Meine Arbeitsstelle hat eine Veranstaltung zum Thema Privatschulen organisiert. In der Vorbereitung darauf habe ich die – jetzt nicht so reichhaltige – Forschungsliteratur zum Thema durchgearbeitet und würde gerne ein paar Anmerkungen machen, die eventuell für die bibliothekarische Arbeit relevant sein könnten.
[Die Veranstaltung „Privatschulen – Ersatz, Gefahr oder Ergänzung?“ des Interdisziplinären Zentrum für Bildungsforschung mit Dr. Thomas Koinzer, Dr. Barb Neumann, Prof. Manfred Weiß und Prof. Sigrid Blömeke ist übrigens explizit für die Öffentlichkeit gedacht. Das auch als Einladung. Datum: 04.11.2010, 18.30 Uhr. Adresse: Humboldt Universität zu Berlin, Dorotheenstraße 24, Hörsaal 1’101.]
Vorneweg: so viel wissen wir zu Privatschulen in Deutschland (noch) nicht. Offenbar nimmt ihre Zahl zu, aber im Gegensatz zum staatlichen Schulsystem reden wir (noch) von relativ wenigen Einrichtungen und zumeist von relativ kleinen. Zudem repräsentieren die Privatschulen, die immer wieder einmal in der öffentlichen Berichterstattung auftauchen (Schloss Salem, die International Schools, die Schulen der Phorms Gruppe), nicht wirklich die Gesamtheit dieser Einrichtungen in Deutschland. Eine ganze Reihe der Schulen, die als Privatschulen gelten, wollen gar nicht so genannt werden. Oft wird eine Bezeichnung wie „Schulen in freier Trägerschaft“ bevorzugt. Amtlich heißen sie eh zumeist Ersatzschulen.
Einige Fakten
Die Privatschulen in Deutschland lassen sich fast alle folgenden Gruppen zuordnen:
- Konfessionelle Schulen. Dabei reden wir vor allem von katholischen und evangelischen Schulen, obgleich auch einige wenige Schulen von christlichen Freikirchen zugelassen sind (einige weitere werden offenbar illegal betrieben) und auch jüdische und muslimische Privatschulen existieren. Der Großteil der Privatschulen aber sind katholische und evangelische Schulen. Außer beim gemeinsamen christlichen Leitbild unterscheiden sich diese stark untereinander. Von sehr traditionell orientierten Internaten bis hin zu alternativen Reformschulen in sozialen Brennpunktgebieten finden sich unter dieser Bezeichnung sehr unterschiedliche Schulen. Grundsätzlich müssen diese Schulen aber immer auch für Schülerinnen und Schüler anderer Denominationen, Religionen und Atheistinnen / Atheisten offen sein.
- Reformpädagogische Schulen. Die reformpädagogischen Schulen können zumeist auf eine längere Tradition zurückblicken. Von all den möglichen reformpädagogischen Ansätzen, die vor allem Anfang des 20. Jahrhunderts entworfen wurden, haben sich vor allem die Schullandheime – die grundsätzlich als pädagogische Schonräume gedacht sind [1] – und die Waldorfschulen etabliert, es finden sich aber auch Privatschulen, die sich z.B. am Jenaplan oder der Montessori-Pädagogik orientieren. Allen diesen Schulen geht es zumindest im Grundsatz darum, ein pädagogisches Reformprogramm umzusetzen, welches zumeist die Lernenden in den Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit stellt. [2]
- Freie und demokratische Schulen. Eine große Zahl der Privatschulen lässt sich als Freie Schulen, Demokratische Schulen oder mit ähnlichen Schlagworten benennen. Zwar gibt es seit den 1970er Jahren erste Schule, die sich als solche Einrichtungen verstehen, aber in den letzten Jahren gab es – zusammen mit den weiter unten als „tatsächliche Ersatzschulen“ aufgeführten Einrichtungen – bei diesen offenbar ein massives Wachstum. Diese Schulen werden vor allem von Eltern und Engagierten gegründet, die dem staatlichen Schulsystem vorwerfen, nicht demokratisch genug zu sein, Kinder und Jugendliche nicht ausreichend – was oft heißt, nicht ausreichend individuell – beim Lernen zu unterstützen und die oft die Schulen als zu groß ansehen. Kinder und Jugendliche sollten, so die Überlegung, lieber in kleinen Schulverbänden lernen. Eine Vielzahl der Engagierten sieht ihre Schulen auch als Anstoß für das staatliche Schulsystem, sich zu verändern. Sie wollen in ihren Schulen Grundlagen für ein demokratisches Lernen schaffen und auch pädagogische Lösungen erproben, die ihrer Meinung nach in staatlichen Schulen nicht möglich wären, zumindest nicht so schnell. Als Privatschulen organisieren sich diese Einrichtungen, da es in Deutschland nur die Alternative: staatliche Schule oder Privatschule gibt. [3]
- For-Profit und Internationale Schulen. Eine sehr kleine Anzahl von Privatschulen in Deutschland zielt darauf, Bildung und ökonomischen Gewinn zu vereinen. Diese Schulen, teilweise als Filialen von Schulketten organisiert, orientieren sich stark an Vorstellungen der wirtschaftlichen Exzellenz und wollen Kinder und Jugendliche oft für eine internationale und wirtschaftlich erfolgreiche Karriere ausbilden. Auch diese Schulen haben spezielle Vorstellungen davon, was guter Unterricht und eine gute Schule sei. Ebenfalls können sie jeweils aufzeigen, was sie im staatlichen Schulsystem als nicht gelungen ansehen. Obgleich sie hohe Schulgebühren nehmen und oft auch durch ihre Finanzierungsform – die Phorms-Schulen beispielsweise über eine AG – darauf angewiesen sind, Geld zu verdienen, stellen sie dennoch nicht das Wohl der Kinder und Jugendlichen hinten an. Vielmehr sehen sie Gewinn als das Ergebnis guter Bildung an, für die ökonomisch erfolgreiche Eltern gewillt wären, auch viel zu zahlen. Fast alle diese Schulen unterrichten multilingual.
- Tatsächliche Ersatzschulen. Eine weitere Form von Privatschulen ist in den letzten Jahren massiv gewachsen. In vielen Bundesländern tendieren die staatlichen Behörden dazu, kleinere Schulen mit sinkenden Schülerinnen- und Schülerzahlen zusammenzulegen und Standorte zu schließen. Dafür wird der Schulbusverkehr ausgebaut. Neben finanziellen Überlegungen gibt es auch die Argumentation, dass nur in ausreichend großen Schulen ein guter Unterricht stattfinden könnte. Gerade im ländlichen Raum widersprechen dem allerdings immer mehr Eltern und Engagierte. Sie gründen Initiativen, die auch kleinere Schulen mit wenigen Schülerinnen und Schülern vor Ort halten sollen. Oft übernehmen diese Initiativen offenbar sogar die Schulgebäude der geschlossenen Schulstandorte und organisieren dort den Schulbetrieb. Diese Schulen zeichnen sich dann durch eine geringe Zahl von Schülerinnen und Schülern aus, aber auch dadurch, dass sie – im Gegensatz zu freien Schulen oder reformpädagogisch orientierten – keine spezifisch von staatlichen Schulen abweichenden pädagogischen Konzepte vertreten. Selbstverständlich entwickeln sie sich weiter und insbesondere der Klassenstufen übergreifende Unterricht wird in ihnen aufgrund struktureller Zwänge oft durchgeführt werden. [4]
An dieser Einteilung kann man schon sehen, dass man nicht einfach von „Privatschulen“ sprechen kann, sondern nach den Grundsätzen der einzelnen Schulen fragen muss.
Ein weiterer Fakt: alle Privatschulen erheben Schulgebühren und alle Privatschulen betonen, dass sie ihr Bestes versuchen, um soziale Ungleichheiten auszugleichen und auch Kindern und Jugendlichen aus sozial Schwachen Familien den Zugang zu ermöglichen. Der Besuch einer Privatschule soll nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Man kann das als Versuch der Privatschulen, sich besser darzustellen, abwerten. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht.
Ersteinmal zur Finanzierung: fast alle Privatschulen in Deutschland sind von staatlicher Förderung abhängig. Die Idee, dass sie sich selber finanzieren würde, stimmt einfach nicht. [5] Wie hoch diese Förderung ausfällt, ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Ebenso entscheiden die Kommunen in Deutschland eigenständig über ihre Zuschüsse. Zudem müssen in den meisten Ländern Privatschulen erst eine mehrere Jahre lange Phase der reinen Eigenfinanzierung absolvieren, bevor sie in den Genuss staatlicher Zuwendungen gelangen. Allerdings deckt diese Förderung nirgendwo die gesamten Kosten. Jede Privatschule ist darauf angewiesen, anderweitig Geld zu organisieren. Dies ist der Hauptgrund, warum in jeder Privatschule Schulgebühren erhoben werden, obgleich nur wenige Schulen Profit machen wollen. Wir hoch diese Gebühren sind, ist nicht nur vom Konzept der Schule, sondern auch von anderen Finanzierungsquelle sowie der Höhe der staatlichen Förderung abhängig. Dabei haben konfessionelle Schulen oder Schulen, hinter denen vermögende Stiftungen stehen, einen entscheidenden Vorteil.
Zur Frage des sozialen Ausgleichs: Quasi jede Privatschule versucht, eine Förderung für Kinder aus sozial Schwachen Familien zu organisieren. Ob dies immer gelingt, ist eine ganz andere Frage. In den meisten Schulen werden aus den Schulgebühren Ermäßigungen oder Stipendien bereitgestellt, andere Schulgebühren basieren auf dem Prinzip der Selbsteinschätzung der Eltern, wieder andere Schulen planen einen festen Satz an Stipendien ein. Auch hier haben einige Schulen mehr Spielraum als andere, zumal die Übernahme von Stipendien für Stiftungen oder Einrichtungen wie Kirchen ein gut planbare Förderungsmöglichkeit darstellt.
Sind Privatschulen besser?
Eine interessante Frage ist, ob Privatschulen nun tatsächlich anders oder besser sind, als staatliche Schulen. Und die Antwort darauf ist wieder einmal nicht so einfach. Es gibt z.B. gar nicht so viele Untersuchungen dazu, ob Schülerinnen und Schüler auf Privatschulen mehr oder besser lernen, als an staatlichen Schulen. Es scheint eher so, dass es für das vermittelte Wissen keinen großen Unterschied macht, ob es auf einer privaten oder einer staatlichen Schule vermittelt wird: wenn man den sozialen Faktor heraus rechnet. Offenbar lassen sich die vorhandenen Leistungsunterschiede eher durch die direkten und indirekten Auswahlprozesse in Privatschulen erklären – die sich ihre Schülerinnen und Schüler selber auswählen dürfen und trotz allen Stipendien eher von Kindern ökonomisch erfolgreicher Familien besucht werden – als durch einen besseren Unterricht oder andere Werte.
Man sollte allerdings nicht vergessen, dass viele Eltern ihre Kinder nicht unbedingt wegen besseren Noten auf eine Privatschule schicken. Oft geht es den Eltern ja darum, dass ihre Kinder in kleineren Schulverbänden lernen, dass sie unter einem speziellen pädagogischen Konzept lernen – was ja immer auch ein bestimmtes Menschenbild impliziert –, dass sie christliche / jüdische / muslimische Werte vermittelt bekommen oder demokratischer erzogen werden und mitbestimmen können. Wenn für diese Kinder und Jugendlichen festgestellt werden kann, dass sie an Privatschulen unter anderen Lernbedingungen ungefähr die gleichen Noten erhalten, muss das nicht unbedingt schlecht sein. Zumal sie ja mit hoher Wahrscheinlichkeit andere Kompetenzen vermittelt bekommen haben, die sich nicht in Noten ausdrücken lassen.
Man kann sich allerdings fragen: Ist das so viel Aufwand und Geld wert, wie von den Eltern (und anderen) in Privatschulen investiert wird? Für einige Eltern offenbar ja. Gleichzeitig muss man bemerken, dass es eine ganze Reihe insbesondere von wohlhabenden Eltern gibt, die einer „Bildungsangst“ verfallen sind, also hier der Angst, dass ihre Kinder zu wenig oder die falsche Bildung erhalten. Ob diese mit der Qualität der Privatschulen in Deutschland zufrieden sein können, ist dann eine andere Frage. Gerade bei diesen Eltern stellt sich aber auch die Frage, ob es nicht sie sind, die an den Grundfesten der Gesellschaft, die ja auch auf einer allgemein vermittelten Bildung basiert, und dem historischen Fortschritt, den die allgemeine Schulpflicht darstellt, rütteln.
Und dann darf man immer eines nicht vergessen: die Vorwürfe, die an staatliche Schulen gemacht werden und wegen denen sich Eltern an Privatschulen wenden, sind nicht immer gerechtfertigt. Einige dieser Vorwürfe – z.B. dass staatliche Schulen zu groß wären – sind auch eher Meinungen. Ob ein Schulverband besser klein oder groß sein sollte, welche Werte und Kompetenzen in kleinen und großen Schulverbänden vermittelt werden (können) – das ist nicht so klar, wie es in der Diskussion manchmal dargestellt wird. Ebenso ist eher Skepsis angebracht, ob ein möglichst großer Einfluss der Eltern auf den Schulalltag wirklich immer die beste pädagogische Lösung darstellt. Gleichzeitig reformieren sich staatliche Schulen auch, permanent und in den letzten Jahren besonders. Es gibt staatliche Schulen, bei denen man sich fragen kann, ob die freien Schulen nicht ihr Ziel, die Reform im staatlichen Schulwesen anzustoßen, schon lange erreicht haben. Aber es gibt immer auch staatliche und private Schulen, die – bei allem Engagement – schlecht sind.
Schulbibliotheken
Zu den möglichen bibliothekarischen Fragen (erst zu Schulbibliotheken, dann zu Öffentlichen Bibliotheken): Welche Bedeutung hat die Entwicklung von Privatschulen für Schulbibliotheken? Gibt es in diesen Schulen mehr oder weniger Schulbibliotheken? Und welche?
Das ist ehrlich gesagt wieder nicht ganz klar. Auffällig ist, dass in den Privatschulen, die immer wieder in der Presse – dass sind dann zumeist die Profit-orientierten – als auch in den Veröffentlichungen der Privatschulen selber angeführt werden, durchgängig von Schulbibliotheken berichtet wird. Schülerinnen und Schüler gehen in diesen Berichten in die Bibliothek oder lernen schon in der Bibliothek, wenn die Presse vorbeikommt. Manchmal sind sie auch in Lernwerkstätten, „die zugleich Bibliothek sind“, die genutzt werden. Ganz offensichtlich haben Privatschulen eigene Bibliotheken. Aber man darf nicht vergessen: die dargestellten Schulen sind immer wieder die Leuchttürme der Privatschulen, die Einrichtungen, die es geschafft haben und zumeist schon seit Jahren oder Jahrzehnten existieren. Oder aber die, die mit viel Geld gleich einmal alles neu machen wollen. Kann man das Verallgemeinern? Eher nicht.
Schaut man einmal in den anderen Privatschulen nach, merkt man schnell, dass Schulbibliotheken – wie auch in staatlichen Schulen – vorhanden sein können, dass sie aber kein Muss sind. Dabei darf man nicht vergessen, dass wir größtenteils von sehr kleinen Schulen sprechen – eingleisige Schulen sind der Regelfall –, die zudem oft unter Geld- und Raummangel leiden. Eventuell wird sich das für eine Anzahl dieser Schulen mit der Zeit ändern. Zudem muss man bedenken, dass gerade bei den reformpädagogischen Schulen Bibliotheken nicht unbedingt als Lernraum vorgesehen sind, während andere Räume – die Eurythmie-Räume in Waldorfschulen, die Treffpunkt für regelmäßige Treffen aller Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte in freien Schulen etc. – zum Standard gehören.
Nicht wirklich überraschend ist, dass konfessionelle Internate, die eine Tradition vorzuweisen haben und die teilweise direkt aus Klöstern herstammen sowie oft relativ großzügige Räumlichkeiten besitzen, fast immer über Schulbibliotheken zu verfügen scheinen. Allerdings werden viele dieser Schulbibliotheken offenbar sehr traditionell genutzt und nicht, wie es so gerne postuliert wird, als aktivierende Räume für das selbst bestimmte Lernen.
So richtig viele Aussagen lassen sich über Schulbibliotheken in Privatschulen in Deutschland nicht treffen. Sie scheinen kein Muss zu sein, aber trotzdem von einer Anzahl von – vor allem größeren – Privatschulen betrieben zu werden. Wenn, dann scheinen sie sich in das pädagogische Konzept der Schulen einzufügen, also eher freie und offene Lernwerkstätten in freien Schulen und eher traditionelle Lese- und Arbeitsbibliotheken in konfessionellen Internaten. Aber all das sind eher Vermutungen auf der Grundlage allgemeiner Beobachtungen.
Öffentliche Bibliotheken
Ergibt sich für die Arbeit Öffentlicher Bibliotheken überhaupt etwas aus der Entwicklung des Privatschulwesens? Auch das ist nicht so einfach zu sagen, aber man kann zumindest einige Hinweise ableiten.
Festzuhalten ist, dass das Schulwesen sich in Bewegung befindet. Dies gilt – schon aufgrund der Anzahl – weit mehr für das staatliche Schulwesen als für die Privatschulen, aber auch diese sind Teil der Veränderungen. Nicht nur, dass Schulen geschlossen bzw. zusammengelegt werden und daneben wieder kleine Schulen entstehen. Es ist auch so, dass in den einzelnen Schulen die pädagogischen Konzepte ausdifferenziert werden. Es wird immer mehr auf die Freiarbeit von Schülerinnen und Schülern gesetzt, darauf, dass sie sich selber Wissen erarbeiten. Dies kann, muss aber nicht Einfluss auf die Nutzung von Bibliotheken und deren Bestände haben. Man darf nicht vergessen, dass die Hinwendung zur freien oder Projektarbeit einhergeht mit einer Etablierung immer besser werdender Informationsmittel auf elektronischer Basis.
Gleichzeitig kann man festhalten, dass gerade die kleinen Eltern-Initiativ-Schulen im ländlichen Raum, die mit wenig Personal und wenig Schülerinnen und Schülern den Schulbetrieb aufrecht erhalten wollen, bei denjenigen Themen, in welchen Schulen und Öffentliche Bibliothek ansonsten oft in einem (unausgesprochenen) Konkurrenzverhältnis stehen, für eine Unterstützung offen sein werden.
Überhaupt gilt es wohl eines festzuhalten: Privatschulen werden zwar eher von Kindern aus sozial starken Familien besucht, aber sie sind – bis auf wenige Ausnahmen – gerade keine Schulen von Superreichen und „Schnösseln“, mit denen man vielleicht habituell auch gar nichts zu tun haben will. (Was nicht heißt, dass man nicht zum Beispiel Waldorfschulen immer komisch finden kann.) Die meisten dieser Schulen werden gegründet und betrieben, um etwas besser oder anders zu machen; aber nicht, um sich und seine Kinder gesellschaftlich nach unten abzugrenzen. Und die meisten dieser Schulen sind arm. Dies gilt es zweimal zu beachten: Einmal unterscheidet sich die Unterstützung, die Öffentliche Bibliotheken leisten können, nicht so sehr von der Unterstützung, die sie auch staatlichen Schulen anbieten. Es geht auch hier immer darum, sich auf die Gegebenheiten und Anforderungen der jeweiligen Schulen einzulassen. Zum anderen stellen Privatschulen zumeist nicht die Partnerinnen und Partner dar, auf die man im Rahmen von Drittmittelakquisen hofft. Sie sind zumeist Ersatzschulen mit einem besonderen pädagogischen Asnpruch, nicht mehr und nicht weniger.
Fußnoten
[1] Dieser Anspruch gilt in den Schullandheimen – ebenso wie der christliche in den christlichen Schulen – trotz aller Fälle von sexueller Nötigung, die in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit thematisiert wurden.
[2] Dabei ist der Einfluss dieses Grundsatzes weit über die reformpädagogischen Schulen hinaus zu verzeichnen. Obgleich die reformpädagogischen Schulen sich von staatlichen Schulen abgrenzen, haben sich auch staatliche Schulen Reformprogrammen verschrieben. Zu bemerken ist außerdem zweierlei. Zum einen gab es immer auch pädagogische Ansätze, die im Rahmen der pädagogischen Debatten Anfang des 20. Jahrhunderts als Reformprogramm formuliert wurden, welche nicht die Lernenden sondern z.B. die Gesellschaft oder das Kollektiv in den Mittelpunkt stellten (z.B. bei Anton Makarenko). In Deutschland allerdings haben sich praktisch nur die auf die Lernenden zentrierten Pädagogiken etabliert, die dann unter der Bezeichnung Reformpädagogik zusammengefasst wurden. Zum anderen kann man für alle Reformpädagogiken, die in Deutschland breiter vertreten werden, konstatieren, dass eine grundlegende Aufarbeitung ihrer Grundlagen noch nicht zum Abschluss gekommen ist. Zu jedem dieser Ansätze gibt es die Kritik, dass sie auch auf Gedankengut aufbauen, welches den Anforderungen einer demokratischen, liberalen und säkularen Gesellschaft nicht gerecht werden. Zudem stellt sich immer auch die Frage, ob tatsächlich alle ihre Grundsätze auch heute noch pädagogisch zu rechtfertigen sind. Allerdings finden sich offenbar heute für alle Reformpädagogiken Vertreterinnen und Vertreter, die eine solche Aufarbeitung vorantreiben.
[3] Diskutabel ist selbstverständlich, ob die Vorwürfe an die staatlichen Schulen eigentlich zutreffen und ob z.B. die Vorstellung, dass kleinere Schulverbände besser sind, stimmt. Außerdem bietet auch das staatliche Schulsystem Formen der Mitbestimmung durch Eltern und andere Engagierte an.
[4] Die Parallelen zum Bibliothekswesen, wo eine ganze Anzahl von kleineren Öffentlichen Bibliotheken von Initiativen übernommen werden, wenn sie eigentlich geschlossen werden sollen, sind auffällig.
[5] Dies gilt übrigens auch für fast alle privaten Hochschulen, obgleich diese sogar noch öfter als Privatschulen mit dem Anspruch beginnen, nicht vom Staat finanziert werden zu müssen.