Zitationen aufeinander.
  • Ein sehr großer Teil der Artikel, insbesondere in den ersten Jahrzehnten der DDR, beschäftigt sich mit Schulbibliotheken in „sozialistischen Ausland“, vor allem im der Sowjetunion. Späterhin werden Schulbibliotheken auch im Rahmen der Vorstellung von Bibliothekssystemen in anderen Staaten besprochen. Dies ging offenbar einher mit der Aufgabe, die Der Bibliothekar erteilt wurde, über die Bibliothekssysteme anderer Staaten zu berichten. Die Frage ist allerdings, ob und wenn ja, wie dies auf die Schulbibliotheken in der DDR wirkte.
  • Die intensivsten Diskussionen um Schülerbüchereien fanden in den frühen 1960er Jahren statt. (Das heißt ungefähr zehn Jahre, bevor in der BRD der systematische Ausbau der Schulbibliotheken angestrebt wurde.) Hervorzuheben ist der „Zwickerau Weg“ – die Einrichtung von Zweigstellen durch Kinderbibliotheken in möglichst allen Schulen einer Stadt –, welcher offenbar eine so starke Debatte im Bibliothekswesen auslöste, dass sie sich mehrfach in Artikeln in Der Bibliothekar niederschlug.
  • Die Entwicklungen und Diskussionen zu Schulbibliotheken in der BRD wird nur selten aufgegriffen und dies auch nur, wenn es sich negativ gegen die BRD wenden lässt. Mit dem Ende der 1960er Jahre – also im Gleichklang zur Entspannungspolitik, die 1972 im Anerkennungsvertrag zwischen BRD und DDR kumulierte – endet dies. Die weiteren Entwicklungen in der Schulbibliotheksdiskussion in der BRD werden in Der Bibliothekar nicht besprochen. (Dies gilt allerdings auch in anderer Richtung. In der BuB, den Informationen für den Schulbibliothekar und der schulbibliothek aktuell wird bis zum Ende der DDR auch nicht auf deren Schulbibliotheken eingegangen.)
  • In den ersten beiden Jahrzehnte der DDR finden sich regelmäßig Beiträge zu Schulbibliotheken. Die Zahl nimmt nach den 1970er Jahre ab, rapide fällt sie in den 1980er Jahren, wo solche Texte eine Seltenheit darstellen. Allerdings erscheint in den wenigen Texten die Situation so, als wenn Schulbibliotheken weiterhin einen verbreiteten Bibliothekstyp darstellen.
  • Der Grund für dieses Abnehmen der Texte scheint unter anderem damit tun zu haben, dass Schulbibliotheken immer weniger als eigenständige Einrichtungen wahrgenommen wurden und immer mehr als Ausleihstellen oder Zweigstellen der Öffentlichen Bibliotheken betrieben werden. Man kann daraus nicht schließen, dass die Zahl der Schulbibliotheken abgenommen hätte.

Eine Erweiterung des Korpus kann in mehreren Richtungen geschehen:

  • Einbezug der Texte, die in pädagogischen Publikationen erschienen sind. Es gibt in den bibliothekarischen Texten der DDR nur selten einen Bezug zur pädagogischen Literatur. Allerdings ist auch heutzutage zu beobachten, dass die Texte, die in pädagogischen Zeitschriften zu Schulbibliotheken erscheinen und solche, die in bibliothekarischen erscheinen, kaum Bezug aufeinander nehmen. Insoweit ist zu vermuten, dass eine Anzahl von Texten, die sich eher mit der pädagogischen Nutzung von Schulbibliotheken beschäftigten, in der pädagogischen Literatur zu finden sein wird.
  • Schulgeschichten und behördlichen Unterlagen zu Schulen.
  • Darstellungen der Arbeit von Öffentlichen Bibliotheken. Schon bemerkt wurde, dass eine Anzahl von Schulbibliotheken in der DDR als Ausleihstellen von Öffentliche Bibliotheken betrieben und als solche in der Statistiken aufgeführt wurden. Allerdings betrieben Öffentliche Bibliotheken weit mehr Ausleihestellen – beispielsweise in Ferieneinrichtungen, Jugendeinrichtungen, bibliothekarisch noch nicht erschlossenen neuen Wohngebieten, kleinen Betrieben ohne Gewerkschaftsbibliotheken et cetera – und wiesen diese nicht immer getrennt voneinander in den Bibliotheksstatistiken aus. Allerdings kann vermutet werden, dass in anderen Darstellungen zur Arbeit Öffentlicher Bibliotheken mehr Angaben zur Arbeit der Ausleihstellen in den Schulen enthalten sind.
  • Ausführungsvorschriften der Kultus- und Schulbehörden. Im Korpus finden sich einigen Gesetzestexte und Verweise auf Gesetze, zudem war die Steuerung durch behördliche Anweisungen und Überprüfungen in der DDR die Grundlage der politischen Steuerung der Gesellschaft. Insoweit lassen sich auch in behördlichen Texten weitere Hinweise auf die angedachte und tatsächliche Arbeit von Schulbibliotheken vermuten.

Bei der Auswertung des Korpus ist zudem darauf zu achten, dass die Terminologie – und damit teilweise auch die dahinter stehenden Einrichtungen – nicht vollständig mit der Terminologie, wie sie zeitgleich in der BRD verwendet wurde oder heute verwendet wird, übereinstimmt. Als Gegenstück zu Öffentlichen Bibliotheken / Büchereien gab es – die meiste Zeit der DDR über – die Allgemeinbibliotheken, auch öffentliche Allgemeinbibliotheken genannt sowie die Wissenschaftlichen Allgemeinbibliotheken. Die bibliothekarischen Einrichtungen in den Schulen hießen zumeist Schülerbüchereien und nicht Schulbibliotheken.

Im Weiteren soll der Korpus der Texte vorgestellt werden. Im Anhang findet sich eine Vereinbarung aus dem Jahr 1963, deren Relevanz unter dem bibliographischen Nachweis des Textes 1964 dargestellt ist.

1946-1949: Der Volksbibliothekar

Der Volksbibliothekar war die erste regelmäßige Publikation auf dem Gebiet der späteren DDR, die sich mit der Arbeit der Allgemeinbibliotheken beschäftigte. Auffällig ist, dass das Thema der meisten Texten der Aufbau beziehungsweise Wiederaufbau von Bibliotheken war. Gleichzeitig fanden sich relativ viele Texte, welche das Bibliothekswesen der Sowjetunion als Vorbild darstellen.

Zu beachten ist, dass die DDR bekanntlich 1949 gegründet wurde. Zuvor erschien Der Volksbibliothekar in der Sowjetischen Besatzungszone.

Alliierter Kontrollrat. (1946). Befehl Nr. 4 des Alliierten Kontrollrates: Einziehung nationalsozialistischer und militaristischer Literatur. Der Volksbibliothekar, 1(1), 15.  

Der in der ersten Nummer von Der Volksbibliothekar (und anderswo) veröffentlichte Befehl des gesamten Alliierten Kontrollrates weist unter anderen „Leiter von G y m n a s i e n und höheren oder niederen E l e m e n t a r s c h u l e n“ an, „aus den ihnen unterstellten Büchereien […] nationalsozialistische und militärische Literatur zu entfernen“ (Alliierter Kontrollrat 1946, S. 15) und sie den alliierten Behörden zu übergeben. Insoweit wird vom Vorhandensein von Schulbibliotheken auch in nationalsozialistischen Schulen zumindest ausgegangen.

Snimschtschikowa, G. J. (1946). Das Bibliothekswesen in der Sowjetunion. Der Volksbibliothekar, 1(2), 85-98.  

In diesem Überblickstext zählt G. Snimschtschikowa „Studienbibliotheken, d.h. Bibliotheken der Schulen, technischen und höheren Lehranstalten“ (Snimschtschikowa 1946, S. 91) als eine von vier in der Sowjetunion vorhandenen Bibliothekstypen auf. Weiter geht sie auf diese nicht ein, betont aber mehrfach, dass die Bibliotheken in der Sowjetunion allesamt Teil eines ineinander verzahnten Systems seien.

Wichtig ist festzuhalten, dass es sich bei diesem Text um den ersten Überblick zum sowjetischen Bibliothekswesen handelt, der in Der Volksbibliothekar publiziert wurde. Obgleich dessen reale Wirkung nicht bekannt ist, kann doch postuliert werden, dass er einen explizit programmatischen Charakter haben sollte.

1950-1954

Ab 1950 erscheint anstatt Der Volksbibliothekar in fortgesetzter Zählung, mit neuen Layout und leicht veränderter Zielsetzung – mehr Diskussionen und Beiträge aus der Praxis – Der Bibliothekar.

Makarow, M. (1950). In einer sowjetischen Schulbibliothek. Der Bibliothekar, 4(1), 13-14.  

Sehr kurz wird die angeblich prototypische Arbeit einer namenlosen Bibliothekarin in einer sowjetischen Schulbibliotheken (in der 6. Jungenschule in Kalinin, heute Tver, Russland) dargestellt. Der Text beginnt mit der Darstellung einer Pause, in welcher „Kinder in den großen, hellen, freundlichen Raum [eintreten]“ (Makarow 1950, S. 13) und Ausleihgespräche führen. Anschließend wird aufgezählt, dass die Bibliothekarin Empfehlungslisten und Arbeitsempfehlungen für die Schulklassen angefertigt habe, der Bestand der Bibliothek auch Zeitungen und Zeitschriften enthält die – was in deutschen Schulen tatsächlich nicht selbstverständlich war – Schülern und Lehrer […] zur Verfügung stehen.“ (Makarow 1950, S. 13) Zudem wird die Zusammenstellung einer Buchausstellung angesprochen, darauf hingewiesen, dass die Bibliothekarin über den Unterricht informiert sei und den Bestand entsprechend dieses Unterrichts und von Prüfungszeiten organisiert. Es werden Elterngespräche durch die Bibliothekarin angeführt, zudem auf die Hilfe von Schülerinnen und Schülern verwiesen. Abgeschlossen wird der Artikel mit einem Verweis auf das Erstellen von Ausleihstatistiken und das Besuchen von „lehrmethodischen Beratungen der Bibliothekare und Lehrer“ (Makarow 1950, S. 14) sowie einem Hinweis auf die Notwendigkeit einer eigenständigen Weiterbildung der Bibliothekarin.

Der sehr kurze Text schafft es, die in einer sowjetischen Schule verlangte Arbeit von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren idealtypisch darzustellen, wobei auf die ideologische Grundlage kaum, auf die gewiss auftretenden realen Probleme bei der Umsetzung des Ideals überhaupt nicht eingegangen wird.

Im Text wird interessanterweise das Buch „Was Lenin über die Bibliotheken geschrieben und gesagt hat“ erwähnt, allerdings ohne den Namen der Herausgeberin – Nadeshda Krupskaja – zu erwähnen. Dieses Buch wurde in der DDR – und damit das erste Mal in deutsch – erst 1956 unter dem Titel „Was Lenin über Bibliotheken schrieb und sagte“ veröffentlicht.

Rittinghaus, J. (1950). Zur Frage der Schüler- und Pionierbibliotheken. Der Bibliothekar, 4(5), 278-280.  

Im ersten Jugendgesetz der DDR wurde die Förderung von Schülerbüchereien explizit festgeschrieben. Johanna Rittinghaus nahm dies zum Anlass, um Grundmerkmale von Schülerbüchereien darzustellen. Dabei trifft sie – allerdings jeweils kaum begründet – Aussagen, die aus der heutigen Sicht auf Schulbibliotheken erstaunen.

Anfangs postuliert sie, dass die Schülerbüchereien zumeist so schlecht seien, dass sie von Grunde neu aufgebaut werden müssen. Zudem sieht sie diese Büchereien als besonders sinnvoll an, weil die Erziehung erwachsener Menschen weit schwieriger wäre, als die von Kindern und Jugendlichen und deshalb möglichst früh angesetzt werden müsste.

„Die Schülerbücherei kann ihrem ganzen Charakter nach unabhängig neben der Jugendabteilung der örtlichen öffentlichen Bücherei oder der örtlichen Jugendbücherei stehen. Sie hat den großen Vorteil […], sich in unmittelbarer Nähe ihrer Leser zu befinden.“ (Rittinghaus 1950, 278) Rittinghaus stellt die Schülerbücherei als eigenständigen Bibliothekstyp dar. Die Aufgabe dieser Einrichtung definiert sie wie folgt: „Grundsätzlich muß festgestellt werden, daß die Schülerbücherei ihrer Funktion nach eine reine ‚Bildungsbücherei‘ sein und bleiben muß. Sie darf nicht unmittelbar unterrichtlichen Zwecken dienen. Die sogenannten Klassenlesestoffe z. B. müssen von der Schülerbücherei völlig getrennt behandelt werden. Das Kind muß in der Wahl seiner Lektüre frei sein, die Ausleihe muß ohne spürbare pädagogische Beaufsichtigung vor sich gehen.“ (Rittinghaus 1950, S. 278) Dieser Auffassung stehen heute Vorstellungen gegenüber, welche Schulbibliotheken explizit im Unterricht verankern möchten. Auch in der DDR wurden explizit Vorstellungen vertreten, die Schülerbüchereien in den Unterricht oder der Leseerziehung von Kindern und Jugendlichen einsetzen wollten.

Pionierbibliotheken, welche in den Pionierhäusern eingerichtet werden sollten, stellt die Autorin den Schülerbüchereien prinzipiell gleich. Weiterhin betont sie, dass solche Bibliotheken planmäßig aufzubauen seien und deshalb in naher Zukunft Empfehlungslisten verteilt werden sollten. Als Untergrenze verlangt Rittinghaus zwei Bände pro Schülerin / Schüler, mindestens aber 200 Bände, zudem 0,70 DM pro Schülerin / Schüler im Jahr für die Ersetzung von verschlissenen Werken. Des Weiteren kündigt sie an, dass die Vereinheitlichung der Verwaltungstechnik für Schüler- und Pionierbüchereien bevorstehen würde und schlägt eine einfache Systematik mit neun Bestandsgruppen vor. Die weiteren Hinweise des Textes – Verwaltung der Büchereien an die Schülerinnen/Schüler übergeben, Zugangsbuch, Buchkarten, Lesekarten und Zettelkartei anlegen – sollen als Vorarbeit auf Richtlinien verstanden werden, welche ebenso demnächst erscheinen würden.

Korn, I. (1951). Die Mithilfe der Bibliothekare beim Neuaufbau der Schülerbibliotheken. Der Bibliothekar, 5(1/2), 83-85.

Im Zuge der Förderung von Schülerbüchereien im Rahmen des ersten Jugendgesetzes der DDR wurde an alle Schulen 40 Bücher für deren Büchereien verschickt. Ilse Korn geht aus diesem Anlass auf die Frage ein, wie und warum Allgemeinbibliotheken die Schülerbüchereien unterstützen sollten. Offenbar sah sie es als notwendig an, für eine solche Arbeit zu werben: „Wir wissen alle, daß die Bibliothekare durch den großen Personalmangel sehr stark mit Arbeit überlastet sind. Aber hier, beim Aufbau unserer Schülerbibliotheken, geht es um eine vordringliche Aufgabe, um die fortschrittliche Entwicklung unserer Kinder. […] Bibliotheken lassen sich aber nur ordnungsmäßig aufbauen, wenn eine fachliche Anleitung und Beratung gegeben wird. Unsere Schüler, die daran mitarbeiten sollen, sind unerfahren, und diese Aufgabe den Lehrern zu überlassen, wäre falsch, denn auch sie sind keine Bibliothekare und müssen in diesen Fragen bibliothekarisch beraten werden.“ (Korn 1951, 83) [Letzteres wird auch heute in bibliothekarischen Kreisen als Position vertreten.]

Anschließend formuliert Korn Erwartungen an Bibliothekarinnen / Bibliothekare: Kontaktaufnahme zu den Schulen, Kontrolle der Bibliotheken, Hilfe bei der Reorganisation, Anleitung der Schülerinnen / Schüler bei Verwaltungsarbeiten, der Buchpflege und Katalogisierung, Unterstützung bei der Gründung von Lesezirkeln.

Anschließend gibt Korn Einblicke in die weitergehenden Planungen zum Bibliothekssystem in der DDR: „Die Schülerbibliotheken bilden, wie alle anderen Bibliotheksarten, einen Bestandteil des einheitlichen Bibliothekswesens, das in seiner Gesamtheit nicht nur ausgebaut, sondern auch in zunehmenden Maße einheitlich gelenkt werden muß […].“ (Korn 1951, S. 84) Sie berichtet davon, dass mit den Buchlieferungen auch „Richtlinien und Arbeitsanweisungen zur Verwaltung der Schülerbibliotheken“ verschickt wurden. [Von diesen habe ich bislang leider kein Exemplar recherchieren können.] Zudem sei bei der „Abteilung Bibliotheken des Ministeriums für Volksbildung“ 1951 ein Referat „Kinderbibliotheken“ eingerichtet worden, welches auch für die Schülerbüchereien zuständig wäre und dafür Sorge tragen würde, dass „regelmäßige Vorschlagslisten der empfehlenswerten Jugend- und Kinderliteratur und Buchbesprechungslisten veröffentlicht werden, um allen Kinderbibliotheken bei der Buchbeschaffung und der Ausleihberatung zu helfen.“ (Korn 1951, S. 85)

Diese Planungen gehen einher mit den Bestrebungen, tatsächlich alle Formen von Bibliotheken zu einem einheitlich geplanten und gelenkten Bibliothekssystem zusammenzufassen.

Anonym. (1951). Die Schulbibliothek im neuen Polen. Der Bibliothekar, 5(4), 214-217.

Diese Darstellung polnischer Schulbibliotheken berichtet hauptsächlich über den Aufbau dergleichen in den zurückliegenden Jahren. Schulbüchereien werden als eigenständiger, allerdings wichtiger Bibliothekstyp angesehen: „In der Verordnung vom 17. April 1946 wird den Schulbüchereien unter den wissenschaftlichen und öffentlichen Büchereien die erste Stelle eingeräumt.“ (Anonym 1951, S. 214) 65 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Polen würden aktiv Schulbüchereien nutzen.

Die Bedeutung der Büchereien läge darin, dass sie schulische Arbeit unterstützen und zudem die Schülerinnen / Schüler sozialistisch erziehen würden: „Das Lesen guter Bücher unterstützt den Schüler beim Erwerb einer sozialistischen Moral, es prägt das richtige Verhältnis zur Arbeit aus, erzieht zum Patriotismus und Internationalismus, was sich in einem Gefühl des Stolzes und der Verbundenheit mit den demokratischen kulturellen Tradition der Vergangenheit des Volkes äußert, es hämmert der Jugend eine neue Erkenntnis des Eigentums ein […], es mobilisiert die Jugend zur Beteiligung am sich vollziehenden Umbauprozeß und verweist auf die konkreten Pflichten je nach seiner Möglichkeit.“ (Anonym 1951, S. 214f.)

Perspektivisch würde in Polen angestrebt, jede Schule mit einer Bücherei auszustatten, die aktiv genutzt wird. 1955 sollen alle Grundschulbibliotheken [der Text wechselt beständig die Terminologie] drei Bände pro Schülerin / Schüler anbieten. Weiterhin wird auf den Bestandsaufbau in den Schulbüchereien in Polen eingegangen, welcher sich an den Aufgaben der Schulen zu orientieren habe. Zur Größenordnung liefert der anonyme Autor / die anonyme Autorin – der oder die höchstwahrscheinlich für das polnische Ministerium für Volksbildung spricht – folgende Übersicht (Anonym 1951, S. 217):

Jahr Bibliotheken Bände

1945/46 13 605 1 800 000

1946/47 18 603 3 067 000

1947/48 20 600 4 500 000

Rittinghaus, J. (1951). Zur Lage der Dorfbibliotheken. Der Bibliothekar, 5, 347-349.

In diesem Text wird erwähnt, dass die Bibliothek auf dem Dorf oft räumlich in der Schule untergebracht sei, was allerdings „keineswegs eine Ideallösung“ (Rittinghaus 1951, S. 347) darstellen würde. Vielmehr hätten Schul- und Dorfbibliotheken unterschiedliche Aufgaben.

Ulrich, A. (1952). Entwicklung und Struktur der öffentlichen Bibliotheken in Polen. Der Bibliothekar, 6, 309-325.

In diesem Artikel wird das gesamte Bibliothekswesen in Polen – dass als gemeinsam gelenktes und ineinander verzahntes System begriffen wurde – vorgestellt. Der Abschnitt zu Schulbibliotheken (S. 216-218) stellt eine Fortschreibung des Textes aus dem Vorjahr (Anonym 1951) dar. Die Tabelle über die Anzahl der Bibliotheken und Größe der Bestände wird wie folgt weitergeführt (nach: Ulrich 1952, S. 217):

Jahr Zahl der Bibliotheken Bestand

1949 25 470 7,5 Millionen Bände

1952 31 200 17,0 Millionen Bände

Wolf, W. (1953). Wir sahen Bibliotheken an sowjetischen Schulen. Der Bibliothekar, 7, 381-382.  

In diesem Text stellt der Autor zu Beginn Schulbibliotheken an Sowjetischen Schulen vor, die allesamt gut ausgestattet, genutzt und von ausgebildeten Bibliothekarinnen / Bibliothekaren betrieben werden. „Bei einem Rundgang durch die 171. Leningrader Mädchenschule kamen wir auch in die Bibliothek. Die Direktorin sagte uns: ‚Wir sind eine neue Schule, wir bestehen erst seit zwei Jahren, demzufolge ist unsere Bibliothek noch klein; sie umfaßt erst 6000 Bände. Deshalb haben wir bisher nur eine Bibliothekarin. Unsere Bibliothek wird aber wachsen.’“ (Wolf 1951, S. 381)

Anschließend versucht der Autor Schlussfolgerungen für die Schulen in der DDR zu ziehen. „Die Sowjetunion ist ein reiches Land, deshalb sind die Bibliotheken größer als unsere Schulbibliotheken, deshalb stehen besonders besoldete Kräfte mit einer hochqualifizierten Ausbildung zur Verfügung. Trotzdem glaube ich, wir haben noch längst nicht alle Möglichkeiten in der Arbeit unserer Schülerbüchereien oder Schulbibliotheken ausgenutzt.“ (Wolf 1951, S. 382) Eine Schulbibliotheken habe sich ihrer Aufgabe bewusst zu sein, die Lektüre der Schülerinnen / Schüler zu steuern, sie müsse als Einrichtung sinnvoll geplant und geleitet werden, die Selbstverantwortung der Schülerinnen / Schüler bei der Benutzung der Bibliothek müsse gefördert und die Schulbibliothek in den Unterricht integriert sein.

Rössler, L. (1953). Bibliothek und Schule auf dem Lande. Der Bibliothekar, 7, 540-541.

Ein Diskussionsbeitrag. Lothar Rössler fand es notwendig, gegen Vorschläge zu argumentieren, im ländlichen Raum die Schulbibliotheken den Dorfbibliotheken anzugliedern. Seiner Meinung nach würde diese Position vertreten, weil die Bibliotheken in Dorfschulen zumeist sehr geringe Bestände hätten. Er argumentiert – mit Verweis auf den Text von Walther Wolf (Wolf 1953) –, dass die Bedeutung von Schulbibliotheken in naher Zukunft zunehmen würde und fordert stattdessen, diese Bibliotheken zum Zentrum des bibliothekarischen Interesses der Schülerinnen und Schüler zu machen: „Auf dem Lande eine Bibliothek für Kinder, die Schülerbibliothek!“ (Rössler 1953, S. 541)

Franke, G., & Walther, G. (1954). Eine Kinderbibliothek auf neuen Wegen. Der Bibliothekar, 8, 56-58.

Der Text beschreibt die Arbeit einer Kinderbibliothek der Stadtbücherei in Karl-Marx-Stadt, die in einer Schule als Schulbibliothek untergebracht ist und intensiv genutzt wird. Es wird sehr detailliert auf die konkrete Arbeit der Bibliothek eingegangen, inklusive der Öffnungszeiten, der Organisation der Ausleihe et cetera. Die Bibliothek wird von einer hauptamtlichen Bibliothekarin betrieben – ob sie gleichzeitig für die Öffentlichkeit offen steht, ist nicht ersichtlich – und in die Schule über eine enge Zusammenarbeit mit den anderen Gruppen integriert: „Vorbildlich ist die Zusammenarbeit zwischen Schulleitung, Lehrerkollektiv, Pionierleitung, dem Sekretär der Betriebsgruppe der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und der Bibliothek.“ (Franke & Walther 1954, S. 56)

Außer einem anfänglich zu kleinen Bestand wird erstaunlicherweise über keine Probleme berichtet.

Boden, H. (1954). Gesetze, Verordnungen, Richtlinien und Anweisungen der Deutschen Demokratischen Republik, das Bibliothekswesen betreffend: Eine Auswahl. Der Bibliothekar, 8, 499-514.  

In dieser Übersicht werden drei Verordnungen angeführt, die sich auf Schülerbibliothek beziehen: (1) Richtlinie für den Aufbau und die Verwaltung von Schülerbibliotheken in den Betriebsberufsschulen und Berufsschulen. Vom 6. September 1952. (2) Ministerium für Volksbildung. Anweisung Nr. 109 (Schülerbüchereien für allgemeinbildende Schulen.) Vom 15. Mai 1951. (3) Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeit der Schülerbibliotheken. Vom 22. September 1952.

1955-1959

Redaktion. (1956). Was steht in westdeutschen Schulbibliotheken? Der Bibliothekar, 10(9), 533-534.

Aus der Zeitschrift „Kultur“ (München) wird ein Artikel referiert, welcher darüber berichtet, dass in einer Anzahl der Schulbibliotheken in der BRD kaum moderne und / oder emanzipatorische Literatur enthalten sei.

Uhlig, E. (1957). Zur Frage der Schüler- und Kinderbibliotheken. Der Bibliothekar, 11(4), 433-434.

Diskussionsbeitrag zu der Frage, ob und wie Allgemeinbibliotheken die Schülerbüchereien unterstützen sollen. Die Autorin argumentiert, dass bisherige Versuche in der DDR, diese Arbeit anzustoßen, größtenteils nicht zum Erfolg geführt haben, sondern dass vielmehr in weiten Bereichen die Arbeit der Kinderbibliotheken nicht wahrgenommen würde. Weiterhin argumentiert die Uhlig, dass die Kinderbibliotheken nur dort, wo sie es leisten können, auch eine Unterstützung für Schulbüchereien leisten sollten und hingegen Schulen selber mit guten Schülerbüchereien die bibliothekarische Arbeit unterstützen können.

Irrek, M. (1958). Ein gelungener Versuch. Der Bibliothekar, 12, 304.  

Die Autorin berichtet aus Woltersdorf (Kreis Luckenwalde, heute Teil der Gemeinde Nuthe-Urstromtal, Brandenburg), dass eine Gemeinde- und eine Schulbibliothek nebeneinander bestehen, aber von der gleichen Leiterin geführt werden. Diese Bibliotheken organisierten zusammen mit der örtlichen Schule spezifisch ausgewählte Blockbestände als Klassenbibliotheken, wobei das Projekt als erfolgreich beschrieben wird.

Römpler, U. (1958). Zu einigen Fragen unseres Kinderbibliothekswesens. Der Bibliothekar, 4, 347-350.

Diskutiert wird vor allem die Frage, wie und wofür eine Kinderbibliothek arbeiten sollte. Schülerbüchereien werden kurz angesprochen, weil es eine Diskussion darüber gibt, wie sich diese zu den Kinderbibliotheken verhalten. Es wird nicht klar, welche Position die Autorin selber einnimmt.

Anonym. (1958). Schulbibliothekare an allen Schulen mit mehr als 450 Schülern. Der Bibliothekar, 12(9), 999.

Bericht darüber, dass in Polen die Personalfunktion „Schulbiliothekar“ geschaffen wurde, die in einem sechswöchigen Kurs ausgebildet beziehungsweise weitergebildet werden und in Schulen mit über 450 Schülerinnen / Schüler eingesetzt werden. Geplant ist, in Zukunft auch Schulen mit 300-450 Schülerinnen / Schüler mit diesem Personal auszustatten.

Anonym. (1958). Schülerbücherei und sozialistische Erziehung. Der Bibliothekar, 12(11), 1222.  

Hinweis auf die Zeitschrift „Neue Jugendschriften-Warte“ (Zentralvorstand der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung), in welcher eine Diskussion um Schülerbüchereien begonnen worden sei.

Becker, W. (1959). Schule, Bibliothek und außerschulische Erziehung. Der Bibliothekar, 13(6), 659-662.

Berichtet über eine Kinderbibliothek, die – in der moderneren Terminologie – offenbar als „integrierte Schulbibliothek“ (das heißt geöffnet für die Allgemeinheit, aber auch als Schulbibliothek genutzt) betrieben wird. Die Bibliothek befindet sich, zusammen mit anderen Nicht-Unterrichtsräumen der Schule, in einem gesonderten Block der Pestalozzi-Mittelschule in Berlin-Hohenschönhausen. Der Bericht beschreibt die Arbeit der Bibliothek mit der Schule – inklusive Einführungsveranstaltung, Bestands- und Veranstaltungsarbeit – als erfolgreich.

Otto, M. (1959). Bibliotheksarbeit in der Schule. Der Bibliothekar, 13(12), 1318-1319.

Die Autorin bezieht sich auf den Text von Becker (1959) und beschreibt die Arbeit einer in Karl-Marx-Stadt agierenden Schulbibliothek, die von der dortigen Stadtbibliothek betrieben wird. Obgleich sie diese Institution als erfolgreich beschreibt – inklusive eines nicht weiter beschriebenen „Bibliotheksunterrichts“ –, weist sie auf einige Probleme hin. So gäbe es nach einer gewissen Zeit einen Rückgang der Leserinnen / Leser, weil „der Reiz des Neuen“ verflogen sei, aber auch, weil die Bestände „durchgelesen“ seien. Gleichzeitig müsse darauf geachtet werden, dass die zusätzliche Arbeit nicht auf Kosten der bibliothekarischen Arbeit gehen würde. Die Autorin berichtet, dass in Karl-Marx-Stadt die Bibliothekarin anfangs in der Schule für fast alle außer-unterrichtlichen Aufgaben herangezogen wurde, was sich negativ auf die Qualität der Bibliothek ausgewirkt hätte.

Als neue Problematik bezeichnet die Autorin die Umstellung auf den polytechnischen Unterricht. Dies müsse sich auch im Bestand niederschlagen. Insoweit könnte die Schülerbücherei keine Kinderbibliothek sein.

1960-1964: „Zwickauer Weg“, Zweigstellen und Vereinbarung zwischen Volksbildungs- und Kultusministerium

In den ersten Jahren der 1960er Jahre ist eine Steigerung der Diskussionen um Schülerbüchereien zu verzeichnen. Nicht nur erscheint in diesen Jahren ein eigenständiges Buch zu Schülerbüchereien [Sallmon, H. (1962). Aufgaben der Schülerbüchereien an den zehnklassigen Oberschulen. Schriftenreihe Außerunterrichtliche Bildung und Erziehung. Berlin: Volk und Wissen.], es wird auch eine Diskussion um den sogenannten „Zwickauer Weg“ geführt, die sich in Der Bibliothekar niederschlägt. In Zwickau hatte die Kinderbibliothek in allen Schulen der Stadt Zweigstellen eingerichtet, die sie zum Teil anleitete, zum Teil selber führte. Hierfür mussten zum Teil bestehende Schülerbüchereien übernommen, zum Teil neue aufgebaut werden. Die Bibliothekarinnen / Bibliothekare in Zwickau sahen dieses Vorgehen als erfolgreich an. Es wurde offenbar – trotz einigen kritischen Erfahrungen – auch in anderen Städten diskutiert und umgesetzt. Die Frage, ob Zweigstelle von Kinderbibliotheken oder eigenständige Schülerbüchereien bessere Lösungen darstellen würden, wird auch in den Folgejahren noch diskutiert. Interessant ist, dass es dieses Modell, sogar mit einem eigenen Namen, offenbar in den 1960er Jahren in der DDR gab.

Weiterhin besonders zu erwähnen ist die Vereinbarung zwischen dem Kultus- und dem Volksbildungs-Ministerium im Bezug auf Schülerbüchereien. Diese legte fest, dass Bibliotheken und Schulen gemeinsam beim Betreiben von Schülerbüchereien Verantwortung tragen sollten und das gleichzeitig die Arbeit von Schülerbüchereien gefördert werden sollte. Diese Vereinbarung ist im Zusammenhang mit den Diskussionen um den „Zwickauer Weg“ zu sehen. Es ist aber auch auffällig, dass sie nur einige Zeit nach dem Mauerbau – und damit auch einer Phase der versuchten Neuorientierung in der DDR – getroffen wurde. Sie ist zum Teil von der Idee geleitet, schon vorhandene Arbeit festzuschreiben und organisatorisch aus einem Stadium der Beliebigkeit in ein nächstes Stadium – wohl als Professionalisierung zu beschreiben – überzugehen. Der Text dieser Vereinbarung ist im Anhang dokumentiert.

HgM. (1960). Kinderbuch und Schule. Der Bibliothekar, 14(12), 1328.

Bericht über eine „Zusammenkunft am 4. November im Berlin Klub der Kulturschaffenden“ (HgM. 1960, 1328) auf der festgestellt wurde, dass in der Schule beziehungsweise bei den Lehrkräften zu wenig über die aktuelle Kinderliteratur bekannt sei. Allerdings könnten die Schülerbüchereien nicht das gesamte Angebot dieser Literatur bereithalten, vielmehr wäre dies die Aufgabe der Kinderbibliotheken.

Krüger, H. (1962). Erlebnisse in Moskau: Eindrücke von der Woche des Kinderbuches in der sowjetischen Hauptstadt. Der Bibliothekar, 16(7), 699-707.

Hanna Krüger berichtet über einen Besuch in Moskau, inklusive des Buches mehrerer Bibliotheken. Hierzu zählte auch eine Schulbibliothek, in der 330. Schule im Bauman-Bezirk, Moskau. Über diese Schule – inklusive der helfenden Schülerinnen / Schüler, eines Bestandes für den Englisch-Unterricht und einem Album, in welchem zu Lenins Geburtstag als Auszeichnung literarische Arbeiten der Schülerinnen / Schüler aufgenommen werden – wird berichtet. Zudem wird herausgestellt, dass die Schulbibliothek, im Gegensatz zu Öffentlichen Bibliothek – zu denen es kein Konkurrenzverhältnis gäbe – auf die Schule und die Unterstützung der Schule bei deren Aufgaben begrenzt sei. Fernerhin wird eine alle zwei Monate stattfindende Weiterbildung der Schulbibliothekarinnen / Schulbibliothekare erwähnt.

Dressler, I. (1962). Die Zweigstelle der Kinderbibliothek in der Tagesschule. Der Bibliothekar, 16(8), 805-814.

Die Autorin [Mitarbeiterin der Zentralstelle für Bibliothekswesen und dort bis zur Verrentung 1989 für bibliothekarische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, damit auch für Schulbibliotheken, zuständig] konstatiert, dass mit der Einführung der Tagesschulen – das heißt der Ganztagsschulbetreuung – die Aufgaben der Bibliotheken in Schulen zunehmen würden. In diesem Rahmen stellt sie Thesen zur Arbeit von Zweigstellen, die von Allgemeinbibliotheken in Schulen betrieben werden, vor. Das es auch andere Schülerbüchereien gibt, wird erwähnt. Festgehalten wird zudem, dass es sehr unterschiedliche Lösungen für diese Zweigstellen gibt. Welche Form die beste sei oder ob beispielsweise von den Schulen betriebene Einrichtungen sinnvoller sind, müsse jeweils vor Ort entschieden werden.

Die Thesen zu den Zweigstellen befassen sich mit der Leitung („[…] muß von einem ausgebildeten Bibliothekar betreut werden.“ (Dressler 1963, 807)), dem Raum (ein Quadratmeter pro 40 Bände), dem Bestandsaufbau (muss sich an Kinderbibliotheken orientieren, gleichzeitig die Aufgaben der Schulen unterstützen), der Bestandserschließung, der Bestandsvermittlung, der Bibliothekswerbung (die Pionierorganisation muss einbezogen werden), den helfenden Schülerinnen / Schülern, der Zusammenarbeit mit Eltern, Lehrkräften und der Pionierorganisation.

Der gesamte Text zeigt, wie sehr versucht wurde, die Bibliotheken – bei der Akzeptanz unterschiedlicher Lösungen – als Teil eines einheitlichen Bibliothekssystems zu konzipieren, für die unter anderem die gleichen Grundregeln gelten würden.

Oswald, H. (1962). Der „Zwickauer Weg“. Der Bibliothekar, 16(10), 1080-1084.

Der im Text vorgestellte „Zwickauer Weg“ meint von den Kinderbibliotheken betriebene Zweigstellen in Schulen. In Zwickau wurde dies als stadtweites Netz – dem 1958 alle Schulen bis auf die Sonderschulen und zwei der zentralen Kinderbibliothek naheliegenden Schulen nicht angeschlossen waren – konzeptionell entworfen und umgesetzt. Die Autorin berichtet über diese Arbeit. Sie betont, dass die Übernahme schon bestehender Schülerbücherei zum Teil von den Schulen nicht gewünscht war. Nachdem dies offenbar dennoch möglich wurde, reorganisierte die Kinderbibliothek die Schülerbüchereien zu Zweigstellen um, die zum Teil von Bibliothekaren / Bibliothekarinnen, zum Teil von Helferinnen / Helfern geführt wurden. Die buchtechnischen Aufgaben werden allerdings in der Kinderbibliothek erledigt.

In den Zweigstellen seien die Werbung neuer Leserinnen / Leser sowie die „Propagierung des Buchbestandes“ (Oswald 1962, S. 1081) die wesentlichen Aufgaben. Alle zwei Monate findet ein Treffen der Leiterinnen / Leiter der Zweigstellen statt, welches offenbar zur gegenseitigen Weiterbildung genutzt wird. Es wird von einem Plan berichtet, „eine systematische, planmäßige Zusammenarbeit mit den Lehrern und Erziehern, eine regelmäßige Einflußnahme auf Teilnehmer von Weiterbildungslehrgängen, von Zusammenkünften der Fachlehrer usw. zu erreichen.“ (Oswald 1962, S. 1081f.)

Allerdings beklagt die Autorin, dass die Lehrerinnen / Lehrer, trotz einigen Ausnahmen, prinzipiell nicht besonders durch die Zweigstellen beeinflusst wurden. Sie würden „die Kinderliteratur und ihre erzieherische Bedeutung noch immer unterschätz[en].“ (Oswald 1962, S. 1082) Das gleiche gälte für die Zusammenarbeit mit der Pionierorganisation.

Weichelt, E. (1963). Noch einmal „Zwickauer Weg“. Der Bibliothekar, 17(5), 539-540.  

Eva Weichelt berichtet über die Zweigstellen der Kinderbibliothek in Hoyerswerda. Sie stellt fest, dass einige der Schülerbüchereien, welche die Bibliothek aufgebaut hatte, in den Schulen kaum genutzt würden und eine Auswirkung auf den Unterricht kaum nachzuweisen sei. Sie schlägt vor, dass pro Schule ein Lehrer / eine Lehrerin die Aufgabe erhalten sollte, die Verbindung zwischen Schulen und Kinderbibliothek aufrecht zu erhalten. Auf diese Weise sei es möglich, die Schulen beispielsweise regelmäßig über Neuerscheinungen zu unterrichten.

Rentzsch, E. (1963). [Rezension] Sallmon, Heinz: Aufgaben der Schülerbücherei an den zehnklassigen Oberschulen. Der Bibliothekar, 17(7), 743-747.

Die Rezension ist zu großen Teilen eine Nacherzählung des Werkes von Sallmon, ohne eigenständige Beiträge der Rezensentin. Es wird am Ende bemerkt, dass eine Übersicht zu den Verordnungen, welche Schülerbüchereien betreffen, fehlen würde. Ansonsten wird die Rezension mit der Bemerkung abgeschlossen, dass die bei Sallmon aufgeworfenen Fragen eine Diskussion entfachen sollten.

Dressler, I. (1963). Gedanken zur Arbeit mit dem Kinder- und Jugendbuch in der Tageserziehung. Der Bibliothekar, 17(8), 821-831.

Die Autorin bespricht – im Anschluss an ihren Text aus dem vorhergehenden Jahr (Dressler 1962) – die Aufgaben, die sich ihrer Einschätzung nach für die Bibliotheken mit dem Ausbau der Ganztagsschulbetreuung ergäben. Sie geht dabei davon aus, dass diese Erziehungsform zukünftig die Schulen dominieren wird, diese Situation würde auch für die Kinder- und Jugendbibliotheken zu Aufgabenveränderungen führen. Als zwei Möglichkeiten, diesen Veränderungen gerecht zu werden, wird der „Ausbau der Schülerbücherei und Ergänzung durch Leihsendungen“ (Dressler 1963, S. 826) und die Verlegung von Zweigstellen in die Schulen besprochen. Im Bezug auf die Schülerbüchereien wird vor allem über die Organisation von Leihsendungen berichtet. Nach Angaben der Autorin „erhält etwa jede 3. der zur Zeit bestehenden Tagesschulen Literatur durch Leihsendungen aus der allgemeinen öffentlichen Bibliothek.“ (Dressler 1963, S. 828)

Über die Zweigstellen berichtet die Autorin, dass bislang gute Erfahrungen vorliegen würden. Dabei verweist sie unter anderem auf die Tagesschule in Schwerin. Ein Vorteil dieser Zweigstellen, im Gegensatz zu Zweigstellen in anderen Schulen, sei, dass sie durch die Ganztagesbetreuung – also den Schulhort – die Möglichkeit hätten, die Kinder und Jugendlichen auch nach dem Unterricht zur Verfügung zu stehen. Allerdings postuliert sie, dass diese Zweigstellen aufgrund der zu erwartenden Anzahl der Ganztagsschulen, nicht die einzige Lösung für die bibliothekarische Arbeit darstellen könnten. Insbesondere die zu erwartende „Zersplitterung der Bestände und der Arbeitskräfte“ (Dressler 1963, S. 829) beschreibt die Autorin als Gefahr.

[Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1963). Verzeichnis der Buchtitel für den Bestandsaufbau der Schülerbücherei. Der Bibliothekar, 17(12), 1324-1326.  

Erstes Verzeichnis dieser Art, welches in Der Bibliothekar veröffentlicht wurde. [Längere Fassungen, inklusive bibliographischer Angaben – bei denen in Der Bibliothekar abgedruckten wurde nur Autorin / Autor und Titel genannt, teilweise nur der Titel – wurden auf anderem Wege verbreitet. Teilweise gab es dieser Listen schon in den Jahren zuvor. Siehe zum Beispiel: Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur Dresden. (1956). Empfehlungen zur Verbesserung der Arbeit der Schülerbüchereien in den Grund- und Mittelschulen. Manuskriptdruck, Dresden.] Weitere folgten in den Folgejahren. Die Liste enthält, nach Schulklassen differenziert, 101 Titel, die in den Schuljahren 1962/63 und 1963/64 in den Schülerbüchereien angeschafft werden sollen. In der Liste finden sich sowohl Erzählungen und Romane als auch, gemäß der polytechnischen Ausrichtung der Schulen, Einführungswerke in naturwissenschaftliche Themen.

Ministerium für Volksbildung & Ministerium für Kultur. (1964). Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Volksbildung und dem Ministerium für Kultur über die Zusammenarbeit der Oberschulen (insbesondere Schülerbüchereien) mit den allgemeinen öffentlichen Bibliotheken (insbesondere Kinderbibliotheken) in den Städten und Gemeinden. Der Bibliothekar, 18(2), 213-216.  

Diese Vereinbarung legt die Grundzüge einer Zusammenarbeit von Schulen und Bibliotheken für die bibliothekarische Arbeit, aber auch für die Unterstützung von Schülerbüchereien fest. Die Vereinbarung wurde offenbar nicht bis zum Ende der DDR vollständig umgesetzt. So sollte laut Vereinbarung jährlich eine Vorschlagliste von Medien für Schülerbüchereien in Der Bibliothekar veröffentlicht werden, was aber nur eine gewisse Zeit lang erfolgte.

Bedeutung hat diese Vereinbarung aber, da in der westlichen Literatur, die sich auf Schulbibliotheken in der DDR bezog, diese als das Ende von Schülerbüchereien wahrgenommen wurde. Das ist dem Text der Vereinbarung nach erstaunlich, da in ihm das Gegenteil angestrebt wird. Da dieser Text bislang anderswo offenbar nicht veröffentlicht wurde, sich aber – zumeist mit unklaren Angaben wie: „Eine Vereinbarung in den 1960er“ – auf diese Vereinbarung bezogen wurde, ist der Gesamttext im Anhang zu dieser Darstellung der Textkorpus dokumentiert.

Redaktion. (1964). 60 Schulbibliotheken. Der Bibliothekar, 18(4), 446.

Notiz über die Eröffnung von 60 Schulbibliotheken in der Provinz Oriente, Kuba.

Medwedewa, N. B. (1964). Die bibliothekarische Betreuung der Kinder im Ausland. Der Bibliothekar, 18(9), 913-921.  

Der Artikel wurde aus einer sowjetischen Publikation übernommen und berichtet im Überblick über die bibliothekarische Arbeit für Schulen in mehreren, insbesondere sozialistischen Staaten, allerdings immer von der Sowjetunion ausgehend. Schulbibliotheken werden als Bestandteil aller sowjetischen Schulen geschildert, gleichzeitig wird darauf verwiesen, dass es in den meisten europäischen Ländern gleichzeitig Kinderbuchabteilungen in Öffentlichen Bibliotheken und Schulbibliotheken geben würde. Es wird darauf eingegangen, dass in einigen sozialistischen Staaten (Ungarn, Polen, DDR) eigenständige Kinderbibliotheken existieren und Diskussionen darüber geführt würden, diese oder aber die Kinderbuchabteilungen mit den Schulbibliotheken zusammenzuführen. Für die Sowjetunion wird dies abgelehnt.

Der Artikel geht im Weiteren die Themen Bestandsarbeit, Bestandserschließung und Arbeit mit den Leserinnen / Lesern, Einführungen in die Bibliotheksbenutzung, Fragen der Zusammenarbeit von Kinder- und Schulbibliotheken sowie die Ausbildung von Kinderbibliothekarinnen / -bibliothekaren und Schulbibliothekarinnen / -bibliothekaren durch. Dabei wird jeweils die Situation in mehreren Staaten angesprochen und mit einem Verweis auf den Umgang mit auftretenden Problemen im Bezug auf Schulbibliotheken in der Sowjetunion geendet.

1965-1969

[Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1965). Für die Schülerbücherei: Empfehlungsliste für das Haushaltsjahr 1965. Der Bibliothekar, 19(8), 824-826.  

Weitere Liste mit Vorschlägen für Medien für Schülerbüchereien (125 Titel), unterteilt jeweils in Schulfächer, innerhalb dieser Schulfächer in Schulklassen.

[Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1966). Für die Schülerbücherei: Empfehlungsliste für das Haushaltsjahr 1966. Der Bibliothekar, 20(6), 619-622.

Weitere Empfehlungsliste für Schulbibliotheken (90 Titel), differenziert nach Schulfächern, innerhalb der Fächer in Schulklassen.

Nilius, T., Koth, R., & Tille, P. (1967). Erziehung zur Literatur: Schulen und Bibliothekare des Kreises Gadebusch arbeiten zusammen. Der Bibliothekar, 21(1), 15-26.

Die Zusammenarbeit mit Schulen im Kreis wird vor allem unter dem Fokus der Bestandsarbeit und Lenkung der Lektüre der Schülerinnen / Schüler besprochen. Es wird erwähnt, dass mindestens die dem Text zugrunde liegende Befragung der Kinder hinsichtlich ihrer Lektüre aus den Erfahrungen einer Schülerbücherei (in der Zentralen Polytechnischen Oberschule in Mühlen Eichsen, heute Landkreis Nordwestmecklenburg, Mecklenburg-Vorpommern) erwuchs.

Dreßler, I. (1967). Kinderbibliothekare aus dem Ausland waren bei uns zu Gast. Der Bibliothekar, 21(2), 168-172.

Bericht über eine Konferenz der Kommission für Bibliotheksarbeit mit Kindern im Deutschen Bibliotheksverband mit Vertreterinnen der IFLA aus Dänemark und Finnland. Die Vertreterinnen berichteten über die Arbeit der IFLA im Bezug auf die Arbeit mit Kindern und Schulbibliotheken, ebenso über die Situation in ihren Staaten. Abgedruckt ist zudem das „Memorandum über die Bibliotheksarbeit mit Kindern“ der IFLA, in welchem Schulbibliotheken neben Öffentlichen Bibliotheken als gesonderter Bibliothekstyp angeführt sind.

[Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1968). Für die Schülerbücherei: Empfehlungsliste für das Haushaltsjahr 1968. Der Bibliothekar, 22(4), 403-406.

Weitere Empfehlungsliste für Schulbibliotheken (101 Titel), differenziert nach Schulfächern, innerhalb der Fächer in Schulklassen. Auffällig ist in diesem Jahrgang die Vielzahl der „wehrpolitischen Werke“, also Medien, welche die Armee positiv darstellen (zum Beispiel: Feix, M. (Hrsg.): „Mein Freund, der General“) oder militärisches Gerät zum Thema haben (Woitelle, E.: „Wie entsteht ein Kriegsschiff?“).

Goltz, S. (1968). Erhebung über sämtliche Bibliothekseinrichtungen in der DDR. Der Bibliothekar, 22(5), 455-463.

Diese Statistik, 1967 zusammengestellt, berichtet – im Gegensatz zu anderen Bibliotheksstatistiken, die regelmäßig in Der Bibliothekar veröffentlicht wurden – über das Vorhandensein von Schülerbibliotheken; obgleich nicht ersichtlich ist, nach welcher Definition diese gezählt wurden. (Ebenso fehlt eine Angabe zur Anzahl der Schulen.) Berichtet wird unter anderem von 5.276 Schülerbibliotheken, von denen 7 hauptamtlich, 73 nebenamtlich und 5.196 ehrenamtlich geführt werden. Diese würde 1.803.770 Bücher bereithalten, 1.276 Zeitschriften abonniert haben und über einen Beschaffungsetat von 439.963 Mark verfügen.

[Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1969). Für die Schülerbücherei: Empfehlungsliste für das Haushaltsjahr 1969. Der Bibliothekar, 23(3), 282-285.

Weitere Empfehlungsliste für Schulbibliotheken (157 Titel), differenziert nach Schulfächern, innerhalb der Fächer in Schulklassen.

Hortscht, W., & Meister, K. (1969). Bibliotheksstatistik. Der Bibliothekar, 23(7/8), 157/829-165/837.

Diese statistische Auswertung erschien in einer Sondernummer von Der Bibliothekar zum 20. Jahrestag der Gründung der DDR. Wie zahllose Artikel, die zu diesem Anlass publiziert wurden, soll er den Aufbau der DDR in den vergangenen 20 Jahren darstellen. In der Statistik werden 11.621 Lehrer- und Schülerbibliotheken als „Hauptbibliotheken“ und 4 als „Zweigbibliotheken“ aufgeführt. Wie diese – auch von Goltz (1968) stark abweichende – Zahl zustande kam, ist nicht ersichtlich.

1970-1974

Schurzig, E. (1970). Die Literaturversorgung der Kinder in der DDR. Der Bibliothekar, 24(8), 772-779.

Es wird auf die Arbeit der Allgemeinbibliotheken eingegangen, gleichzeitig werden aber auch die Schülerbüchereien besprochen. Dies geschieht unter dem Fokus der Zusammenarbeit der Schülerbüchereien mit den Allgemeinbibliotheken. Die Autorin favorisiert eine direkte Unterstützung der Schülerbüchereien durch die Bibliotheken, da es zu viele Schülerbüchereien gäbe, deren Möglichkeiten in den Schulen unterschätzt werden. Trotz einer positiven Entwicklung, die sie beim Aufbau der Schülerbüchereien konstatiert, plädiert sie für eine Verstärkung dieser Zusammenarbeit, unter anderem mit Vereinbarungen beziehungsweise Verträgen zwischen und Schulen und Bibliotheken.

Anonym. (1970). Die westdeutschen Schülerbibliotheken… Der Bibliothekar, 24(8), 798.

Notiz über einen Bericht der Zeitschrift „Elternblatt“, dass die Schulbibliotheken in der BRD „Stiefkinder der Schule“ (Anonym 1970, S. 798) seien.

Breuel, H. (1970). Über die Zusammenarbeit von Schulen und Bibliotheken im Bezirk Schwerin. Der Bibliothekar, 24(9), 858-860.

Der Artikel berichtet davon, wie die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Bibliotheken in Schwerin (Bezirk) gestaltet sei. Dabei wird vor allem auf Probleme eingegangen. Nachdem Bibliotheken die Aufgabe gestellt bekommen hätten, Schülerbüchereien zu unterstützen, sei in einigen Schulen die Meinung vertreten worden, dass die Bibliothek die Aufgabe hätten, für alle Bestände – inklusive der Klassensätze – aufzukommen. Dies wird von der Autorin abgewiesen. Vielmehr hätten die Schulen auf der Grundlage der Empfehlungslisten für Schülerbüchereien Bestände aufzubauen und sich, falls weiterer Etat vorhanden sei, zwecks weiterer Bestandsentwicklung an die Kinderbibliothek zu wenden. Des Weiteren insistiert sie darauf, dass sich sowohl Bibliotheken als auch Schulen ihrer Rollen und Anforderungen innerhalb der Partnerschaft bewusst werden müssten.

Schurzig, E. (1970). Die Literaturversorgung der Kinder und Probleme der Standortverteilung. Der Bibliothekar, 24(11), 993-997.

Der Artikel bespricht Kriterien, nach denen Zweigstellen und Bibliotheken verteilt, eröffnet oder geschlossen werden sollten, um ein funktionsfähiges Bibliotheksnetz zu erhalten. Dabei werden kurz Schülerbüchereien im ländlichen Raum erwähnt, die noch nicht genügend ausgebaut seien.

[Ministerium für Volksbildung/Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1971). Titelliste 1971 für Schülerbüchereien. Der Bibliothekar, 25(5), 366-368.  

Weitere Empfehlungsliste für Schulbibliotheken (130 Titel), differenziert nach Unter-, Mittel- und Oberschule, innerhalb dieser nach Schulfächern.

Schadwill, K., & Böttcher, H. (1971). Die koordinierte Schüler- und Gemeindebibliothek in Hermsdorf. Der Bibliothekar, 25(4), 283-287.  

Es wird über die Erfahrungen bei der Zusammenlegung einer Gemeinde- und einer Schülerbibliothek im Jahr 1968 zur „Vereinigten Schüler- und Gemeindebibliothek“ berichtet, wobei die Schülerbücherei als zuvor erfolgreicher beschrieben wird. Die Schule übernimmt in diesem Beispiel auch die Aufgabe, die in einem Neubau neben der Schule integrierte Bibliothek zu führen, welche als Zweigstelle der Gemeindebibliothek gilt und für die Öffentlichkeit ebenso zugänglich ist. Dabei wird allerdings die Fokussierung auf die Unterstützung der Schule beibehalten und vom Bibliotheksleiter (einem Lehrer in Rente) auch über die Bestandsarbeit mit „Klassenbüchereien“ (Blockausleihen für ein Schuljahr) für die Klassen eins bis vier und Klassenausleihen über verantwortliche Schülerinnen / Schüler für die Klassen fünf bis zehn berichtet.

Interessant ist, dass der Text von einer weiten Verbreitung von – in der Qualität unterschiedlichen – Schülerbüchereien ausgeht: „In Hermsdorf, einer 1 700 Einwohner zählenden Dorfgemeinde nordöstlich von Dresden, bestanden bis Oktober 1968, wie wohl in den meisten Schulgemeinden der Republik, zwei Bibliotheken: die Gemeindebibliothek und die Schülerbücherei.“ (Schadwill & Böttcher 1971, S. 283) Die auch vor der Zusammenlegung als erfolgreich eingeschätzte Arbeit der Schülerbücherei wird unter anderem auf die Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur und der Orientierung an deren Empfehlungslisten zurückgeführt.

[Ministerium für Volksbildung/Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1971). Titelliste 1971 für Schülerbüchereien. Der Bibliothekar, 25(5), 366-368.

Eine weitere Empfehlungsliste (130 Titel), differenziert in Unterstufe, Mittelstufe und Oberstufe sowie innerhalb dieser Stufen nach Schulfächern und – mit einem relativ großen Anteil – „Außerunterrichtliche Erziehung“. Hervorzuheben ist auch, dass seit diesem Jahr das Ministerium für Volksbildung die Liste mit herausgibt.

[Ministerium für Volksbildung/Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1972). Titelliste 1972 für Schülerbüchereien. Der Bibliothekar, 26(5), 330-332.

Eine weitere Empfehlungsliste (128 Titel). Die Unterteilung des letzten Jahres ist beibehalten worden, allerdings ist der Anteil an Werken für die „Außerunterrichtliche Erziehung“ zurückgegangen.

Ku. (1974). Jede zweite Bibliothek… Der Bibliothekar, 28(2), 121-122.

Notiz über Pläne in der Sowjetunion, Schulbibliothek weiter auszubauen. Es wird über einen Vorschlag der zentralen Kinderbibliothek in Minsk berichtet, die Schulbibliotheken den Kinderbibliotheken zu unterstellen.

Ri., H. (1974). Dank erheblicher staatlicher… Der Bibliothekar, 28(3), 195.

Notiz über den Ausbau der Schulbibliothek in Ungarn. 1972/73 gäbe es 6,4 Medieneinheiten pro Schüler / Schülerin, 53% der Lernenden an Grundschulen und 68% an Mittelschulen würden die Schulbibliotheken aktiv nutzen, 5 bis 6 Bände pro Jahr würden durchschnittlich pro Schülerin / Schüler ausgeliehen.

Fügner, H. (1974). Stadtbibliothek Plauen 75 Jahre alt. Der Bibliothekar, 28(5), 313-315.

Es wird über die Geschichte der Stadtbibliothek Plauen (heute Sachsen) berichtet. Schülerbibliotheken werden kurz als existent aufgezählt.

Kunz, F. (1974). Bibliothekswesen in der DDR 1949-1974: Zeittafel. Der Bibliothekar, 28(8/9), 622-639.

Übersicht, vor allem über Gründungen und Veränderungen von Institutionen des Bibliothekswesens. Zudem werden das Bibliothekswesen betreffende Verordnungen und Gesetze erwähnt, unter anderem die Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Volksbildung und dem Ministerium für Kultur über Schülerbüchereien 1963.

[Ministerium für Volksbildung/Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1974). Titelliste 1974 für Schülerbüchereien. Der Bibliothekar, 28(11), 770-773.

Weitere Empfehlungsliste (140 Titel), unterteilt in Unterstufe, Mittelstufe und Oberstufe, innerhalb der Stufen nach Unterrichtsfächern und „Außerunterrichtliche Erziehung“.

Riedel, H. (1974). Aus Bibliotheken in aller Welt… Der Bibliothekar, 28(12), 828-830.

Bericht über die Bibliothekssysteme in Bulgarien und der ČSSR. Schulbibliotheken werden für beide Länder kurz erwähnt. In Bulgarien gäbe es 3788 Schulbibliotheken mit 9.820.000 Bänden. In der ČSSR seien es etwa 9000 Schulbibliothek mit mehr als 9 Millionen Bänden.

1975-1979

[Ministerium für Volksbildung/Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1975). Titelliste 1975 für Schülerbüchereien. Der Bibliothekar, 29(6), 400-403.

Weitere Empfehlungsliste (137 Titel), unterteilt in Unterstufe, Mittelstufe und Oberstufe, innerhalb der Stufen nach Unterrichtsfächern und „Außerunterrichtliche Erziehung“.

D., I. (1975). Der Arbeit der… Der Bibliothekar, 29(11), 762.

Hinweis auf einen Artikel in der sowjetischen Zeitschrift „Bibliotekar“ über die Arbeit von Kinder- und Schulbibliotheken mit Buchillustrationen.

Theuser, K. (1976). Die Arbeit der Stadt- und Bezirksbibliothek Leipzig mit gesellschaftlichen Ausleihstellen. Der Bibliothekar, 30(1), 18-22.

Bericht über die Arbeit der Stadtbibliothek Leipzig für Ausleihstellen in unterschiedlichen Einrichtungen (beispielsweise Klein- und Mittelbetrieben, Hausgemeinschaften, Klubhäusern). Die Ausleihstellen wären zumeist sehr klein und würden ehrenamtlich betrieben, die Bibliothek arbeitet mit Ausleihbeständen und Beratungsleistungen. Ziel der „gesellschaftlichen Ausleihstellen“ sei es, möglichst große Teile der Bevölkerung mit Bibliotheksleistungen zu erreichen. Einrichtungen in Schulen (65 von insgesamt 259 Ausleihstellen) werden in einer Statistik aufgeführt, aber nicht weiter gesondert besprochen.

Anonym. (1976). Über ein relativ entwickeltes… Der Bibliothekar, 30(1), 40.

Notiz über einen Artikel in der International Library Review über das Bibliothekswesen in Kuwait. Erwähnt werden unter anderem 270 Schulbibliothek mit rund 1 Millionen Bänden, die zumeist von hauptberuflichen Bibliothekarinnen / Bibliothekaren betreut würden.

Winkler, M. (1976). Wie wir mit der Schule zusammenarbeiten: Erfahrungen aus Frohburg. Der Bibliothekar, 30(6), 389.

Kurzer Bericht über eine Zweigstelle, die von der Zentralbibliothek des Gemeindeverbandes Frohburg (heute Sachsen) in einer polytechnischen Oberschule als Ausleihstelle betrieben wird.

Ri., H. (1976). In Norwegen legt… Der Bibliothekar, 30(6), 401.

Notiz über Norwegen, wo – laut der Notiz – Öffentliche Bibliotheken entweder Kinder- oder Schulbibliotheken unterhalten müssen.

[Ministerium für Volksbildung / Zentralstelle für Kinder- und Jugendliteratur]. (1976). Auswahlliste 1976. Der Bibliothekar, 30(7), 479-482.

Weitere Empfehlungsliste (147 Titel), unterteilt in Unterstufe, Mittelstufe und Oberstufe, innerhalb der Stufen nach Unterrichtsfächern und „Außerunterrichtliche Erziehung“.

Ri., H. (1976). Über ein ausgedehntes Netz… Der Bibliothekar, 30(11), 840.

Notiz über ein Schulbibliotheksnetz in Sofia, das 217 Einrichtungen umfassen würde, von denen 109 hauptberuflich geleitet seien.

Frankenstein, E., & Kerl, M. (1977). Bibliothekare, Lehrer und Erzieher tragen gemeinsam eine hohe Verantwortung für die Entwicklung und Befriedigung der Lesebedürfnisse der Schüler. Der Bibliothekar, 31(2), 77-80.

Eine Art Grundsatzpapier darüber, dass Bibliotheken die Aufgaben hätten „[d]ie weitere Vervollkommnung der kommunistischen Erziehung, wie sie im Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands gefordert wird“ (Frankenstein & Kerl 1977, S.77) mit umzusetzen. Zweigbibliotheken in Schulen werden erwähnt, um der Unterversorgung von Kindern und Jugendlichen im ländlichen Raum entgegenzuwirken.

Spiegel, H. (1977). Die Dynamik der Entwicklung des Bibliothekswesens in der UdSSR: Statistische Materialien. Der Bibliothekar, 31(10), 690-692.

Kurze Vorstellung der genannten Entwicklung in fünf Tabellen. Schulbibliothek werden zusammen mit Schulen in Kinderheimen erwähnt. 1913 hätte es in der Sowjetunion 59.000 Einrichtungen mit 22.000.000 Beständen gegeben, 1975 154.000 Einrichtungen und 602.000.000 Beständen (nicht erwähnt wird, dass die Sowjetunion 1913 auch weniger Land umfasste als 1975).

Wübbenhorst, G. (1979). „Fahrschüler“ als Bibliotheksbenutzer. Der Bibliothekar, 33(5), 446.

Bericht über die Schüler- und Gemeindebibliothek in Iden (heute Landkreis Stendhal). Der Leiter der Gemeinde ist gleichzeitig Lehrer der Schule und bindet die Bibliothek in den Unterricht ein. [„Fahrschüler“ sind hier Lernende, die nicht im Ort wohnen, sondern mit dem Schulbus zwischen Wohnort und Schule pendeln.]

1980-1984

Petrides, S. (1980). Bibliotheken in Zypern. Der Bibliothekar, 34(6), 255-259.

Bericht über das Bibliothekswesen Zyperns. Schulbibliothek werden in einem gesonderten Kapitel erwähnt. 1962 hätten alle Grundschulen Schulbibliotheken gegründet, welche zumeist von Lehrerinnen / Lehrern geführt würden, die während ihrer Ausbildung eine Einführung in die Bibliotheksarbeit erhalten hätten. Das Ministerium für Erziehung gibt eine Empfehlungsliste heraus. In den Oberschulen sollen ebenfalls Schulbibliotheken begründet werden.

Dreßler, I. (1980). Bibliotheksarbeit mit Kindern im Bibliothekssystem der UdSSR: Gegenwärtiger Stand, Tendenzen und Perspektiven. Der Bibliothekar, 34(12), 535-541.

Bericht über das Bibliothekswesen in der Sowjetunion. Schulbibliotheken werden als Teil des zentralisierten Bibliothekssystems verstanden, allerdings als ein beigeordnetes System, welches mit den Kinderbibliotheken über gemeinsame Arbeits- und Maßnahmepläne verbunden ist.

Hübner, G. (1981). Woche des Buches 1981 im Berliner Stadtbezirk Marzahn. Der Bibliothekar, 35(9), 406-408.

Bericht über die Teilnahme der Stadtbezirksbibliothek Marzahn an einem jährlichen Stadtbezirksfest. Gleichzeitig wird über die Arbeit der Bibliothek berichtet und die Schulbibliothek in der 15. Oberschule Marzahn abgebildet.

Fayose, P. O. (1982). Das Bibliothekswesen für Kinder in Nigeria: Bericht. Vorgetragen beim IFLA/UNESCO-Seminar in Leipzig, August 1981. Der Bibliothekar, 36(1), 5-9.

Bericht über das Bibliothekswesen in der nigerianischen Provinz Mittelwest-Staat. Es wird darüber berichtet, dass ein Bibliotheksamt begründet wurde, welches unter anderem die Einrichtung von Schulbibliotheken zu Aufgabe hätte.

Nettavongs, K. (1982). Die Gründung von Schulbibliotheken und der Ausbau dieses Netzes in der Volksdemkratischen Republik Laos: Bericht. Vorgetragen beim IFLA/UNESCO-Seminar in Leipzig, August 1981. Der Bibliothekar, 36(5), 199-200.

Es wird vor allem über die Pläne zur Gründung von Schulbibliotheken in Laos berichtet. Es gäbe insgesamt 14 Schulbibliotheken, innerhalb von fünf Jahren solle die Zahl auf 140 angewachsen sein.

Dillsworth, G. (1982). Bibliotheken und Bibliothekswesen in Sierra Leone. Der Bibliothekar, 36(5), 200-204.

Bericht über das Bibliothekswesen in Sierra Leone. Schulbibliotheken werden in einem gesonderten Kapitel erwähnt, allerdings wird festgehalten, dass es sie kaum gäbe und die existierenden Einrichtungen wenig Bestände enthalten würden. Allerdings würde es an einigen Colleges Kurse für Schulbibliothekspersonal geben, außerdem seien vom Erziehungsministerium zwei Leones (rund zwei US-Dollar) pro Schülerin / Schüler für die Schulbibliotheken der Oberschulen genehmigt worden.

Goltz, S. (1984). Zur bibliotheksmäßigen Versorgung in Neubauwohngebieten großer Städte. Der Bibliothekar, 38(3), 145-156.

Es werden Probleme besprochen, die mit dem Ausbau der Wohngebiete für die nicht schnell genug wachsenden bibliothekarischen Systeme entstehen. Unter anderen wird die Einrichtung von Ausleihstellen besprochen und dabei auch Ausleihstellen in Schulen kurz angesprochen.

1985-1989

Chadžichristov, C. (1985). 40 Jahre sozialistisches Bibliothekswesen in der VR Bulgarien. Der Bibliothekar, 39(7), 293-297.

Die Entwicklung des Bibliothekssystems in Bulgarien wird beschrieben, der Fokus liegt dabei auf der Beschreibung großer Bibliotheken. Für das Jahr 1983 wird angegeben, dass es 3518 Schulbüchereien gegeben hätte.

Jentzsch, G. (1986). Zur Wirksamkeit einer Ausleihstelle in der 1. Oberschule „Artur Becker“ Falkenberg/Elster. Der Bibliothekar, 40(11), 506-508.

Es wird über eine 1979 eingerichtete Ausleihstelle der Stadtbibliothek Falkenberg/Elster (heute Landkreis Falkenberg/Elster, Brandenburg) berichtet. Die Bibliothekarin der Schulbibliothek unterrichtet darüber, dass sie durch die Verlängerung der Öffnungszeiten, einer regelmäßigen Veranstaltungsarbeit und Gesprächen mit den Schülerinnen / Schülern die Bibliothek in die Schule verankert und die Zahl der aktiven Leserinnen / Leser massiv erhöht hätte.

Zu erwähnen ist, dass die Autorin explizit und mit einem positiven Grundton darauf eingeht, dass die Bibliothek explizit zur Wehrerziehung beiträgt.

Anhang: Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Volksbildung und dem Ministerium für Kultur, 1963

Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Volksbildung und dem Ministerium für Kultur über die Zusammenarbeit der Oberschulen (insbesondere Schülerbüchereien) mit den allgemeinen öffentlichen Bibliotheken (insbesondere Kinderbibliotheken) in den Städten und Gemeinden

Durch eine koordinierte Zusammenarbeit von Oberschulen (Schülerbüchereien) und allgemeinen öffentlichen Bibliotheken ist durch eine bessere Einbeziehung der Kinder-, Jugend-, Fach- und sonstigen Literatur in den Unterricht und in die außerschulische Tätigkeit die sozialistische Bildung und Erziehung der Schüler wirksamer zu unterstützen.

Mit Hilfe der Literatur ist besonders die polytechnisch-mathematische, die politisch-moralische und die wissenschaftlich-weltanschauliche Bildung und Erziehung der Schüler zu verstärken.

Alle Schüler sind frühzeitig an das Lesen guter Literatur heranzuführen. Stärker als bisher ist allen 14- bis 18jährigen Schülern geeignete Lektüre zu empfehlen.

I.

Die Aufgaben der Organe für Volksbildung und der Oberschulen zur Verbesserung ihrer Zusammenarbeit mit den allgemeinbildenden Bibliotheken, besonders bei der Verbesserung der Zusammenarbeit der Schülerbücherei mit anderen Bibliotheken.

1. An jeder Oberschule besteht eine Schülerbücherei. Sie wird von einem Lehrer oder Erzieher geleitet. Ein Aktiv von Schülern ist in die Leitung der Schülerbücherei einzubeziehen.

Die Schülerbücherei umfaßt folgenden Bestand für die Schüler aller Altersstufen, die diese Schule besuchen:

  • Bücher, die in den Lehrplänen genannt sind, einschließlich Klassenlesestoffe;
  • gesellschaftswissenschaftliche Literatur;
  • mathematische, naturwissenschaftliche und technische Literatur, einschließlich bestimmter Fachliteratur;
  • Nachschlagewerke, Lexika, Wörterbücher, Enzyklopädien;
  • Bücher des Stufenprogramms, Bücher des Monats.

Die Leiter der Schulen werden verpflichtet, die für diese Zwecke zur Verfügung stehenden Mittel zweckentsprechend zum systematischen Aufbau der Schülerbüchereien zu verwenden (siehe Anweisung zum Bestandsaufbau der Schülerbüchereien an den allgemeinbildenden Oberschulen vom 1. August 1963; veröffentlicht in den Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Volksbildung Nr. 13/1963).

Die Arbeit der Schülerbücherei ist ein Bestandteil des Jahresarbeitsplanes der Schule.

Unabhängig von der an den Oberschulen bestehenden Schülerbücherei sind alle Schüler, besonders die Schüler der Oberstufe, auf die Nutzung der allgemeinen öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken durch die Lehrer und Erzieher im Ort und Kreis hinzuweisen.

In fakultativen Veranstaltungen, die örtlich zwischen den Schulen und den Bibliotheken zu vereinbaren sind, sind die Schüler in die Benutzung der Bibliotheken einzuführen und zu befähigen, selbstständig mit den Beständen der Bibliothek zu arbeiten. Die Benutzung der Bibliotheken muß ihnen frühzeitig zum ständigen Bedürfnis werden.

2. Die Abteilungen Volksbildung der Räte der Kreise ermöglichen, daß hauptberuflich geleitete Kinderbüchereien in Oberschulen (bevorzugt Tagesschulen) Zweigstellen bzw. Ausleihstellen einrichten können. (Jede hauptberuflich geleitete Kinderbücherei soll an höchstens zwei Oberschulen Zweig- und Ausleihstellen einrichten.)

Schülerbücherei und Zweigstelle oder Ausleihstelle werden in diesem Falle vereinigt und von einem Bibliothekar geleitet. Die Schule stellt die Räume unentgeltlich zur Verfügung und sorgt für ihre Einrichtung, Instandsetzung und Sauberhaltung. Sie stellt die entsprechend der Haushaltsdirektive des Ministeriums für Volksbildung für den Bestandsaufbau der Schülerbücherei vorgesehenen Mittel dieser vereinigten Bibliothek zur Verfügung. Die Inventarisierung der Buchbestände aus Mitteln der Schule erfolgt getrennt von der Kinderbibliothek.

Bei Auflösung bzw. Verlegung der Zweig- oder Ausleihstelle erhält die Schule die aus ihren Mitteln angeschafften Bücher und Zeitschriften zurück.

Klassenlesestoffe sollen nach Möglichkeit nicht in diese Zweig- und Ausleihstelle aufgenommen werden. Sie sollten vom Verantwortlichen für Lehrmittel ausgegeben werden.

Der Arbeitsplan der Zweig- oder Ausleihstelle ist Bestandteil des Jahresarbeitsplanes der Schule. Der in dieser Zweig- und Ausleihstelle tätige Bibliothekar ist für die Arbeit nicht nur seinem Disziplinarvorgesetzten, sondern auch dem Direktor der Schule rechenschaftspflichtig. Er ist zu wichtigen Beratungen der Lehrer heranzuziehen.

Der Bibliothekar gewährleistet, daß auch in den Ferien Bücher ausgeliehen werden können.

Für die Einrichtung von Zweig- oder Ausleihstellen sind entsprechende Vereinbarungen zwischen den beteiligten staatlichen Organen zu treffen.

3. Die Leiter der Oberschulen ermöglichen, daß die Schüler aus Tagesschulen und Horten nach Absprache mit der Kinderbücherei die Möglichkeit erhalten, dort ihre Bücher zu festgelegten Zeiten auszuleihen.

4. In den Gemeinden, wo es zweckmäßig erscheint (z.B. in kleinen Orten), wird empfohlen, die Bestände der Kinder- und Schülerbüchereien zu koordinierten Büchereien an den Schulen zusammenzufassen. Sie werden jeweils von einem Lehrer oder Erzieher geleitet.

Zusätzlich zu den von der Schule zur Verfügung gestellten Mitteln stellt die Gemeinde jährlich einen Betrag für die Anschaffung und Instandhaltung von Kinderbüchern bereit. Die Inventarisierung erfolgt getrennt. Der Leiter der Schule sorgt dafür, daß die Bücher kontinuierlich – auch während der Ferien – genutzt werden können. Die Statistik wird nach den für allgemeinbildende Bibliotheken festgelegten Richtlinien geführt. Der Leiter dieser Bücherei ist für einen Teil der Arbeit der koordinierten Bücherei – Kinderbuchbestand der Gemeindebibliothek – nicht nur seinem Disziplinarvorgesetzten, sondern auch dem Leiter der Gemeindebibliothek bzw. dem Leiter der methodisch anleitenden Kinderbibliothek verantwortlich.

Wenn sich die Voraussetzungen ändern, unter denen die Buchbestände zusammengefasst wurden, erhalten die Gemeindebibliotheken ihre Kinderbuchbestände zurück.

Bei der Bildung einer koordinierten Kinder- und Schülerbücherei ist es notwendig, vorher eine Vereinbarung zwischen dem Bürgermeister und dem Leiter der Schule zu treffen.

5. Die Leiter der Schulen unterstützen die Kinderbibliotheken auch dahingehend, daß geeignete Schüler im Aktiv der Kinderbibliothek mitarbeiten. Diese Mitarbeit wird als gesellschaftliche Tätigkeit gewertet.

6. Jede schule ernennt einen Verbindungsmann zur örtlichen allgemeinen öffentlichen Bibliothek zum Zwecke der ständigen gegenseitigen Information und Abstimmung. Dieser kann, braucht aber nicht der Leiter der Schülerbücherei sein.

7. Die Kreisschulräte und die Leiter der Oberschulen laden die Bibliothekare des Ortes oder Stadtbezirkes, die mit Schüler der zehn- bzw. zwölfklassigen Oberschule arbeiten, zur Teilnahme an Beratungen und Veranstaltungen, die Hinweise zur Verbesserung der Erziehungs- und Bildungsarbeit mit der Literatur geben, ein. Solche Beratungen sind z.B. Aussprachen zu bestimmten Problemen bzw. Tagesordnungspunkten im Pädagogischen Rat, Kreislehrerkonferenzen, Elternversammlungen, Elternbeiratswahlen.

8. Den Oberschulen wird empfohlen, literaturpropagandistische Höhepunkte (z.B. Woche des Buches, Tag des Kinderbuches, Gedenktage usw.) durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen.

9. Das Ministerium für Volksbildung unterstützt die Aufnahme von Beiträgen über die Arbeit mit dem Kinderbuch in die pädagogische Presse.

10. Das Ministerium für Volksbildung berücksichtigt nach Möglichkeit bei der Projektierung von Schulneubauten die räumlichen Erfordernisse für die Arbeit mit dem Buch.

II.

Die Aufgaben der allgemeinbildenden Bibliotheken – besonders der Kinderbibliotheken – bei der Unterstützung der polytechnischen Oberschule.

Das Ministerium für Kultur verpflichtet die allgemeinbildenden Bibliotheken:

1. Alle Maßnahmen und Veranstaltungen der Bibliothek für Kinder sind mit dem Leiter der Schule bzw. mit seinem Beauftragten abzustimmen.

Nach Möglichkeit ist zwischen der allgemeinen öffentlichen Bibliothek, der Schule, der FDJ und der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ ein gemeinsamer Plan der Arbeit mit dem Buch für das jeweilige Schuljahr aufzustellen. Das gilt besonders für literaturpropagandistische Höhepunkte.

2. Die Öffnungszeiten der Bibliotheken sind mit den Belangen der Schule (z.B. Einrichtung von besonderen Öffnungszeiten für Hort- und Tagesschulkinder) abzustimmen.

3. Die Bibliothekare arbeiten eng mit den Fachlehrern, den Klassenleitern und den Erziehern zusammen. Sie stellen ihnen Material über wertvolle Kinderliteratur und die Arbeit mit dem Kinderbuch, u.a. Literaturverzeichnisse, Druckkataloge, Veranstaltungsmaterialien, literarische Tonbänder usw. zur Verfügung.

4. Begabte Kinder sind in Zusammenarbeit mit dem Klassenlehrer durch Bereitstellung bestimmter Literatur besonders zu fördern.

5. Zur Durchführung besonderer Maßnahmen (z.B. für Arbeitsgemeinschaften und Zirkel, Olympiaden, Feste Junger Künstler) sind den Schulen Buchbestände leihweise zur Verfügung zu stellen. Das gilt besonders für Spezialoberschulen oder Oberschulen mit Spezialklassen.

6. Zur Unterstützung des Unterrichts sind die Schüler auf solche Werke hinzuweisen, die die Aufgaben der Lehrpläne in sachlicher, aber auch in unterhaltender Form lösen helfen. Ausstellungen, Wandzeitungen und thematische Veranstaltungen müssen diese Arbeit unterstützen.

7. Die Leiter der allgemeine öffentlichen Bibliotheken informieren die Leiter der Oberschulen in ihrem Ort oder Stadtbezirk mindestens einmal im Schuljahr, welche Schüler in der Bibliothek ständig lesen. Sie schlagen Maßnahmen vor, wie unter Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen die Bibliotheken intensiver für die Bildungs- und Erziehungsarbeit genutzt werden können.

8. Schulungsthemen über Kinderliteratur und die Arbeit mit dem Kinderbuch im Rahmen der Lehrerweiterbildung und der Vortragsreihen in den Pädagogischen Kreiskabinetten, bei Kreislehrerkonferenzen, Elternversammlungen und anderen Veranstaltungen sind nach Absprache mit den Organen für Volksbildung durch Mitarbeiter des Bibliothekswesens zu übernehmen.

9. Gemeinsam mit den Pädagogischen Kreiskabinetten, Fachkommissionen Deutsch und Literatur, führen die Kreisbibliotheken den Erfahrungsaustausch für die Leiter der Schülerbüchereien durch. Zu den Erfahrungsaustauschen sind die Leiter oder Mitarbeiter anderer Bibliotheken, die mit Schülern arbeiten, einzuladen.

10. Nach Absprache mit den Organen für Volksbildung unterstützen die Bibliotheken mit ihren Mitteln Höhepunkte im Schuljahr (z.B. Tag des Kindes).

11. Das Ministerium für Kultur verpflichtet die ihm unterstellten bibliothekarischen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen, sich der Aufgaben der polytechnischen Oberschule besonders anzunehmen.

12. Das Ministerium für Kultur verpflichtet die Redaktion der Zeitschrift „Der Bibliothekar“, die jährlich vom Ministerium für Volksbildung herausgegebenen Listen für den Bestandsaufbau der Schülerbüchereien abzudrucken und gute Beispiele der Arbeit mit dem Kinderbuch in den Schulen zu propagieren.

(gez.) Hans Bentzien

Minister für Kultur

(gez.) Prof. Dr. Lemnitz

Minister für Volksbildung

Berlin, den 30.Oktober 1963

Schulbibliotheksprojekt in Weinheim/Bergstraße, 1981-84 (Zur Geschichte der Schulbibliotheken, III)

Ein guter Grund, um sich mit Geschichte zu beschäftigen, ist, dass man auf schon einmal gemachte Erfahrungen zurückgreifen und auf ihnen aufbauen kann. Das mag etwas pathetisch klingen, aber es gibt aktuell ein Beispiel aus dem Bereich der Schulbibliotheken in Deutschland, welches zeigt, dass diese Aussage nicht ganz falsch sein kann.
In der aktuellen BuB berichtet Ingrid Lange-Bohaumilitzky über den Fortgang des Schulbibliotheksprojektes in Hamburg (Vgl. Lange-Bohaumilitzky, 2011). Im Rahmen der von der schwarz-grünen Regierung angedachten Schulreform – welche bekanntlich durch einen Bürgerentscheidung gestoppt wurde, was die interessante Frage aufwirft, ob dies Auswirkungen auf das Schulbibliotheksprojekt haben wird – sollten die Hamburger Bücherhallen seit 2009 ein Netz von Schulbibliotheken in Hamburg initiieren. Dieses Projekt soll, wenn alles gut geht, die Grundlage für eine Schulbibliotheksnetz in Hamburg darstellen, welches – so zumindest die Planung – ab 2012/13 aufgebaut werden soll. [1]
In ihrem Text berichtet Lange-Bohaumilitzky nun von einer der Evaluationen des Projektes. Diese Evaluation bestand aus einer Befragung der SchulleiterInnen und BibliotheksleiterInnen der aktuell neun betreuten Schulbibliothekenüber die Einbindung der Einrichtungen in die Schulen. Die Ergebnisse sind nicht so, wie sie in der Literatur zu Schulbibliotheken oft vorausgesagt werden: Die Schulbibliotheken, welche von den Bücherhallen angeleitet und offenbar nach bibliothekarischen Prinzipien betrieben werden, wurden in den Schulen nicht umstandslos begeistert aufgenommen. [2] So „rücken [die Schulen teilweise] nicht von der Position ab, dass die Schulbibliothek eine Domäne des Deutschunterrichts und eine Sonderform der Öffentlichen Bibliothek sei“ (Lange-Bohaumilitzky 2011, S. 182), es gibt einen Rollenkonflikt zwischen Lehrkraft und BibliothekarIn, insbesondere in der Frage, wer eigentlich wann unterrichtet. Zudem werden viele Angebote der Bücherhallen gar nicht von den Schulen angenommen. Vielmehr empfinden einige Schulen es offenbar sogar als „Bevormundung“ (Lange-Bohaumilitzky 2011, S. 183), wenn sie Literaturempfehlungen erhalten.

Wiederkehrenden Unstimmigkeiten
Lange-Bohaumilitzky würde hier gerne mit einer besseren Kommunikation und verbindlichen Vereinbarungen gegenwirken. Es ist nicht wirklich klar, ob das so Gelingen wird. Da nicht alles, was in diesem Projekt passiert und angedacht wird, auch nach draußen kommuniziert wird, ist es selbstverständlich nicht möglich, eine klare Analyse der Probleme abzugeben. Es scheint aber, als ob die Bibliothek die Einwände der LehrerInnen und SchuleiterInnen (wieder einmal) als vorübergehende Probleme, die es fort zu diskutieren gälte handhaben will. Mehr gute Beispiele und mehr Transparenz würden die Schulen am Ende davon überzeugen, dass der von den Bücherhallen vorgeschlagene Weg der richtige sei – so ungefähr scheint die Hoffnung zu sein. Es ist zu bezweifeln, ob das der richtige Weg ist. Und zwar nicht nur, weil dies außer acht lässt, dass Schulen komplexe Institutionen sind, die sich nicht so einfach von Außen ändern lassen (Vgl. Zlatkin-Troitschanskaia, 2006). Dieses Vorgehen lässt außer Acht, dass dieses Prinzip schon einmal versucht wurde.
1981 bis 1984 fand in Weinheim an der Bergstraße (Baden-Würtemberg) ein Schulbibliotheksprojekt statt, welches explizit vom damaligen Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft finanziert wurde. Es hatte das Ziel, in der Mittelstadt mit damals 15 Schulen und drei Berufsschulen ein Schulbibliotheksnetz aufzubauen, welches von einer der Stadtbibliothek zugeordneten Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle angeleitet werden sollte. Würde dies funktionieren, so die Hoffung, wäre dies ein Modell, dass auch in andere kleineren Städten umgesetzt werden könnte. Dieses Netz wurde damals auch aufgebaut und die Ergebnisse des Projektes veröffentlicht (Vgl. Seume, 1985). Erstaunlich daran ist: die meisten Probleme, die von Lange-Bohaumilitzky in ihrem Text genannt wurden, traten auch in den 1980er Jahren schon auf. Und obgleich sich die Situation in den letzten 30 Jahren geändert hat, stellt sich die Frage, ob man nicht aus dem Projekt in Weinheim hätte mehr lernen können.

Weinheim heute
Vorneweg sollte man eines Bedenken: nur weil es einmal eine relativ intensive Projektfinanzierung gab und auch sehr viel Arbeit und Elan in eine Schulbibliothekarische Arbeitsstelle und ein Schulbibliotheksnetz gesteckt wurde, heißt das nicht, dass dies unbedingt eine langfristige Wirkung gehabt haben muss. Während in Ingolstadt und Landshut, zwei Städten, in denen etwas früher als in Weinheim genau mit der gleichen Intention – aber ohne Projektmittel – Schulbibliotheksnetze inklusive einer Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle gegründet wurden, noch heute diese Netze existieren, gibt es das einstmals in Weinheim aufgebaute nicht mehr. Die Schulbibliothekarische Arbeitsstelle existiert nicht. Per Recherche auf den Homepages der Schulen in Weinheim lassen sich in sechs von 23 Schulen eigene Bibliotheken nachweisen, allerdings haben auch vier Grundschulen keine Homepage. [3] Dafür sind vier der sechs Schulen mit Schulbibliothek in einem Schulzentrum untergebracht und nutzen alle die selbe Schulbibliothek gemeinsam. Ein Schulbibliotheksnetz ist das nicht.
Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass man nicht weiter daran arbeiten sollte, dort, wo sie gewünscht werden, Schulbibliothek aufzubauen oder deren Aufbau zu unterstützen. Aber es sollte zu denken geben: Vielleicht wollen gar nicht alle Schulen in Deutschland Schulbibliotheken, zumindest nicht solche, wie sich Öffentliche Bibliotheken sie denken. Vielleicht überzeugen die existierenden oder in Projekten von Öffentlichen Bibliotheken aufgebauten Schulbibliotheken nicht alle Schulen. Vielleicht benötigt man auch einfach länger, als es mit einer Projektförderung möglich ist, um Einrichtungen wie Schulbibliotheken so in Schulen zu etablieren, dass sie von diesen getragen und genutzt werden. All das lässt sich zumindest fragen, wenn man auf die Erfahrungen aus Weinheim zurückschaut.

Das Projekt in Weinheim 1981-84
Im Vorort ihres Projektberichtes zur Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle in Weinheim verortet Ursula Seume (Seume, 1985) ihre Vorstellung von Schulbibliotheken in der damaligen bibliothekarischen Diskussion. Sie bezieht sich auf Projekte der 1970er Jahre, Schulbibliothekarische Arbeitsstellen an Öffentlichen Bibliotheken anzugliedern und von diesen aus Schulbibliotheken als kleine Öffentliche Bibliotheken in Schulen aufzubauen und zu führen. Als Ziel bezeichnet Seume, „Anschluß an die anglo-amerikanische und skandinavische Entwicklung zu finden“ (Seume 1985, S. 7) – das heißt letztlich Schulbibliotheken, die auch als Lehreinrichtungen dienen, mit speziell ausgebildeten Personal und eigenem, ausreichenden Etat in allen Schulen. Allerdings stellt sie fest, dass die meisten der tatsächlich gegründeten Schulbibliothekarischen Arbeitsstellen in großen Städten existierten. Für kleinere Städte sieht sie das Problem, dass nicht klar ist, ob in diesen eine ähnliche Arbeit geleistet werden kann, wie das in den Großstädten getan wird. Dies sollte im Projekt in Weinheim nachgewiesen werden. (Letztlich geht Seume selbstverständlich davon aus, dass es möglich ist, also ging es in Wirklichkeit um ein Nachweisen, nicht um ein ergebnisoffenes Untersuchen.)
Erstaunlicherweise beschreibt sie die Aufgaben der Schulbibliotheken auch, Wege zu finden, „wie wir die Schüler befähigen, mit der Informationsflut und den emotionalen Einflüssen, die die Neuen Medien bringen, fertig zu werden.“ (Seume 1985, S. 7) In dieser Aussage finden sich noch Anklänge der „Schund-Literatur“-Debatten, die eigentlich in den 1980er Jahren vorbei waren, gleichzeitig scheint hier schon die Angst vor der angeblichen Informationsflut des Internetzeitalters auf. [4]
Weiterhin führt sie schon im Vorwort ihre These aus, dass „[…] kein Weg an Aufwendungen für bibliothekarisches Fachpersonal auf der Seite der Schul- und Bibliotheksträger – Gemeinden und Landkreise – und an zusätzlichen Lehrstunden sowie Lehrplanvorgaben für die Schulbibliotheksarbeit von Seiten der Bundesländer vorbei[führt].“ (Seume 1985, S. 9) Auch im weiteren Verlauf des Textes insistiert sie darauf, dass Schulbibliotheken einen „organisatorischen Verbund“ (Seume 1985, S. 14) mit Öffentlichen Bibliotheken und Schulbibliothekarischen Arbeitsstellen benötigen, damit „diese Bibliotheken fachgerecht eingerichtet, betreut und langfristig abgesichert werden [können].“ (Seume 1985, S. 14) Diese Thesen werden in dem Projekt nicht überprüft, sondern – und hierin gleicht das Projekt dem heutigen in Hamburg – als selbstverständlich dargestellt. Ob Schulbibliotheken auch anders funktionieren können, wurde nicht untersucht. [5]
Grundsätzlich wurde im Projekt eine Schulbibliothekarische Arbeitsstelle begründet, die der Stadtbibliothek zugeordnet war. Diese Arbeitsstelle sollte in allen Schulen in Weinheim Schulbibliotheken entweder aufbauen oder umgestalten und mittels bibliothekarischer Arbeit dazu beitragen, diese im Unterricht zu verankern. Anschließend sollte, so positive Erfahrungen vorlagen, diese Arbeit in einen Regelbetrieb übergehen und zudem über die Stadt hinaus ausgedehnt werden.
Seume schildert zuerst die Ausgangssituation in Weinheim, wobei sie auch darauf eingeht, dass es in einigen Schulen schon Schulbibliotheken gab, die von den Schulen betreut oder auch vorhanden, aber quasi aufgegeben waren. Außerdem zeigt sie an, dass die Stadtbibliothek schon vor dem Projekt mit einige Schulen zusammengearbeitet hatte und an diese Kontakte anknüpfen konnte.

Widerstände und Eigeninteressen
In der Folgezeit baute die Schulbibliothekarische Arbeitsstelle auch in allen Schulen, die noch keine hatten, Schulbibliotheken auf und arbeitete mehr oder minder mit den anderen Einrichtungen zusammen. Dabei sah sie sich zwar als Leiteinrichtung der Schulbibliotheken, musste sich aber gleichzeitig mit den Eigeninteressen der einzelnen Schulen auseinandersetzen. In einer Schule wurde beispielsweise die Schulbibliothek – obwohl Projektmittel vorlagen und es zuvor Kontakte der Arbeitsstelle gab – nur sehr knapp in der Schulkonferenz akzeptiert. Andere Schulen zogen sehr klare Grenzen für das mögliche Engagement der Arbeitsstelle.
Auch stellt Seume fest, dass die Schule alle sehr unterschiedliche Vorstellungen von Schulbibliotheken hatten und auch davon, was sie sich von der Stadtbibliothek als Unterstützung wünschen. So bot die Arbeitsstelle beispielsweise an, Vorschlagliste für den Medienerwerb zu erstellen – was sie als Grundaufgabe von Bibliotheken ansah –, aber nur einigen Schulen interessierten sich dafür. Insbesondere das Gymnasium der Stadt beharrte darauf, eigene Erwerbungsentscheidungen zu treffen, währende andere Schulen der Arbeitsstelle relativ freie Hand ließ.
In einer Liste stellt Seume zusammen, welche unterschiedlichen Aufgaben die Arbeitsstelle für die unterschiedlichen Schulen in der ersten Projektphase übernehmen sollte:

„- Beratung – Reorganisationsmaßnahmen (Sichtung auf Veraltung, Systematisierung, Katalogisierung und buchtechnische Bearbeitung von Altbeständen) – Bestandsaufbau – Bibliothekseinrichtung – Laufende Anschaffungsvorschläge – Vorschläge zu einzelnen Themen – Entleihung von Ergänzungsbeständen, Wechselbeständen und Handapparaten – Bereitstellung von Klassensätzen – Klasseneinführungen und Gruppenarbeit in der Bibliothek – Durchführung von Autorenlesungen“ (Seume 1985, S. 29f.)

Letztlich konzentrierte sich die Arbeit der Stelle nach der Einrichtung von Schulbibliotheken auf die Aspekte Beratung, Empfehlung von Medien, Medienbeschaffung inklusive teilweiser Bearbeitung sowie Blockausleihen, Ausleihe von Klassensätzen und Ergänzungsbeständen. (Seume 1985, S. 41-59)
Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Projektes schien zu sein, dass die Schulbibliotheken so unterschiedlich wie die Schulen waren und dass – trotz aller kommunikativer Arbeit, welche von der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle betrieben und im Text von Seume auch nachgewiesen wurde – vor allem informelle Kontakte notwendig waren, um mit den Schulen zusammenzuarbeiten. Eine Anzahl der Schulen und Teile von Kollegien verwahrte sich regelrecht gegen ein Einflussnahme der Stadtbibliothek in den Schulalltag; während andere auf die Beratungsleistungen und andere Angebote der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle kontinuierlich zurückgriffen.
Seume erwähnt, dass einer der positiven Faktoren der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle darin bestand, dass die dort beschäftigten Kolleginnen zuvor schon in der Stadtbibliothek gearbeitet hatten. Sie spricht damit unter der Hand offenbar das offene Geheimnis an, dass BibliothekarInnen, die sich um die Arbeit mit Schulen und Schulbibliotheken kümmern – wenn es eine solche Aufgabestellung gibt – teilweise in ihren Öffentlichen Bibliotheken wieder sehr allein gelassen vorkommen. Allerdings hat Seume zu diesem Phänomen auch wenig zu sagen, außer das es in Weinheim offenbar nicht wirklich auftrat.

Sicherlich ist an der Broschüre zum Projekt in Weinheim heute einiges überholt. Zudem ist es einfach Realität, dass dieser damals auch über die einzelne Publikation hinaus beachtete Versuch sich nicht institutionalisiert hat und gerade in Weinheim heute keine richtige „Schulbibliothekslandschaft“ zu bestehen scheint. Dennoch liegt mit dieser Broschüre die Auswertung eines Projektes vor, dass erstaunliche Parallelen in der Anlage und der Argumentation mit dem aktuell in Hamburg laufenden, aber auch ähnlichen Projektskizzen, die bekanntlich in zahlreichen Schreibtischen liegen, aufweist. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit würde man in Weinheim selber noch mehr Unterlagen zu diesem Projekt finden, wenn sich jemand die Mühe machen würde, in den Archiven nach zu schauen. (Ebenso müssten die Projektunterlagen des Bundesministeriums im Bundesarchiv vorhanden sein. [6]) Es wäre erstaunlich, wenn aus den Erfahrungen dieses Projektes nichts gelernt werden könnte, zumal – wie auch angedeutet – die bisherigen Ergebnisse sich nicht wirklich von den damaligen unterscheiden.

Fußnoten
[1] Vgl. Lange-Bohaumilitzky (2011). Interessant ist, dass zumindest in den Publikationen zu diesem Projekt überhaupt nicht darüber berichtet wird, ob und wenn ja, wo und welche Schulbibliotheken es eigentlich zuvor in den Hamburger Schulen gab beziehungsweise welche es immer noch gibt. Es wäre interessant zu erfahren, ob und wenn ja, wie diese auf das Engagement der Bücherhallen reagieren, also ob sie beispielsweise verstärkt auf die Öffentliche Bibliothek zurückgreifen oder ob sie sich von den „guten Beispielen“ irgendwie beeinflussen lassen. Oder aber, ob dieses Engagement als potentiellen Eingriff in ihre eigene Arbeit ansehen. Alles das ist möglich, berichtet wird aber erstaunlicherweise nichts. (Es wird auch kein Wort darüber verloren, dass in den späten 1990er Jahren schon einmal eine schulbibliothekarische Arbeitsstelle in Hamburg geplant war. Was ist eigentlich mit diesen Vorarbeiten passiert? Vgl. Schnoor (1995) .)
[2] Wobei nichts über die tatsächliche Nutzung der Einrichtungen durch die Schülerinnen und Schüler berichtet wird. Diese ist in den meisten Schulbibliotheken hoch, egal nach welchem Modell diese betrieben werden. Das wird auch in Hamburg nicht anders sein.
[3] Die kurz gefasste Recherche am 14.03.2011: (1) Albert-Schweitzer-Grundschule, Schülerbücherei (http://www.ass-weinheim.hd.schule-bw.de/schuelerbuecherei.html) „Sie wird von den Müttern unserer Schüler betreut. Durch ihr Engagement ist es möglich, die Bücherei täglich von 12.30 bis 13.30 Uhr zu öffnen.“ // (2) Dietrich-Bonhoeffer-Grundschule, Bibliothek (http://www.dbs-weinheim.hd.schule-bw.de/index.php?id=186) „Ein Lehrerteam – unterstützt von ehrenamtlichen Helfern aus der Elternschaft – steht den Schülerinnen und Schülern von Montag bis Donnerstag während der Mittagspause (12.45 bis 14:30 Uhr) zur Verfügung.“ // (3) Friedrich-Grundschule, Schülerbibliothek (http://www.friedrich-grundschule-weinheim.de/angebote.htm) „Wir führen eine eigene (zugegeben kleine) Schülerbibliothek mit altersgemäßer Unterhaltungs- und Sachliteratur sowie Klassenlektüren.“ // (4) Pestalozzischule (Grundschule), keine Homepage // (5) Wald-Grundschule, keine Homepage // (6) Grundschule Lützelsachsen, keine Homepage // (7) Sepp-Herberger-Grundschule, keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.sepp-herberger-gs.de/ ) // (8) Theodor Heuss Schule (Grundschule), keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.th-heuss-schule.de/) // (9) Grundschule Rippenweier, keine Homepage // (10) Carl-Orff-Grundschule, keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.carl-orff-grundschule-sulzbach.de/) // (11) Karrillon-Werkrealschule, keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.karrillon-schule-weinheim.de/) // (12) Dietrich-Bonhoeffer-Werkrealschule, Bibliothek (http://www.dbs-weinheim.hd.schule-bw.de/index.php?id=186) // (13) Friedrich-Realschule, die Bibliothek wird in der Schulgeschichte von 1995 erwähnt (http://www.friedrich-realschule-weinheim.de/schulgeschichte.html), lässt sich aber sonst nicht nachweisen // (14) Dietrich-Bonhoeffer-Realschule, Bibliothek (http://www.dbs-weinheim.hd.schule-bw.de/index.php?id=186) // (15) Werner-Heisenberg-Gymnasium, keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.whgw.de/) // (16) Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium, Bibliothek (http://www.dbs-weinheim.hd.schule-bw.de/index.php?id=186) // (17) Privatgymnasium Weinheim, keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.privatgymnasium-weinheim.de/) // (18) Johann-Sebastian-Bach Förderschule, keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.jsb.hd.schule-bw.de/) // (19) Peter-Koch-Schule (Schule für Erziehungshilfe), keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.pilgerhaus.de/was-wir-machen-schule.php) // (20) Maria-Montessori-Schule (Sonderschule für Geistigbehinderte), keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.montessori-weinheim.de/) // (21) Hellen-Keller-Schule (Berufsschule), keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.hksw.de/cms/index.php) // (22) Johann-Philipp-Reis-Schule (Berufsschule), keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.jprs.hd.bw.schule.de/) // (23) Hans-Freudenberg-Schule (Berufsschule), keine Bibliothek nachzuweisen (http://www.hfswe.de/)
[4] Allerdings lässt sich eine solche Argumentation auch noch bei Neumann (1990) im Bezug auf Videos in der Schulbibliothek finden.
[5] Das war auch nicht das Ziel des Projektes, aber es ist doch erstaunlich, dass Seume auf einem Modell von Schulbibliotheken als richtigem Modell behaart, wenn sie die anderen möglichen und ja auch vorhandenen Modelle nicht einmal aufzählt.
[6] Offizielle Bezeichnung war: Projekt 1041 „Modell einer Schulbibliothek kleinerer Größenordnung / Aufbau einer Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle“, gefördert vom Bundesministerium für Bildung Wissenschaft.Literatur
Lange-Bohaumilitzki, Ingrid (2011). Auswirkungen von Schulbibliotheken auf Unterrichts- und Lernentwicklung in Hamburger Schulen: Eine Evaluation der Universität Hamburg in Kooperation mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung. BuB 63(3), 182-183.
Neumann, Helga (1990). Die bildungspolitische und pädagogische Aufgabe von Schulbibliotheken: schulpolitische und schulpädagogische Beiträge zur Förderung der Leseerziehung. Hamburg: Universität Hamburg [Dissertation].
Papendieck, Andreas (1986). Schulbibliothekarische Arbeitsstelle Weinheim. BuB 38(1), 89-90.
Schnoor, H. (1995). Schritt für Schritt: Die Schulbibliothekarische Arbeitsstelle Hamburg kommt voran. schulbibliothek aktuell, 21(4), 353-357.
Seume, Ursula (1985). Einrichtung und Betreuung kleinerer Schulbibliotheken: Planungen und Erprobungen der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle in Weinheim/Bergstraße. Berlin: Deutsches Bibliotheksinstitut [dbi-materialien; 41].
Zlatkin-Troitschanskaia, Olga (2006). Steuerbarkeit von Bildungssystemen mittels politischer Reformstrategien: Interdisziplinäre theoretische Analyse und empirische Studie zur erweiterung der Autonomie im öffentlichen Schulwesen. Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang [Berufliche Bildung im Wandel; 10].

Maria Filippowna Limanskaja, Bibliothekarin

 

Dieses Bild ist eines, welches den Sieg über Nazideutschland 1945 symbolisiert. Nicht umsonst wurde es (zusammen mit ähnlichen Szenen vor dem Brandenburger Tor) immer wieder reproduziert. Nicht ganz so oft, wie das Bild vom sowjetischen Soldaten, der auf dem Reichstag die Fahne hisst, aber doch oft genug.

Es ist auch sehr leicht zu sehen, wieso: Direkt vor dem Brandenburger Tor, also dem Symbol der Hauptstadt des gerade besiegten Feindes, regelt eine sowjetische Soldatin den Verkehr. Soldatin steht hier auch für einen Abgrenzung zum männlichen Soldatenbild des Dritten Reiches. Den obgleich die Rote Armee, insbesondere unter Stalin, ebenfalls ein vornehmlich männliche Veranstaltung war, mit dem gesamten männlichen Heldenkult etc., galt die Befreiung der Frau als Teil der Fortschrittlichkeit der Sowjetunion. Frauen nahmen an den Kämpfen gegen das Deutsche Reich bekanntlich aktiv Teil, sie waren als Partisaninnen aktiv, auch in kämpfenden Einheiten. Gleichzeitig wurden sie dennoch gerne auf die „weiblicheren Rollen“ verwiesen. Diese Ambivalenz ist nicht wegzudiskutieren. (Zumal auch de US-Army und die Britische Armee Frauen einsetzten, aber mehr noch als die Sowjetunion in „untergeordneten“ Positionen und gleichzeitig einige Frauen direkt und indirekt in Dritten Reich den Krieg mitführten.). In diesem Bild aber haben wir eine Soldatin, bewaffnet und auch ausgebildet, ihre Waffe zu nutzen. Und diese Soldatin übernimmt ihre Aufgabe, um in Berlin wieder ein geordnetes Leben zu ermöglichen. Der Krieg ist vorbei, so wird in diesem Bild dokumentiert, jetzt beginnt sogleich, nahtlos der Aufbau. (Auch hier wissen wir, dass die Geschichte nicht so war. Erst begann in der SBZ ein weiterer Abbau, aber es geht hier um das Bild.).

 

Die Soldatin auf dem Photo ist Maria Filippowna Limanskaja, damals 21 Jahre alt. Sie stammt aus Staraja Poltawka, damals in der „ Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Wolgadeutschen“, heute (offenbar) im Oblast Wolgograd gelegen. Sie hatte den Krieg in einem Regulierertrupp begleitet, das heißt vor allem den Verkehr geregelt (Was selbstverständlich eine nicht zu verachtende Aufgabe war, wenn sich auch nicht so heldenhafte Geschichten erzählen lassen.).

Nach dem Ende des Krieges kehrte sie nach Staraja Poltawka zurück und wurde dort – deswegen wollte ich es gerne erwähnen – Bibliothekarin. Erst zehn Jahre im Parteikabinett der Kreisleitung der KPdSU, später als Mitarbeiterin in einer Kinderbibliothek. Deswegen wurde sie 1985 auch mit einem (kürzeren) Artikel in Der Bibliothekar (Poljatschek, M. (1985) Der stadnhafte Soldat Maria. Aus dem Leben der Maria Filippowna Limanskaja. In: Der Bibliothekar 39 (1985) 4, S.161-163) vorgestellt. Ein Artikel von 2004 in der Pravda (http://english.pravda.ru/history/13-05-2004/5572-nazism-0/) wird diese Arbeit nicht mehr erwähnt. Dennoch haben wir auf diesem Bild jemand, die den bibliothekarischen Beruf ergriff, obgleich hr Hauptbeitrag zur Weltgeschichte offenbar ein anderer war.

Evident oder nicht evident? School Library Impact Studies

In der Literatur über Schulbibliotheken, insbesondere in Texten, die einen explizit werbenden Charakter haben, wird gerne einmal darauf verwiesen, dass es durch Studien aus den USA „längst nachgewiesen“ wäre, dass Schulbibliotheken einen positiven Einfluss auf die Schulergebnisse haben würden. Dies müsse, so die implizite Argumentation, einfach mal verstanden werden. Ein wenig scheint in solchen Argumentationen – so erscheint es mir zumindest, aber vielleicht bin ich ja der Einzige – eine gewisse Wissenschaftsgläubigkeit durch, die irgendwie nicht mehr ins 21. Jahrhundert, in die Zeit nach feministischer und postmoderner Wissenschaftskritik, passt: die Idee, dass es immer genau eine Wahrheit gäbe, die dann von einer Studie nachgewiesen wird – und dann wäre die Sache gegessen. (Okay, dass war jetzt polemisch. Aber dafür ist das hier ja auch ein Blog.)

Some kind of test-based educational governance

Interessant ist allerdings die Frage: Was hat es eigentlich mit diesen Studien auf sich? Warum gibt es sie nicht auch in Deutschland?

Es gibt sie nicht in Deutschland, um das vorneweg zu sagen, weil wir eine andere Kultur der Bildungssteuerung haben. Es gibt sie aber – bevor wieder jemand behauptet, der Rest der Welt wäre fortschrittlich und nur Deutschland rückständig [1] – auch in vielen anderen Staaten nicht. Auch in Staaten mit einem stark ausgebauten Schulbibliothekssystem nicht. Diese School Library Impact Studien basieren auf einer Bildungssteuerung durch Schulleistungsvergleichsstudien, Standardisierung und einer gewissen Begeisterung (in der Bildungspolitik und zum Teil der Bildungsverwaltung, nicht unbedingt in der Bildungspraxis, als zum Beispiel den Lehrerinnen und Lehrern) für möglichst viele miteinander vergleichbare Zahlen. „Test-based education reforms“ nennt Daniel Koretz die Veränderungen der Bildungssteuerung, die vor allem – aber nicht nur – in den USA in den letzten 30 Jahren umgesetzt wurden. [2]

Im Rahmen dieser Bildungssysteme herrscht die Überzeugung vor, dass es möglich wäre, die Qualität von Schulen mittels standardisierter Tests der Lernerfolge von Schülerinnen und Schülern und ebenso standardisierter Messungen vom Umgebungsvariablen – und das kann, wie sich im Laufe der Zeit zeigte, alles mögliche sein: Klassengröße, Stundenzahl, soziale Zusammensetzung der Lehrenden und Lernenden in den Schulen, die Größe der Gebäude, die Anzahl und Form der Unterstützungsleistungen für Lernende, die Länge der außerunterrichtlichen Aktivitäten, die Anzahl und Nutzungsdauer von elektronischen oder nicht-elektronischen Medien und so weiter – zu bestimmen und zu steuern. Solange es irgend möglich ist, es in Zahlen zu erfassen (was zum Teil auch geht, indem man eine ausreichend große Zahl von Schülerinnen und Schüler zu einer Frage eine Note vergeben lässt – das sind am Ende auch Zahlen), gab es in den letzten Jahrzehnten zumindest schon Überlegungen, ob und wie es in die Messung einbezogen werden könnte.

Die Idee dahinter ist relativ einfach, aber deswegen nicht unbedingt falsch: hat man nur genug Daten, kann man auch die Bedingungen für Qualität bestimmen, kann man Zusammenhänge zwischen den Werten herstellen und – das ist der wichtige Grund, warum solche Datensammlungen beständig finanziert werden – Ansatzpunkte finden, um diese Qualität in allen Schulen herzustellen. Mit genügend Daten – das ist beispielsweise, wie Koretz betont, Ansatzpunkt des No Child Left Behind-Act von 2001 – können auch Aussagen über die tatsächlichen strukturellen Probleme bei der Förderung von zahlenmäßig kleineren und größeren benachteiligten Gruppen getroffen werden. Und nicht nur Aussagen: es geht bei diesen Studien auch immer darum, herauszufinden, wo man mittels Beratung, Anweisung oder Förderung durch die Bildungspolitik die Bildungspraxis verbessern kann.

So absurd die Formen dieser Datensammeltätigkeiten auch sein mögen, sollte man nicht vergessen, dass es im Hintergrund immer darum geht, die Bildungsqualität zu verbessern. Die Bildungspolitik in den USA und anderen Staaten ist zur Zeit davon überzeugt, mit solchen Zahlen besser arbeiten und Bildung steuern zu können, als dies in anderen Systemen der Fall ist.

Sicherlich: es funktioniert nicht, zumindest nicht in dem Maße, wie es sich erhofft wird. Statistik ist immer nur ein Hilfsmittel, wichtig ist die Interpretation und die Umsetzung vor Ort. Zudem hat der übermäßige Einsatz von Statistik den Effekt, dass nicht statistisch zu erfassende Variablen und Zusammenhänge immer weniger wahrgenommen werden, obgleich sie für die Praxis relevant sein können. [3] Es steigen die Anreize, mehr oder minder zu betrügen, um die geforderten statistischen Werte zu erreichen. Und nicht zuletzt hat die ständige statistische Messung von Bildungspraxis auch den Effekt, dass sich die Praxis mehr und mehr auf die gemessenen Faktoren konzentriert – was nicht immer gewollt sein muss. Aber trotzdem: erstens funktionieren auch andere Systeme der Bildungssteuerung und -berichterstattung nicht viel besser und zweitens sollte nicht vergessen werden, dass das grundlegende Ziel dieser Messungen ein ehrenwertes ist: die Qualität von Bildung ganz allgemein und eigentlich auch für alle Schülerinnen und Schüler zu verbessern.

School Library Impact Studies

Was aber haben die Studien, in denen nachgewiesen wird beziehungsweise werden soll, welche Effekte Schulbibliotheken haben, mit all dem zu tun? Das ist nicht schwer zu sehen: Sie sind die logische Fortsetzung dieser Form der Bildungssteuerung im Rahmen von Schulbibliotheken.

An der Mansfield University (Pennsylvania) hat letztens eine Abschlussklasse der School Library and Information Technologies (einer Ausbildungsrichung für Schulbibliothekarinnen und -bibliothekare, allerdings an einer fast schon dörflichen Universität, fernab der großen Forschung) alle diese Studien, welche in den USA und Kanada vorgenommen wurden – bis auf eine – zusammengefasst und deren positiven Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst [School Library Research Summarized. A Graduate Class Project (2011): http://libweb.mansfield.edu/upload/kachel/ImpactStudy.pdf%5D.

Diese Idee ist nicht neu. Mit „School Libraries Work!“ gibt die U.S. National Commission on Libraries and Information Science seit 2004 eine solche Zusammenfassung heraus, die aktuell in der dritten Edition vorliegt (http://listbuilder.scholastic.com/content/stores/LibraryStore/pages/images/SLW3.pdf). Auf der Unterseite zu School Library Impact Studies der Dokumentensammlung Library Research Service finden sich ebenso die meisten dieser Studien verlinkt. (http://www.lrs.org/impact.php) Die Besonderheit des Projektes der Mansfield University sei – so Debra E. Kachel, welche den Kurs leitete – die geordnete Darstellung der positiven Aspekte. (Gleichzeitig ist das selbstverständlich ein sinnvolles Projekt in der universitären Ausbildung. Die Studierenden mussten sich mit den Studien auseinandersetzen und ihre Hauptaussagen systematisieren. Das ist unbenommen.)

Die Übersicht soll, so Debra E. Kachel weiter, dabei helfen, quasi immer die richtigen Argumente für School Libraries aus diesen Studien anführen zu können. Ganz offensichtlich nämlich überzeugen diese Studien gar nicht so sehr, wie man hierzulande manchmal vermuten würde. Trotzdem eigentlich alle zu positiven Ergebnissen gelangen und, so behauptet Kachel weiter, auch immer wieder nachweisen würden, dass sich Effekte von School Libraries nachweisen ließen, die nicht mit anderen Einflüssen zu erklären seien, wirkt sich das nicht unbedingt positiv auf die Stellung der School Libraries oder den Etat aus. Vielmehr müssen die Einrichtungen weiter beständig für eine Finanzierung, teilweise auch für den Erhalt, aber auch für eine bessere Einbindung in den Schulalltag kämpfen. Nur, weil die Studien als wissenschaftlich auftreten und Evidenzen nachweisen, wirken sie offenbar nicht überzeugend.

Warum überzeugt das nicht?

Warum ist das so? Das ist keine unwichtige Frage und es erstaunt ein bisschen, dass diese weder von Kachel, noch von den Autorinnen und Autoren von School Libraries Work! oder den einzelnen Studien gestellt wird. Die Antwort ist vielschichtig. Aber da ist zum einen die Qualität der Studien: So hoch ist diese leider nicht. Bislang zumindest werden fast durchgängig einfache Wirkmodelle geprüft, also ungefähr: Hat eine Schule mit so-und-so-großer Schulbibliothek in diesem-oder-jenem-Test durchschnittlich höhere Punktzahlen? Kann man einen anderen Zusammenhang zu diesen Punktzahlen herstellen (soziale Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler zum Beispiel) [oder können wir das alles auf die Schulbibliothek beziehen]? Über diese Ebene der Fragestellung gehen die meisten Studien nicht hinaus.

Ein Problem dabei ist, dass die Antwort dann selber nicht überzeugend ist. [4] Stellt man beispielsweise fest, dass es einen statistischen Zusammenhang zwischen Größe der Schulbibliothek und Testergebnis gibt, ist man noch nicht wirklich weiter mit der Frage, wie dieser Zusammenhang eigentlich zustande kommt. Aber das ist es, was Lehrerinnen und Lehrer eigentlich interessiert: Wie nutze ich die Schulbibliothek im Unterricht, damit meine Schülerinnen und Schüler bessere Testergebnisse einfahren? (Wenn man das einfahren von guten Testergebnissen als Ziel hat, was man als Lehrerin / Lehrer eigentlich nicht haben sollte, schließlich geht es darum, Kindern und Jugendlichen das Lernen zu ermöglichen, nicht darum, gute Tests zu schreiben.) Das ist in der schulischen Praxis wichtig.

Gleichzeitig kann man das Spiel selbstverständlich mit allen möglichen Zusammenhängen spielen: Hängt die Qualität der Mensaspeisung positiv mit Testergebnissen zusammen? (Ja, tut sie.) Hängt die durchschnittliche Fahrtzeit zwischen Schule und Wohnort der Schülerinnen und Schüler mit den Testergebnissen zusammen? (Ja, je weniger und kürzer Schülerinnen und Schüler fahren müssen und je mehr sie ihrer Freizeit auch mit MitschülerInnen verbringen können, umso höher sind durchschnittlich – aber nicht immer – ihre Testergebnisse.) Hat die Anzahl der Schulstunden, die sich mit Umweltthemen beschäftigen oder mit künstlerisch-ästhetischer Erziehung einen positiven Einfluss auf Testergebnisse? (Das kommt drauf an. Da gibt es keine einfache Antwort.) Hat die Größe der Klassen einen Einfluss auf die Testergebnisse der Schülerinnen und Schüler? (Auf jeden Fall.) Und so weiter. Auch die andere Seite der Frage ist nicht so richtig geklärt: Welcher Test eigentlich? In US-amerikanischen Schulen gibt es unzählige Test. Einige vorgeschrieben, andere freiwillig. Einige auf die Lernerfolge abzielend, andere auf die Berufsfähigkeit. Einige für alle Schülerinnen und Schüler, einige nur für ausgewählte Teile. Und jeder einzelne dieser Tests ist zudem umstritten.

All diese Fragen werden in den Studien gestellt. Das Spiel kann nicht nur hypothetisch gespielt werden, es wird auch gespielt. Nicht nur im Bereich School Libraries, sondern auch in allen anderen möglichen Bereichen. Interessant dabei ist, dass fast alle Studien positive Effekte nachweisen. [5] Ob nun für Mensen, Freizeitbereiche oder School Libraries. Und fast alle dieser Studien haben das Problem, dass sie nicht den direkten Effekt erklären können, sondern statistische Zusammenhänge herstellen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

In der Masse der Studien, die solche Zusammenhänge nachweisen wollen, gehen diejenigen zu School Libraries unter, zumal sie, wie gesagt, auch nicht so viel erklären. Das, was in der Schulpraxis interessiert, also die Frage, wie eigentlich die School Libraries genau das Lernen von Schülerinnen und Schülern beeinflussen, ist etwas, was mit diesen „Evidence Studies“ nicht beantwortet werden kann.

Das funktioniert in Deutschland überhaupt nicht.

Die Übersicht von Kachel und ihren Studierenden zeigt noch einmal, warum man diese Studien überhaupt nicht für die Argumentation in Deutschland heranziehen sollte: Diese Studien reden einfach von etwas ganz anderem, als den hiesigen Schulbibliotheken. Zum einem kann man mit der Bemessungsgrundlage der meisten Studien gar nichts anfangen: PSSA (Pennsylvania System of School Assessment) reading score, STAR test score im CST (California Standards Test), National Assessment of Educational Progress (NAEP) usw. Das sind alles standardisierte Tests, die mit dem, was in deutschen Schulen vermittelt wird, nichts zu tun haben.

Zum anderen heben diese School Library Impact Studies aber auch regelmäßig auf Werte ab, die in deutschen Schulbibliothek fast nirgends erreicht werden. Würde man diese Studien ernst nehmen, müsste man davon ausgehen, dass die deutschen Schulbibliotheken praktischen keinen Effekt haben dürften, dass sie praktisch nur vor sich dahin darben würden, was bekanntlich nicht stimmt. Kachel et al. fassen beispielsweise zusammen, dass viele Studien davon ausgehen, dass Schulbibliotheken erst einen positiven Effekt auf die Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler hätten, wenn sie einen „Full-time librarian“ angestellt hätten beziehungsweise einen „Certified school librarian“ und weiteren „Support staff“. Insbesondere einen „certified school librarian“ gibt es in Deutschland gar nicht. Ein Blick in die Tabelle ihrer Veröffentlichung (pp. 6-8) zeigt, dass von einer ganz anderen Form von Schulbibliotheken ausgegangen wird. Nicht nur von einer besser finanzieren, sondern tatsächlich einer anderen Form.

Rosa-rote Brille

Erstaunlich bleibt allerdings auch bei dieser Veröffentlichung, dass all diese Studien eines nicht nachweisen: negative Effekte. Das ist mehr als unglaubwürdig. Schlimmer noch, es finden sich kaum Studien, die auch nur ansatzweise darauf eingehen, dass School Libraries – oder was auch immer gerade das Thema der Impact Study ist – für bestimmte untersuchte Merkmale gar keinen oder nur einen sehr schwierig feststellbaren Einfluss haben. Dieses kontinuierliche Positiv-Zeichnen aber ist es, was die Studien als das auszeichnet, was sie sind: als interessengeleitete Interpretation und Auswahl von Daten innerhalb einer (bildungs-)politischen Diskussion. Wie gesagt: dass machen im Rahmen der US-amerikanischen Bildungspolitik nicht nur School Libraries, sondern quasi „alle“. Insoweit ist es nicht anrüchig. Aber man sollte deshalb auch nicht erwarten, in diesen Studien allzu viel über die tatsächliche Arbeit von School Libraries oder gar deren Einfluss auf den jeweiligen Schulalltag zu erwarten.

 

Kachel, Debra E. and the Graduate Students of LSC 5530 School Library Advocacy, Spring 2011 (2011). School Library Research Summarized: A Graduate Class Project. – Mansfield, PA: School Library & Information Technologies Department, Mansfield University ( http://libweb.mansfield.edu/upload/kachel/ImpactStudy.pdf).

Evident oder nicht evident? School Library Impact Studies

In der Literatur über Schulbibliotheken, insbesondere in Texten, die einen explizit werbenden Charakter haben, wird gerne einmal darauf verwiesen, dass es durch Studien aus den USA „längst nachgewiesen“ wäre, dass Schulbibliotheken einen positiven Einfluss auf die Schulergebnisse haben würden. Dies müsse, so die implizite Argumentation, einfach mal verstanden werden. Ein wenig scheint in solchen Argumentationen – so erscheint es mir zumindest, aber vielleicht bin ich ja der Einzige – eine gewisse Wissenschaftsgläubigkeit durch, die irgendwie nicht mehr ins 21. Jahrhundert, in die Zeit nach feministischer und postmoderner Wissenschaftskritik, passt: die Idee, dass es immer genau eine Wahrheit gäbe, die dann von einer Studie nachgewiesen wird – und dann wäre die Sache gegessen. (Okay, dass war jetzt polemisch. Aber dafür ist das hier ja auch ein Blog.)

Some kind of test-based educational governance
Interessant ist allerdings die Frage: Was hat es eigentlich mit diesen Studien auf sich? Warum gibt es sie nicht auch in Deutschland?
Es gibt sie nicht in Deutschland, um das vorneweg zu sagen, weil wir eine andere Kultur der Bildungssteuerung haben. Es gibt sie aber – bevor wieder jemand behauptet, der Rest der Welt wäre fortschrittlich und nur Deutschland rückständig [1] – auch in vielen anderen Staaten nicht. Auch in Staaten mit einem stark ausgebauten Schulbibliothekssystem nicht. Diese School Library Impact Studien basieren auf einer Bildungssteuerung durch Schulleistungsvergleichsstudien, Standardisierung und einer gewissen Begeisterung (in der Bildungspolitik und zum Teil der Bildungsverwaltung, nicht unbedingt in der Bildungspraxis, als zum Beispiel den Lehrerinnen und Lehrern) für möglichst viele miteinander vergleichbare Zahlen. „Test-based education reforms“ nennt Daniel Koretz die Veränderungen der Bildungssteuerung, die vor allem – aber nicht nur – in den USA in den letzten 30 Jahren umgesetzt wurden. [2]
Im Rahmen dieser Bildungssysteme herrscht die Überzeugung vor, dass es möglich wäre, die Qualität von Schulen mittels standardisierter Tests der Lernerfolge von Schülerinnen und Schülern und ebenso standardisierter Messungen vom Umgebungsvariablen – und das kann, wie sich im Laufe der Zeit zeigte, alles mögliche sein: Klassengröße, Stundenzahl, soziale Zusammensetzung der Lehrenden und Lernenden in den Schulen, die Größe der Gebäude, die Anzahl und Form der Unterstützungsleistungen für Lernende, die Länge der außerunterrichtlichen Aktivitäten, die Anzahl und Nutzungsdauer von elektronischen oder nicht-elektronischen Medien und so weiter – zu bestimmen und zu steuern. Solange es irgend möglich ist, es in Zahlen zu erfassen (was zum Teil auch geht, indem man eine ausreichend große Zahl von Schülerinnen und Schüler zu einer Frage eine Note vergeben lässt – das sind am Ende auch Zahlen), gab es in den letzten Jahrzehnten zumindest schon Überlegungen, ob und wie es in die Messung einbezogen werden könnte.
Die Idee dahinter ist relativ einfach, aber deswegen nicht unbedingt falsch: hat man nur genug Daten, kann man auch die Bedingungen für Qualität bestimmen, kann man Zusammenhänge zwischen den Werten herstellen und – das ist der wichtige Grund, warum solche Datensammlungen beständig finanziert werden – Ansatzpunkte finden, um diese Qualität in allen Schulen herzustellen. Mit genügend Daten – das ist beispielsweise, wie Koretz betont, Ansatzpunkt des No Child Left Behind-Act von 2001 – können auch Aussagen über die tatsächlichen strukturellen Probleme bei der Förderung von zahlenmäßig kleineren und größeren benachteiligten Gruppen getroffen werden. Und nicht nur Aussagen: es geht bei diesen Studien auch immer darum, herauszufinden, wo man mittels Beratung, Anweisung oder Förderung durch die Bildungspolitik die Bildungspraxis verbessern kann.
So absurd die Formen dieser Datensammeltätigkeiten auch sein mögen, sollte man nicht vergessen, dass es im Hintergrund immer darum geht, die Bildungsqualität zu verbessern. Die Bildungspolitik in den USA und anderen Staaten ist zur Zeit davon überzeugt, mit solchen Zahlen besser arbeiten und Bildung steuern zu können, als dies in anderen Systemen der Fall ist.
Sicherlich: es funktioniert nicht, zumindest nicht in dem Maße, wie es sich erhofft wird. Statistik ist immer nur ein Hilfsmittel, wichtig ist die Interpretation und die Umsetzung vor Ort. Zudem hat der übermäßige Einsatz von Statistik den Effekt, dass nicht statistisch zu erfassende Variablen und Zusammenhänge immer weniger wahrgenommen werden, obgleich sie für die Praxis relevant sein können. [3] Es steigen die Anreize, mehr oder minder zu betrügen, um die geforderten statistischen Werte zu erreichen. Und nicht zuletzt hat die ständige statistische Messung von Bildungspraxis auch den Effekt, dass sich die Praxis mehr und mehr auf die gemessenen Faktoren konzentriert – was nicht immer gewollt sein muss. Aber trotzdem: erstens funktionieren auch andere Systeme der Bildungssteuerung und -berichterstattung nicht viel besser und zweitens sollte nicht vergessen werden, dass das grundlegende Ziel dieser Messungen ein ehrenwertes ist: die Qualität von Bildung ganz allgemein und eigentlich auch für alle Schülerinnen und Schüler zu verbessern.

School Library Impact Studies
Was aber haben die Studien, in denen nachgewiesen wird beziehungsweise werden soll, welche Effekte Schulbibliotheken haben, mit all dem zu tun? Das ist nicht schwer zu sehen: Sie sind die logische Fortsetzung dieser Form der Bildungssteuerung im Rahmen von Schulbibliotheken.
An der Mansfield University (Pennsylvania) hat letztens eine Abschlussklasse der School Library and Information Technologies (einer Ausbildungsrichung für Schulbibliothekarinnen und -bibliothekare, allerdings an einer fast schon dörflichen Universität, fernab der großen Forschung) alle diese Studien, welche in den USA und Kanada vorgenommen wurden – bis auf eine – zusammengefasst und deren positiven Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst [School Library Research Summarized. A Graduate Class Project (2011): ttp://libweb.mansfield.edu/upload/kachel/ImpactStudy.pdf].
Diese Idee ist nicht neu. Mit „School Libraries Work!“ gibt die U.S. National Commission on Libraries and Information Science seit 2004 eine solche Zusammenfassung heraus, die aktuell in der dritten Edition vorliegt. Auf der Unterseite zu School Library Impact Studies der Dokumentensammlung Library Research Service finden sich ebenso die meisten dieser Studien verlinkt. Die Besonderheit des Projektes der Mansfield University sei – so Debra E. Kachel, welche den Kurs leitete – die geordnete Darstellung der positiven Aspekte. (Gleichzeitig ist das selbstverständlich ein sinnvolles Projekt in der universitären Ausbildung. Die Studierenden mussten sich mit den Studien auseinandersetzen und ihre Hauptaussagen systematisieren. Das ist unbenommen.)
Die Übersicht soll, so Debra E. Kachel weiter, dabei helfen, quasi immer die richtigen Argumente für School Libraries aus diesen Studien anführen zu können. Ganz offensichtlich nämlich überzeugen diese Studien gar nicht so sehr, wie man hierzulande manchmal vermuten würde. Trotzdem eigentlich alle zu positiven Ergebnissen gelangen und, so behauptet Kachel weiter, auch immer wieder nachweisen würden, dass sich Effekte von School Libraries nachweisen ließen, die nicht mit anderen Einflüssen zu erklären seien, wirkt sich das nicht unbedingt positiv auf die Stellung der School Libraries oder den Etat aus. Vielmehr müssen die Einrichtungen weiter beständig für eine Finanzierung, teilweise auch für den Erhalt, aber auch für eine bessere Einbindung in den Schulalltag kämpfen. Nur, weil die Studien als wissenschaftlich auftreten und Evidenzen nachweisen, wirken sie offenbar nicht überzeugend.

Warum überzeugt das nicht?
Warum ist das so? Das ist keine unwichtige Frage und es erstaunt ein bisschen, dass diese weder von Kachel, noch von den Autorinnen und Autoren von School Libraries Work! oder den einzelnen Studien gestellt wird. Die Antwort ist vielschichtig. Aber da ist zum einen die Qualität der Studien: So hoch ist diese leider nicht. Bislang zumindest werden fast durchgängig einfache Wirkmodelle geprüft, also ungefähr: Hat eine Schule mit so-und-so-großer Schulbibliothek in diesem-oder-jenem-Test durchschnittlich höhere Punktzahlen? Kann man einen anderen Zusammenhang zu diesen Punktzahlen herstellen (soziale Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler zum Beispiel) [oder können wir das alles auf die Schulbibliothek beziehen]? Über diese Ebene der Fragestellung gehen die meisten Studien nicht hinaus.
Ein Problem dabei ist, dass die Antwort dann selber nicht überzeugend ist. [4] Stellt man beispielsweise fest, dass es einen statistischen Zusammenhang zwischen Größe der Schulbibliothek und Testergebnis gibt, ist man noch nicht wirklich weiter mit der Frage, wie dieser Zusammenhang eigentlich zustande kommt. Aber das ist es, was Lehrerinnen und Lehrer eigentlich interessiert: Wie nutze ich die Schulbibliothek im Unterricht, damit meine Schülerinnen und Schüler bessere Testergebnisse einfahren? (Wenn man das einfahren von guten Testergebnissen als Ziel hat, was man als Lehrerin / Lehrer eigentlich nicht haben sollte, schließlich geht es darum, Kindern und Jugendlichen das Lernen zu ermöglichen, nicht darum, gute Tests zu schreiben.) Das ist in der schulischen Praxis wichtig.
Gleichzeitig kann man das Spiel selbstverständlich mit allen möglichen Zusammenhängen spielen: Hängt die Qualität der Mensaspeisung positiv mit Testergebnissen zusammen? (Ja, tut sie.) Hängt die durchschnittliche Fahrtzeit zwischen Schule und Wohnort der Schülerinnen und Schüler mit den Testergebnissen zusammen? (Ja, je weniger und kürzer Schülerinnen und Schüler fahren müssen und je mehr sie ihrer Freizeit auch mit MitschülerInnen verbringen können, umso höher sind durchschnittlich – aber nicht immer – ihre Testergebnisse.) Hat die Anzahl der Schulstunden, die sich mit Umweltthemen beschäftigen oder mit künstlerisch-ästhetischer Erziehung einen positiven Einfluss auf Testergebnisse? (Das kommt drauf an. Da gibt es keine einfache Antwort.) Hat die Größe der Klassen einen Einfluss auf die Testergebnisse der Schülerinnen und Schüler? (Auf jeden Fall.) Und so weiter. Auch die andere Seite der Frage ist nicht so richtig geklärt: Welcher Test eigentlich? In US-amerikanischen Schulen gibt es unzählige Test. Einige vorgeschrieben, andere freiwillig. Einige auf die Lernerfolge abzielend, andere auf die Berufsfähigkeit. Einige für alle Schülerinnen und Schüler, einige nur für ausgewählte Teile. Und jeder einzelne dieser Tests ist zudem umstritten.
All diese Fragen werden in den Studien gestellt. Das Spiel kann nicht nur hypothetisch gespielt werden, es wird auch gespielt. Nicht nur im Bereich School Libraries, sondern auch in allen anderen möglichen Bereichen. Interessant dabei ist, dass fast alle Studien positive Effekte nachweisen. [5] Ob nun für Mensen, Freizeitbereiche oder School Libraries. Und fast alle dieser Studien haben das Problem, dass sie nicht den direkten Effekt erklären können, sondern statistische Zusammenhänge herstellen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
In der Masse der Studien, die solche Zusammenhänge nachweisen wollen, gehen diejenigen zu School Libraries unter, zumal sie, wie gesagt, auch nicht so viel erklären. Das, was in der Schulpraxis interessiert, also die Frage, wie eigentlich die School Libraries genau das Lernen von Schülerinnen und Schülern beeinflussen, ist etwas, was mit diesen „Evidence Studies“ nicht beantwortet werden kann.

Das funktioniert in Deutschland überhaupt nicht.
Die Übersicht von Kachel und ihren Studierenden zeigt noch einmal, warum man diese Studien überhaupt nicht für die Argumentation in Deutschland heranziehen sollte: Diese Studien reden einfach von etwas ganz anderem, als den hiesigen Schulbibliotheken. Zum einem kann man mit der Bemessungsgrundlage der meisten Studien gar nichts anfangen: PSSA (Pennsylvania System of School Assessment) reading score, STAR test score im CST (California Standards Test), National Assessment of Educational Progress (NAEP) usw. Das sind alles standardisierte Tests, die mit dem, was in deutschen Schulen vermittelt wird, nichts zu tun haben.
Zum anderen heben diese School Library Impact Studies aber auch regelmäßig auf Werte ab, die in deutschen Schulbibliothek fast nirgends erreicht werden. Würde man diese Studien ernst nehmen, müsste man davon ausgehen, dass die deutschen Schulbibliotheken praktischen keinen Effekt haben dürften, dass sie praktisch nur vor sich dahin darben würden, was bekanntlich nicht stimmt. Kachel et al. fassen beispielsweise zusammen, dass viele Studien davon ausgehen, dass Schulbibliotheken erst einen positiven Effekt auf die Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler hätten, wenn sie einen „Full-time librarian“ angestellt hätten beziehungsweise einen „Certified school librarian“ und weiteren „Support staff“. Insbesondere einen „certified school librarian“ gibt es in Deutschland gar nicht. Ein Blick in die Tabelle ihrer Veröffentlichung (pp. 6-8) zeigt, dass von einer ganz anderen Form von Schulbibliotheken ausgegangen wird. Nicht nur von einer besser finanzieren, sondern tatsächlich einer anderen Form.

Rosa-rote Brille
Erstaunlich bleibt allerdings auch bei dieser Veröffentlichung, dass all diese Studien eines nicht nachweisen: negative Effekte. Das ist mehr als unglaubwürdig. Schlimmer noch, es finden sich kaum Studien, die auch nur ansatzweise darauf eingehen, dass School Libraries – oder was auch immer gerade das Thema der Impact Study ist – für bestimmte untersuchte Merkmale gar keinen oder nur einen sehr schwierig feststellbaren Einfluss haben. Dieses kontinuierliche Positiv-Zeichnen aber ist es, was die Studien als das auszeichnet, was sie sind: als interessengeleitete Interpretation und Auswahl von Daten innerhalb einer (bildungs-)politischen Diskussion. Wie gesagt: dass machen im Rahmen der US-amerikanischen Bildungspolitik nicht nur School Libraries, sondern quasi „alle“. Insoweit ist es nicht anrüchig. Aber man sollte deshalb auch nicht erwarten, in diesen Studien allzu viel über die tatsächliche Arbeit von School Libraries oder gar deren Einfluss auf den jeweiligen Schulalltag zu erwarten.

Kachel, Debra E. and the Graduate Students of LSC 5530 School Library Advocacy, Spring 2011 (2011). School Library Research Summarized: A Graduate Class Project. – Mansfield, PA: School Library & Information Technologies Department, Mansfield University ( http://libweb.mansfield.edu/upload/kachel/ImpactStudy.pdf).

Fußnoten
[1] Kein Bildungssystem, nirgendwo, ist perfekt und das deutsche hat große Fehler – unbestritten. Aber rückständig sind so viele Bildungssysteme und kaputt auch. Und gerade das US-amerikanische Bildungssystem produziert noch weit mehr AbbrecherInnen, Menschen, die mit ihrer Bildung nach der Schule trotzdem arbeitslos werden oder in Trailer Parks wohnen et cetera, als das man sich gerade auf dieses als positives Beispiel beziehen müsste (was man beim Thema Schulbibliotheken aber oft macht). Es gibt unbestritten einiges positives am US-amerikanischen Bildungswesen, insbesondere die affirmative action und die Förderung von Studierenden aus schwächeren sozialen Schichten in den Hochschulen des Landes. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
[2] Der Text von Koretz im aktuellen Sonderheft der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft thematisiert zudem auch die Ergebnisse dieser Reformen. Dieser Text (Koretz, Daniel (2011) / Lessons from test-based education reform in the U.S. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Sonderheft 13, 14 (2011), 9-23) ist, gerade für Leute, die gerne mal behaupten, in Deutschland müssten vor allem „internationale Erfahrungen“ im Bildungssystem umgesetzt und „internationale Experten“ für den Umbau des Bildungswesens herangezogen werden, eine wärmstens empfohlene Lektüre. Ebenso das Buch vom Koretz (Koretz, Daniel / Measuring Up: What Educational Testing Really Tells Us. Cambridge: Harvard University Press, 2008) zum gleichen Thema.
[3] Was selbstverständlich nicht heißt, dass sich nicht immer wieder darüber Gedanken gemacht wird, wie man auch solche Effekte statistisch bestimmt werden können. Die Ernsthaftigkeit dieser Bemühungen soll gar nicht in Frage gestellt werden. Aber für Deutschland ist beispielsweise die Frage, wie die ästhetisch-musikalische Schulbildung, die lange als Besonderheit des deutschen Schulsystems herausgestellt wurde, eigentlich in Kompetenzen ausgedrückt und deren Effekte gemessen werden können, noch lange nicht beantwortet.
[4] Zumal bekannt ist, dass die Wirkung von Interventionen im Schulalltag immer komplexer ist, also man es sich in solchen einfachen Modellen vorstellt. Allerdings sind komplexere Wirkmodelle auch nur komplexer zu testen. Und ab einer bestimmten Komplexität auch gar nicht.
[5] Oder, um es polemisch zu sagen: Evidenz kann man für alles finden, wenn man nur will. Und auch Evidenz dagegen.